Bei Anne Klinges Aufführungen hat wirklich alles Hand und Fuß

2.1.2019, 05:50 Uhr
Bei Anne Klinges Aufführungen hat wirklich alles Hand und Fuß

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Kaum war bekannt, dass Anne Klinge mit dem Märchen "Der Fischer und seine Frau" in der Hilpoltsteiner Residenz auftritt, war die Vorstellung im Nu ausverkauft. Deshalb wird es im neuen Jahr noch eine Vorstellung geben – und die ist ebenfalls schon ausverkauft.

Anne Klinge aus Nürnberg, Jahrgang 1972, ist Puppenspielerin und Regisseurin in Personalunion. Sie gründete das "Theater mit Hand und Fuß". Auftritte in Sydney, Osaka, Tokio, Shanghai, Mailand und Peru sowie Aufsehen erregende internationale Fernsehauftritte in England, Deutschland, Frankreich, Tschechien und der Slowakei brachten ihr internationale Preise ein: den 1. Jury-Preis beim Internationalen Gauklerfestival Koblenz, den Publikumspreis beim Niederstätter Surprize Bozen und den 2. Jury-Preis und Sonderpreis der Kinderjury beim Internationalen Kleinkunst-Festival Usedom.

In Hilpoltstein spielte Anne Klinge das Märchen "Der Fischer und seine Frau" der Gebrüder Grimm – mit leichten Abwandlungen und Kürzungen. Eine Beispielerzählung, die vor maßlosen Ansprüchen warnt und illustriert: Hochmut kommt vor dem Fall.

Der Fischer Peter, der mit seiner Frau Ilsebill in einer armseligen Hütte lebt, angelt im Meer einen sprechenden goldenen Fisch, der als verwunschener Prinz um sein Leben bittet. Peter hat ein großes Herz und lässt ihn wieder frei. Als Ilsebill das hört, fragt sie ihn, ob er sich denn im Tausch gegen die Freiheit nichts vom Fisch gewünscht habe. Sie drängt ihren Mann, den Fisch erneut zu rufen, um sich eine kleine Hütte zu wünschen. Den Wunsch erfüllt der Zauberfisch.

Doch schon bald ist Ilsebill damit nicht mehr zufrieden. Erneut verlangt sie von ihrem Mann, den Fisch an Land zu rufen und einen größeren Wunsch vorzutragen. Peter teilt die Wünsche seiner Frau nicht, beugt sich aber ihrem Willen. Je maßloser Ilsebills Wünsche werden, desto mehr verschlechtert sich das Wetter. Die See wird erst grün, dann blauviolett, dann schwarz, und immer heftiger wird der Sturm. Nach der Hütte verlangt sie ein Schloss. Als sie auch damit nicht zufrieden ist, möchte sie König und Kaiser und werden. Alle diese Wünsche erfüllt der Butt: "Geh nur hin, sie ist es schon."

Als sie schließlich fordert, wie der liebe Gott zu werden, wird sie wieder zurück in die armselige Hütte versetzt, wie am Anfang. Ilsebill hat erkannt, dass sie durch ihre Gier und Maßlosigkeit alles zerstört hat. Sie ist jedoch nicht verbittert, sondern fügt sich jetzt in ihr Schicksal. Gemeinsam mit Peter sitzt sie nun jeden Tag am Ufer des Meeres und lauscht den Wellen. "Nun sind sie wohl zufrieden", kommentierte Anne Klinge das Happy End.

Im Gegensatz zu so vielen anderen Märchen kommt dieses ohne Gewalt aus. Ilsebills Ansprüche steigen — im Gegensatz zum Fischer, ihrem genügsamen Mann, dem jeder Tag recht ist, so lange er angeln und ins Wasser schauen kann. Peter ist ein zufriedener Mensch, dem jede Art von Gier fremd ist. Das Märchen vom Fischer und seiner Frau bleibt eine Burleske; es wird nie zu einer Tragödie wie bei anderen Märchen. Keine Strafe steht am Schluss, nur die Lächerlichkeit und die Ernüchterung der Ilsebill, die nun selber erkennt, dass sie deutlich zu maßlos war.

Anne Klinge bot Fußtheater auf allerhöchstem Niveau. Mit feiner Ironie und humorvoller Dramaturgie begeisterte sie nicht nur die Kinder, sondern auch die erwachsenen Zuschauer. So erzeugte sie regelrechte Lachstürme, als Ilsebill den Peter auffordert: "Komm, halt mal die Mütze, ich hab im Moment keine Hand frei!" Zurufe aus den Reihen der Kinder baute Anne Klinge reaktionsschnell und spontan in die Handlung mit ein. Als der Fischer Peter lustvoll in der Nase bohrte, rief ein kleiner Zuschauer ihm lachend zu: "Das mache ich auch immer!" Da wurde selbst die Hauptakteurin Anne Klinge von einem Lachkrampf geschüttelt.

Bewundernswert war Anne Klinges Körperbeherrschung. Die ausdrucksvolle Gestik mit Händen und Füßen, das perfekte Zusammenwirken von Bewegung und Sprache begeisterten das Hilpoltsteiner Publikum. Es lag der pfiffigen Anne Klinge buchstäblich zu Füßen.

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