Anmutige Bewegungen beim Franken Dance Festival in Roth

19.10.2014, 18:36 Uhr
Anmutige Bewegungen beim Franken Dance Festival in Roth

© Salvatore Giurdanella

810 Tanzpaare sind für das Tanz-Festival angemeldet, damit ist es das größte in Bayern. Sie treten in ihrer Altersgruppe und in ihrer Leistungsklasse an, getanzt wird Standard und Latein von Tänzern im Alter von sieben bis 70 Jahren. Zum zwölften Mal richten die Vereine Tanzsportclub Roth, Tanzsportzentrum Schwabach und das Rot-Gold-Casino Nürnberg das Turnier in Roth aus. Aus Roth tritt kein Paar an, dafür umso mehr Paare aus den anderen beiden Vereinen, auch aus Tschechien und Österreich kommen Paare angereist, aus Bayern sowieso.

Die junge Tänzerin hat inzwischen ihre Tanzschuhe angezogen, beige und eng sind sie, wie die fast aller Frauen. Halt muss die Tänzerin haben, wenn sie über den Hallenboden wirbelt, hoch müssen die Schuhe aber auch sein, damit der Schritt noch eleganter wirkt.
Am Rand der ersten von drei Tanzflächen sammeln sich die Paare, auch die junge Tänzerin mit ihrem Partner ist dabei, sie trägt ein Tanzkleid in Leo-Optik mit schwarzem Rock, die Haare sind zurück genommen und zu einem Knoten am Hinterkopf gesteckt, ein dicker Lidstrich und dunkler Lidschatten zieren ihre Lider.

Ihr Partner trägt eine schwarze Stoffhose und ein schwarzes Tanzhemd, die Haare sind mit Gel zurück gekämmt. Wäre nicht das Leo-Kleid würden sie unter den Paaren nicht weiter auffallen, die Männer, sie tragen alle schwarz, ab und an sieht man ein weißes Hemd, aber anders als in der Natur sind auf der Tanzfläche die Frauen für den Putz, Pracht und Prunk zuständig. Nicht so sehr in den niederen Leistungsklassen, dort wird in Alltagskleidung getanzt, dafür umso mehr in den hohen Klassen, A, B und C. Glitzer, Pailletten, weite und kurze Röcke sind an der Tagesordnung.

Haut wird gezeigt wo nur möglich. Sex sells, auch auf der Tanzfläche, im Rahmen der Kleiderordnung versteht sich. Beim Tanzen ist knappe Kleidung kein Problem, die Roben sitzen wie angegossen, nichts blitzt außer der Pailletten, man schwitzt, aber am Rand der Tanzfläche kann es da schon kalt werden. Ein Tänzer legt seiner Partnerin fürsorglich von hinten eine Fleecejacke um die Schultern. Ihr ausgenommen schönes Kleid besteht fast nur aus nachtblauen Pailletten, im Nacken nur von einem feinen Band gehalten ist es auf der rechten Seite oberhalb der Hüfte offen und vom Boden bis zur Hüfte geschlitzt, auf der Hüfte selbst sitzt eine rote Pailletten-Schleife, die alles an seinem Platz hält. Zusammen beobachten sie die anderen Paare.

Auch an der zweiten Tanzfläche stehen die Paare bereit, hier sieht man mehr Glitzer. Während auf Tanzfläche eins gleich die Hauptgruppe D tanzt, wird nebenan eine Klassierung höher getanzt.

Die leise Hintergrundmusik wird leiser, die Paare betreten die Tanzflächen, stellen sich auf. Dann dröhnt die Musik durch die Halle, die Bässe lassen den Boden beben, die Tanzschritte auch. Getanzt wird auf allen Tanzflächen zur gleichen Musik, nur die Figuren sind unterschiedlich aufwendig.

Auf der Tanzfläche bewegen sich die Paare verführerisch, manche spielen ein „Ich zier mich“-Spiel, andere verführen sich gegenseitig und das Publikum auf der Tribüne und am Rand der Tanzfläche gleich mit, bevor sie Arm in Arm über die Tanzfläche wirbeln, fast mit einem anderen Paar kollidieren, schlafwandlerisch doch aneinander vorbei tanzen, beim Rumba die Tanzhaltung zur klassischen Präsentier-Figur öffnen, die Arme weit und elegant zur Seite ausgebreitet, das Lächeln breit und souverän.

Die Kampfrichter stehen am Rand der Tanzfläche, taxieren die Tänzer. Auf ihren elektronischen Tablet-Computern tippen sie ihre Bewertung der einzelnen Paare ein, wechseln die Seiten, begutachten Schrittstellung und Technik, die Ausführung der Figuren, das Taktgefühl, Balance und Stabilität und die Interpretation der Musik. Die Daten werden an den Zentral-Computer gesandt, dort wird ausgewertet.

Bis zu fünf Tänze müssen die Paare bei einem Start zeigen, je nach Klassierung. Nur ein paar Takte werden angespielt, anderthalb Minuten vielleicht tanzen die Paare, dann spielt neue Musik, der nächste Tanz beginnt. So geht das bis alle Tänze durchgetanzt sind, dann wechseln die Paare, nur sieben können gleichzeitig tanzen, in manchen Gruppen treten aber rund 20 Paare an.

An den Tischen am Rand warten sie, nehmen einen Schluck Wasser, der Schweiß rinnt. Man beobachtet die Konkurrenz. Körperbau, Kleider und Frisuren werden manchmal hämisch quittiert und kommentiert, psychologische Kriegsführung, die anderen verunsichern. Hin und wieder aber hört man Rufe vom Rand: „Auf geht’s Annika, auf geht’s Marcel!“ In den Tanzclubs selbst hält man zusammen und feuert sich an. Eltern und Freunde stehen am Rand, blitzen mit der Kamera auf die Tanzfläche in Richtung ihrer Sprösslinge. Frieren den Moment ein, der nichts sagt über die Anmut der Bewegungen, denen nur das Auge selbst zu folgen vermag.


Eine offene Wertung gibt es hier nicht, zu viele Paare haben getanzt, da kann man als Wertungsrichter den Überblick und im Turnier Zeit verlieren. Auf einer Liste können sie nachher ihre Wertung lesen. Am Rand der Tanzfläche machen sich schon die nächsten Paare bereit und die Musik beginnt erneut.
Wenn am Sonntagabend die letzten Takte erklingen, waren 810 Paare auf der Tanzfläche. 25 Stunden haben sie zusammen getanzt, mit nach Hause nehmen sie neue Punkte für oder sogar den Aufstieg in die nächste Leistungsklasse, zurück bleiben Pailletten und der eine oder andere Glitzerstein auf dem Boden der Halle.
 

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