Polizeigewerkschaft kritisiert "ineffektive" Grenzkontrollen

20.8.2017, 06:00 Uhr
Polizeigewerkschaft kritisiert

© Foto: Peter Kneffel, dpa

NZ: Herr Benker, die Deutsche Polizeigewerkschaft in Bayern kritisiert die Grenzkontrollen an den drei bayerischen Autobahnübergängen zu Österreich. Was ist falsch daran?

Hermann Benker: Wir haben die stationären Grenzkontrollen kritisiert, sind aber für verstärkte Kontrollen im grenznahen Raum. Die Rückkehr zu mittelalterlichen Kontrollstellen halten wir für nicht effizient. 270 Leute werden in Passau, Kiefersfelden und Bad Reichenhall dafür eingesetzt. Es gäbe intelligentere Möglichkeiten, mit diesen Personalressourcen umzugehen, nämlich mobile Kontrollstellen im Grenzraum. Wenn in den Verkehrsmeldungen der Radiosender bei Stau vor den Autobahn-Grenzübergängen sogar Umfahrungen empfohlen werden, dann erwischen wir die, die sich trotzdem in den Stau einreihen, bei anderen Kontrollen auch.

NZ: Wer die österreichisch-bayerische Grenze unerkannt überqueren will, kann dies also weiterhin über die anderen Grenzübergänge oder Wanderwege tun?

Benker: Bayern hat eine 650 Kilometer lange Grenze zu Österreich, davon einen Teil im hochalpinen Bereich. Aber es gibt auch genügend Möglichkeiten, unter Vermeidung der Autobahnen nach Bayern zu gelangen. Dort wird überhaupt nicht kontrolliert oder nur im Rückraum durch Schleierfahnder. Aber die Schleierfahndung ist personell nicht ausreichend besetzt. Wenn wir die fast 300 Leute, welche die Bereitschaftspolizei derzeit stationär verbrät, anderweitig einsetzen, könnten wir viel flexibler sein.

NZ: Ist eine Rückkehr zu den offenen Grenzen wie sie im Schengen-Abkommen vorgesehen sind, möglich?

Polizeigewerkschaft kritisiert

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Benker: Eine Rückkehr zum alten Schengen-Status kann es nie mehr geben. Wir werden die europäischen Außengrenzen nie zu 100 Prozent sichern können. Wir müssen mobil und kurzfristig Kontrollstellen errichten. Das ist machbar, muss aber europäisch abgestimmt werden.

NZ: Die Urlauber, die derzeit in Spitzenzeiten bis zu zwei Stunden bei der Einreise von Österreich nach Deutschland im Stau stehen, warten also völlig unnötig?

Benker: Von den stationären Kontrollen sind natürlich auch die betroffen, die wir überhaupt nicht kontrollieren wollen. Sie stehen genervt im Stau und werden bei der Kontrollstelle doch durchgewunken. Bei mobilen Kontrollstellen dort, wo wir es aufgrund der Lageeinschätzung für notwendig halten, können wir uns ganz gezielt diejenigen rauspicken, die zu kontrollieren sind, während man Urlauber oder Pendler ungehindert fahren lassen kann. Dann wird es keinen Stau geben und wir haben zumindest den gleichen Effekt.

NZ: Die bayerisch-österreichischen Kontrollen gibt es ja nun schon fast zwei Jahre. Betreibt man damit Symbolpolitik?

Benker: Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Symbolpolitik mit Blick auf die Wahltermine betrieben wird. Dass vorher viele von
der grenzenlosen Freiheit Gebrauch gemacht haben, die es wert gewesen wären, näher beäugt zu werden, steht außer Frage. Bayern tat ja auch etwas. Die Schleierfahndung ist ein bayerisches Erfolgsmodell. Ich frage mich nur, warum wir jetzt wieder einen Schritt zurückmachen. Schade, dass man auf die Vorschläge nicht hört, weil sie von der Gewerkschaft kommen. Aber es ist nun mal so, dass alles, was das bayerische Innenministerium verkündet, zum Erfolg verdammt ist.

NZ: Deutschlands Bundesinnenminister hat in Österreich den Abbau der stationären Autobahnkontrollen in Aussicht gestellt, worauf es heftigen Widerspruch aus Bayern gab. Die Blockierer sitzen wohl in München?

Benker: Wir würden es für wesentlich sinnvoller halten, sehr wohl Kontrollstellen zu errichten, aber mobil. Es ist doch eine Farce: Jeder weiß, dass an den drei Autobahnübergängen kontrolliert wird. Wo da ein Sicherheitsgewinn sein soll, verschließt sich mir. Ich weiß von Kollegen der Bereitschaftspolizei, dass sie es so weitergegeben haben. Aber entweder werden diese Informationen ausgefiltert bevor sie Innenminister Herrmann erreichen, oder er ist aus Gründen der Wahl beratungsresistent. Aber noch ein Jahr das so weiter zu machen, halte ich für unverantwortlich.

NZ: Von den Autobahnkontrollen werden aber auch immer wieder Erfolge gemeldet.

Benker: Diese Erfolge sind fraglos eine gute Sache. Aber die gleichen Zahlen oder – nach meiner Einschätzung – noch bessere würden wir bekommen, wenn wir mobile Kontrollen kurzfristig an viel mehr Stellen im gesamten Grenzraum zu Österreich und Tschechien errichten würden. Es geht also nicht darum, die Kontrollen aufzugeben, sondern sie intelligenter zu gestalten und das Personal effizienter einzusetzen, zumal wir mit Beginn der Fußballbundesliga bald wieder viele Kräfte für einen bundesweiten Einsatztourismus stellen müssen. Wir können es uns nicht leisten, zwei bis drei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei durch diese antiquierten Grenzkontrollen zu binden. Ich verstehe nicht, wieso man nicht flexibler reagiert.

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