Ölfleck-Anschläge: Polizei sucht Biker-Hasser

6.2.2013, 17:59 Uhr
Ölfleck-Anschläge: Polizei sucht Biker-Hasser

© dpa

Es könnte ein Mann sein, der sich über laute Motorradfahrer in seiner Nachbarschaft ärgert und den Bikern eins auswischen will - mit teuflisch glatten Ölflecken auf unübersichtlichen Straßen. Vor knapp zwei Jahren kam in Markt Rettenbach im Allgäu ein 37 Jahre alter Familienvater durch so eine Schleuderfalle ums Leben. Nun wurde eine Reihe weiterer Fälle bekannt, in drei Gegenden in Baden-Württemberg. Die 16 Polizisten starke Sonderkommission der Kripo Kempten sucht jetzt nach einem Serientäter, der in wenigen Wochen wieder zuschlagen könnte.

Die Zweiradfans sind kurz vor ihrem Saisonstart verunsichert. «Es ist eine Fassungslosigkeit da, die viele Motorradfahrer trifft», sagt der Vorsitzende des Bundesverbands der Motorradfahrer, Michael Lenzen. Obwohl er viele Konflikte zwischen Motorrad-Kritikern und -Fans kennt, sagt er: «Das hat schon eine neue Qualität, die besorgniserregend ist.»

Schema immer gleich

Alle bisher bekannten Fälle haben sich nach demselben Schema abgespielt: Der Unbekannte füllt schmieriges Altöl in grüne Weinflaschen oder klare Sektflaschen, fährt zum Saisonstart im Frühling mit dem Auto eine bei Bikern beliebte kurvige Strecke ab und wirft die Ölflaschen auf die Fahrbahn. Als Motiv vermutet die Polizei Hass auf die Zweiradfahrer - drückt es aber diplomatischer aus. «Sind ihnen Personen bekannt, denen Motorradfahrer lästig sind?», fragen die Ermittler auf der Fahndungsseite im Internet. Der Lärm mancher Motorräder könnte ein Grund sein, aber auch ein Clinch innerhalb eines Motorradclubs wird als Hintergrund nicht ausgeschlossen.

Nachdem im Allgäu der 37-Jährige 2011 mit seinem Motorrad auf einer Öllache ins Schleudern gekommen war, in den entgegenkommenden Wagen einer Autofahrerin krachte und starb, wurden in der Umgebung neun weitere Ölflecken entdeckt. Schon bald war klar: Es handelte sich um einen Anschlag. Wegen der heimtückischen Tat leitete die Staatsanwaltschaft Mord-Ermittlungen ein.

In den vergangenen Tagen wurden immer mehr ähnliche Fälle bekannt. Im Landkreis Sigmaringen hatte der Täter bereits im April 2008 insgesamt 19 Ölfallen gelegt, glücklicherweise kam es zu keinem Unfall. Die Ermittlungen verliefen ergebnislos. In den Jahren 2007 und 2010 war der Täter im Kreis Biberach an der Riß aktiv, es wurden sieben Ölflecken registriert. Doch die Brisanz wurde damals nicht erkannt. In dem einen Jahr wurde noch nicht einmal die Polizei eingeschaltet - die Feuerwehr kümmerte sich allein um das Öl auf der Straße. Die Kripo schließt daher nicht aus, dass es in diesen beiden Fällen weit mehr Schleuderfallen gab, die nicht gefunden wurden.

Zusammenhang klar

Mittlerweile ist der Zusammenhang zwischen den 36 bekannten Ölflaschenwürfen klar. Dennoch bleiben viele Fragen, auch weil die Tatorte bis zu 100 Kilometer Luftlinie auseinanderliegen. Die Polizei sucht nun weitere Fälle und will in Bayern und dem Nachbarbundesland noch einmal gezielt bei Feuerwehren nachfragen, ob es ähnliche Öleinsätze gab. «Denn es fällt auf, wir haben eine Lücke - 2009», erklärt Polizeisprecher Christian Owsinski. Auch 2012 wurde kein Fall bekannt. Hat der Täter vielleicht aufgehört, nachdem ein Biker umkam? «Das sind alles Spekulationen», sagt Owsinski.

Verbandschef Lenzen kann sich daran erinnern, dass es früher einmal einen Fall gab, bei dem in einer Gemeinde absichtlich Split auf die Straße gestreut wurde, damit Motorradfahrer ins Rutschen kamen. Die Dimension der Ölanschläge sei dennoch eine andere: «Das hat es so früher nicht gegeben.» Die Hinterhältigkeit der Öllachen in kleinen Kurven bewertet auch Lenzen als Mordanschläge: «Man hat als Motorradfahrer keine Chance, das frühzeitig zu erkennen.»

Die Ermittlungsgruppe «Ölfleck» hatte bisher keine heiße Spur, obwohl die Ölflaschenwürfe auch in der ZDF-Fahndungssendung «Aktenzeichen XY» Thema waren. Wenigstens hat die Kriminalpolizei den genetischen Fingerabdruck des Täters an den sichergestellten Glasscherben identifiziert. Zudem gab es Hinweise auf ein dunkles Auto. Rund 900 Halter von solchen Fahrzeugen aus zwei Landkreisen wurden um Speichelproben gebeten, davon wurden 800 Proben bislang ohne Erfolg ausgewertet. Die Ermittler hoffen nun auf einen Treffer bei den verbleibenden 100 DNA-Proben.

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