Regensburger Domspatzen: Übergriffe auch unter Schülern

21.3.2018, 17:15 Uhr
Nach einem Fernsehbericht über Missbrauchsfälle unter ehemaligen Schülern der Regensburger Domspatzen sucht das Bistum Kontakt zu möglichen Opfern.

© Armin Weigel (dpa) Nach einem Fernsehbericht über Missbrauchsfälle unter ehemaligen Schülern der Regensburger Domspatzen sucht das Bistum Kontakt zu möglichen Opfern.

In dem Bericht von Sonderermittler Ulrich Weber, der die schlimmen Ereignisse für das Bistum Regensburg aufgearbeitet hatte, heißt der Mann nur "Opfer 306". Er ist anonymisiert. Bekannt ist nur, dass er das Gymnasium der Domspatzen in den 1960er Jahren besucht hat. Er ist mit wenigen Sätzen in Webers Bericht zitiert: "Der Missbrauch – durch nächtliche Besuche älterer Internats-Zöglinge in meinem Bett während meiner Tiefschlafphase – passierte ab der ersten Gymnasiumsklasse sporadisch über die Jahre hin, bis zum Erreichen der Oberstufe."

Diese Sätze hatten eine so gewaltige Sprengkraft, dass mittlerweile eine eigene Studie sich dem Thema des Missbrauchs unter Schülern widmet. Opfer können sich an das Bistum wenden. Weber hatte bei der Vorstellung des Berichts über die Grausamkeiten von Erziehern, Lehrern und Priestern gegenüber Kindern und Jugendlichen bereits betont, dass der Domspatzen-Skandal in seiner gesamten Tragweite längst nicht aufgearbeitet ist. Wie häufig diese Fälle sind, ist noch unbekannt. Bei der Aufarbeitung des Altfälle aus mehreren Jahrzehnten hatte der Sonderermittler bei Zeugen- und Opferbefragungen vor allem das Personal im Visier.

Auf wenigen Seiten

Weil damals auch das Thema des Missbrauchs unter Schülern sowie einvernehmliche sexuelle Kontakte untereinander thematisiert wurden, ging er in seinem Bericht auf wenigen Seiten darauf ein. Nun erhob eines dieser Opfer im ARD-Magazin "Report Mainz" den Vorwurf, es sei bei den Domspatzen "gängige Praxis" gewesen, dass sich ältere Schüler an jüngeren vergingen. Der Mann war fünf Jahre lang bei den Domspatzen gewesen. Das Magazin weist zudem auf eine Verurteilung eines ehemaligen Domspatzen-Schülers hin. Er sei 2016 wegen sexuellen Missbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Er habe sich bei jüngeren Sängern das Vertrauen erschlichen und sie dann - überwiegend nach der gemeinsamen Schulzeit - bei privaten Übernachtungen auf einem Campingplatz missbraucht.

Peter Schmitt, Mitglied der Kommission, die Missbrauchsfälle aus den Jahren 19945 bis 1992 aufarbeitet, zeigt sich wenig glücklich über den TV-Bericht. Die beiden genannten Fälle stützen die Schlussfolgerung auf systematischen Missbrauch in keiner Weise, meint er. Mindestens 547 Sänger des weltberühmten Chores wurden laut dem im Juli 2017 veröffentlichten Bericht Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt. 49 Beschuldigte gibt es, darunter sind neun Pädagogen und Priester, die sich sexuell an den Kindern vergangen haben. Die Zitate und Zeugenaussagen lassen nur einen Schluss zu: Von der "Hölle" spricht ein Betroffener, den die systematische Gewalt ein Leben lang hat leiden lassen.

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