Armut kennt kein Alter

1.6.2018, 17:10 Uhr
Armut kennt kein Alter

Armut hat viele Gesichter. Junge, alte. Überall. "Einmal gesehen, vergisst man sie nicht mehr", sagt Manfred Rathgeber. Vor zehn Jahren ist das Entsetzen des ehemaligen Berufssoldaten in Aktionismus umgeschlagen. Seither engagiert er sich als Botschafter der gemeinnützigen Georg-Kraus-Stiftung für Entwicklungszusammenarbeit – und durfte dankbar erfahren: Es gibt viele wie ihn. Menschen, die der Armut die Stirn bieten, indem sie vor Ort Hilfe leisten.

Erst kürzlich stieß er durch Zufall auf einen kleinen Nepalhilfe-Verein in Zirndorf: "Ich war eigentlich auf der Suche nach meiner verloren gegangenen Geburtsurkunde und hab eine Sachbearbeiterin beim Kreiswehrersatzamt angerufen". Man sei ins Gespräch gekommen. Die Dame erzählte von einer Freundin und deren selbstlosem Engagement in einem kleinen nepalesischen Dorf. Vor allem den Schülern dort solle geholfen werden, berichtete sie.

Manfred Rathgeber wurde hellhörig, zumal er selbst schon für die Georg-Kraus-Stiftung einige Projekte in Nepal zu einem guten, weil nachhaltigen Ende geführt hatte. Zudem bilde das Kindswohl rund um den Globus einen Schwerpunkt der Stiftungsarbeit. Kurz: "Es interessierte mich", fasst er im Rückblick zusammen. Rathgeber nahm Kontakt auf.

Armut kennt kein Alter

Die Frau mit dem Helfergen und der Nepal-Affinität entpuppte sich als Dagmar Simon, Vorsitzende des kleinen Zirndorfer Vereins "Wir für Nepali". Sie berichtete über eine staatliche Schule in Panauti, die von Kindern sehr armer Eltern besucht werde – sofern sie eine Uniform sowie entsprechendes Schulmaterial besäßen.

Dem Verein gehe es mit seinem aktuellen Unterfangen vor allem darum, die Schulspeisung der Grundschüler zu gewährleisten, erläuterte Simon. Doch aufgrund begrenzter finanzieller Vereins-Ressourcen geschehe dies vorerst nur klassenweise.

Offene Türen eingerannt

Rathgeber fand die Idee alles in allem "spitze" und empfahl Dagmar Simon, einen offiziellen Antrag auf Unterstützung bei der Georg-Kraus-Stiftung zu stellen. Sie tat’s – und rannte offene Türen ein: "Die Stiftung bezahlt jetzt erst mal drei Jahre lang die Schulspeisung – und zwar für alle Schüler, nicht nur die kleinen", freut sich Manfred Rathgeber. Außerdem: "Seit die Kinder regelmäßig zu essen kriegen, ist die Schule voll."

Somit sei einmal mehr das Stiftungsziel erreicht, welches da laute: "Der beste Weg aus der Armut ist der Schulweg".

Hingegen: "Absolutes Neuland" betrat Stiftungsbotschafter und Vorstandsmitglied Manfred Rathgeber während der Pfingstfeiertage. Hatte der Rother Pensionär bislang vor allem den Bau von Kindergärten, Schulen oder Ausbildungsheimen für junge Menschen forciert, so war er diesmal "überhaupt nicht in meinem Element." Gemäß Stiftungssatzung gelte es, auch ältere Bedürftige zu unterstützen. Also hatte sich Manfred Rathgeber ratsuchend an den ehemaligen Militärpfarrer Theophil Steuer gewandt, seinen einstigen Bundeswehr-Kollegen und jetzigen Chef der Kriegskindernothilfe. Der lud ihn umgehend ein, mit nach Carei in den Nordosten Rumäniens zu kommen. Dort könne man unter anderem auch ein Altenheim in Augenschein nehmen, so Steuer.

Rathgeber war erschüttert: "Die ersten Eindrücke – furchtbar!" Eine marode Strom- wie Gasversorgung, eine provisorische Küche und ein nicht gekühlter Versorgungskeller kennzeichneten den Plattenbau aus den 80er Jahren, in dem aktuell über 90 Menschen leben – vom Schwerstpflegefall bis hin zur jungen Erwachsenen mit geistigem Handicap. Dazu eine improvisierte Pflegesituation, in der es an Hilfs- und Pflegemitteln mangle. Beispiel: "Mindestens vier Leute teilen sich einen Rollstuhl oder Rollator".

Auch wäre eine Pflegeschwester gleich auf ihn zugekommen und habe nach Verbandsmaterial gefragt, erinnert sich Rathgeber. Sein Fazit: "Da fehlt’s an allen Ecken und Enden – in einem EU-Land...!" Gleichwohl sei das Gespräch mit dem Heimleiter "gut verlaufen": Während die Stiftung die Kosten für Küche, Kühlraum und Fenstersimse ("Es regnet überall rein") zu übernehmen versprach, habe sich der Landkreis, in dem Carei liegt, "plötzlich bereit erklärt", die Elektroinstallation zu schultern.

Allerdings ist Rathgeber verhalten optimistisch, ob das Projekt Realität wird: "Warten wir ab, ob uns die Kostenvoranschläge geschickt werden. Ich bin zwar guter Dinge, aber hinter die rumänischen Behörden mach’ ich trotzdem vorerst noch ein Fragezeichen..."

 

Keine Kommentare