Zur Blauen Nacht wird der Hauptmarkt grün
4.4.2014, 08:04 UhrEndlich wird er einmal grün sein, der Hauptmarkt — wenn auch nur für eine Nacht. Studenten der TU München werden ihn in einen Wald aus Plastikbäumen verwandeln und damit nicht nur gegen die Tütenflut protestieren, sondern auch die Sehnsucht etlicher Nürnberger nach einer grünen Mitte bedienen.
Ihr Projekt ist eine von vielen ungewöhnlichen Aktionen, mit denen Museen und Künstler während der Blauen Nacht aufwarten. So locken im Germanischen Nationalmuseum menschliche Slotmachines, im Rathaus werden sich Windräder drehen, die Vestnertorbastei wird sich in eine Sommerplanetenwiese verwandeln. Eine Jury wählte die Beiträge aus 186 Bewerbungen aus.
Wie das wohl aussehen wird, wenn die Vestnertorbastei vorübergehend zur Wiese wird? Wenn sich dort 3000 chinesische Lampions, versehen mit Glasfaserbüscheln, sanft im Wind wiegen? Eine ist auf das Ergebnis besonders gespannt — nämlich die Künstlerin selbst. Sie habe, sagt Petra Krischke, das ja selbst erst im Kleinformat ausprobieren können. Für die 53-Jährige ist es die erste Blaue Nacht, an der sie als Künstlerin teilnehmen wird. Ihre Projekte haben die Jury auf Anhieb so sehr überzeugt, dass die Heroldsbergerin gleich zweimal vertreten ist: Im Historischen Rathaussaal werden sich ihre Windräder drehen — ein Beitrag zur Debatte rund um die Energiewende.
186 Künstler
Auf jeden Fall sorge Krischke am 3. Mai für ordentlich Wind im Rathaus, sagt Christel Paßmann, Projektleiterin der Blauen Nacht im städtischen Kulturbüro. Sie und ihre Mitstreiter hatten wieder die Qual der Wahl: 186 nationale und internationale Künstler reichten ihre Beiträge für den Kunstwettbewerb ein, der laut Paßmann bundesweit eine Sonderstellung einnimmt. „Die Künstler schätzen vor allem die unmittelbare Reaktion der Besucher.“
Diese wird es vermutlich auch bei einem Beitrag geben, über den auch die Jury eine Weile diskutiert hat: Simone Brühl macht Kunst aus Kaugummis, in der Ehrenhalle des Rathauses können sich die Besucher kauenderweise an ihrem „Globuswerk“ beteiligen. Die Idee dabei sei, mit der eigenen DNA zum Bestandteil eines Kunstwerkes zu werden, sagt Paßmann, und damit quasi das eigene Leben zu verlängern. Die Kaugummis werden verteilt und von der Künstlerin anschließend weiterverarbeitet. Sie habe Handschuhe an, beruhigt Paßmann.
Aus den 13 Wettbewerbsbeiträgen kann das Publikum wieder seinen Favoriten wählen. Vielleicht sind es ja die Slotmachines im Germanischen Nationalmuseum, bei der menschliche Künstler gegen Bares aktiv werden. Für einen Euro erwirbt man eine Minute lang ihre Aufmerksamkeit.
Auch sonst gibt es innerhalb und außerhalb der Museen wieder viel zu entdecken. Die Burg gehört in diesem Jahr Anna Bittersohl, sie inszeniert ihre „Träume des Mr. Who“ als die unermüdliche Suche nach dem richtigen Bild und zeigt eine Collage aus inszenierten Fotografien und Bildern auf den Sandsteinmauern. Die Entstehung ihrer Projektionen ist bereits ab 30. April im Kopfbau des Künstlerhauses zu sehen.
Ob Kulturdreieck Lessingstraße oder Neues Museum, ob Kirchen oder Planetarium – insgesamt 60 Institutionen beteiligen sich am Programm der langen Nacht und stellen die Besucher vor die Frage, wo sie ihre persönlichen Schwerpunkte setzen. Im Schnitt, das ergab eine Befragung des Kulturreferats im vergangenen Jahr, schafft jeder Teilnehmer 8,2 Stationen — eine „sportliche“ Leistung, wie der Leiter des Projektbüros, Andreas Radlmaier, findet.
Mittlerweile habe die Blaue Nacht für viele einen ähnlichen Stellenwert wie der Christkindlesmarkt, so Kulturreferentin Julia Lehner. Das Format habe sich bewährt und mache Kommunalpolitiker aus anderen Städten neugierig. Und der Kartenvorverkauf ist via Internet international: Eine Order kam laut Lehner sogar aus Australien.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich zuvor registrieren.
0/1000 Zeichen