27. Rother Bluestage: Audienz bei Doktor Feelgood

19.3.2018, 16:56 Uhr
27. Rother Bluestage: Audienz bei Doktor Feelgood

© Foto: Hans von Draminski

Dass sich die Bluestage dem Rest der populären Musik öffnen, ist völlig o. k. Dass sie so rockig werden, ausgerechnet bei Außentemperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt, hat freilich eine neue Qualität.

Auf dem Papier gibt es "Dr. Feelgood" seit fast fünf Jahrzehnten – gegründet 1971, als der White Blues seine große Zeit hatte, von Sänger Lee Brilleaux und Gitarrist Wilko Johnson. Später kamen noch John B. Sparks am Bass und John "The big Figure" Martin dazu. Als Lee Brilleaux 1994 an Krebs starb, verlor "Dr. Feelgood" das letzte Gründungsmitglied. Die aktuelle Besetzung mit Leadsänger Robert Kane, Gitarrist Steve Walwyn, Phil Mitchell am Bass und Kevin Morris an der "Schießbude" ist allerdings auch schon gut 20 Jahre gemeinsam aktiv – was sich in enormer Vertrautheit äußert.

Quirlig und energiegeladen

Kann doch eine Partymaschine wie "Dr. Feelgood" nur dann funktionieren, wenn sie bestens geölt läuft, wenn jedes Bandmitglied genau weiß, was die anderen gerade machen. So wird man auch in Roth Zeuge einer perfekt auf den Punkt inszenierten Rockshow, in der jedes Detail passt.

Von "Dr. Feelgood" kann man lernen, wie man mit einfachen Mitteln Spannung aufbaut und die dann fast lockere zwei Konzertstunden hält. Im Mittelpunkt steht natürlich Frontmann Robert Kane, exaltiert, quirlig, energiegeladen, wie man es einem 63-Jährigen nicht unbedingt zutrauen würde. Kane tobt über die Bühne und serviert alte Hits wie am Fließband – vom Mitgröl-Kracher "Milk and Alcohol" bis zum Ohrwurm "See You Later Alligator", letzte von fünf gut gelaunten Zugaben.

Das Spannende dabei: Der bisweilen ziemlich blueslastige Rock ‘n‘ Roll, der auch im Jahr 2018 das Markenzeichen von "Dr. Feelgood" ist, weist in seiner rauen, hemdsärmelig rotzigen Attitüde schon sehr stark auf den Punk voraus. Kein Wunder, dass die Band auch bei den Bilderstümern mit den bunten Haaren bis heute Kultstatus genießt.

Ein paar jüngere Konzertgäste haben sich an diesem Abend in die Kufa "verirrt", zum Teil wohl von den Eltern zu deren Idolen mitgeschleift. Einer jungen Frau bleibt vor Erstaunen der Mund offen stehen angesichts des Powerplays, das "Dr. Feelgood" auf die Bühne bringt. Da fräst sich die Slidegitarre von Steve Walwyn wie ein scharf fokussierter Laser in die Gehörgänge, sorgt Phil Mitchell mit betont stoischem Gesichtsausdruck für einen unwiderstehlichen Bulldozer-Bassgroove und drischt Kevin Morris in sein Schlagwerk-Arsenal, als wolle er es zertrümmern. Der Geist der Rebellion stirbt eben nie.

Programminfos und Kartenbestellung unter www.bluestage.de

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