Bei Karpfen und Klößen der deutschen Einheit gedacht

6.10.2014, 17:28 Uhr
Bei Karpfen und Klößen der deutschen Einheit gedacht

Das wegen des „Tages der deutschen Einheit“ lange Wochenende nutzten Ehrhardt Blochberger und Gisela Weber, gemeinsam mit ihren Ehepartnern vom Weimarer Land in den Landkreis Roth zu fahren und dort auf lieb gewordene Bekannte zu treffen. Die Freude war auf allen Seiten natürlich groß und es gab vieles zu erzählen.

Gebannt lauschte auch der amtierende Thalmässinger Bürgermeister Georg Küttinger den Anekdoten beim gemeinsamen Abendessen im Alfershausener Gasthaus „Winkler“. Seit nunmehr einem viertel Jahrhundert ist der gute Draht der Beziehung nicht gerissen. Mal kommen die ehemaligen Bürgermeister aus dem einstigen Landreis Apolda an die Thalach, mal stattet Schuster dem Bundesland im Herzen der Republik einen Besuch ab.

Dass zum 25. Jahrestag Blochberger und Weber die 300 Kilometer Fahrt auf sich nahmen, weckte unwillkürlich Erinnerungen. An die aufregendsten Jahre der jüngsten deutschen Geschichte. Gab es laut Weber, die im Jahr des Mauerfalls bereits das Amt der Bürgermeisterin von Nirmsdorf bekleidete, bei der Anreise in diesem Jahr doch ziemlich viele Pkw auf den Straßen zu sehen, so war dies doch kein Vergleich zu jenen berüchtigten Herbsttagen 1989. Im „Winkler“ erinnert sich Blochberger zurück: An jenem schicksalhaften 9. November habe er zu seiner Frau gesagt: „Morgen früh fahren wir nach Bayern!“ Bis zu jenem Tag eine höchst brisante Aussage. Doch nun: Gesagt, getan. Mit vollem Tank geht es los, doch sie werden von der Polizei aufgehalten. Aber nicht weil die Grenze, wie vielfach befürchtet, sich wieder schließt, sondern weil der Stau jedes Weiterkommen hindert.

Eine Woche später aber gelingt die Fahrt nach Coburg. Am Kfz-Kennzeichen erkennt sie dort ein Einheimischer und ruft gerührt: „Auf Euch habe ich schon lange gewartet!“ Im Gespräch stellt sich heraus: Er hat Verwandte im Landkreis Apolda, die überdies Bekannte Blochbergers sind. Er selbst wird im Zuge der Wiedervereinigung Bürgermeister von Großromstedt. Mit vielen Kollegen muss er sich einer Mammutaufgabe stellen: das Verwaltungssystem der Kommunen nach westdeutschen Muster umzugestalten. Sie bekommen dabei Hilfe aus dem hiesigen Freistaat.

Im Moskwitsch unterwegs

Der Bayerische Gemeindetag ruft in einer Aktion die Kommunen zur Unterstützung jener in Thüringen und Sachsen auf – Thalmässing mit Rathaus-Chef Ernst Schuster ist sofort dabei. Bei einer Versammlung in Schwarzenbruck erfolgt die Zuteilung für Ober- und Mittelfranken. Blochberger reist im Moskwitsch, Weber im Wartburg an – beide sorgen so für großes Aufsehen. Der Funke springt gleich über. Drei Monate später erfolgt bereits der Gegenbesuch. Aus vielen Arbeitsgesprächen entwickelt sich eine feste Freundschaft, was in dieser Form seinesgleichen sucht. Zumindest wisse er von keinen Ost-West-Kontakten aus jener Zeit besagter Gemeindetags-Aktion, die bis heute noch so gepflegt würden, sagt Schuster beim Abendessen in Alfershausen. Dort wird auch kulinarischer Austausch gepflegt. Man nimmt fränkisches „Schäufele“ zu sich, aber auch Braten mit Klößen. „Die sind ja nach Thüringer Art!“ ist Blochberger erfreut.

Einen halben Tag vorher wurden er und Weber im Hause Schuster wiederum mit einer besonderen regionalen Spezialität verwöhnt: Karpfen aus dem eigenen Teich, für den Gastgeber als Fischereibeauftragten des Bezirks natürlich Ehrensache. Später im Gasthaus „Winkler“ zeigt sich auch Küttinger sichtlich angetan von den guten Beziehungen an der bundesdeutschen Basis und kündigt an, beim nächsten Besuch einmal mit ins Weimarer Land fahren zu wollen.

Was sich Weber, Blochberger und Schuster über die zweieinhalb Jahrzehnte besonders eingeprägt hat, sind die kontinuierlichen Veränderungen in den Gemeinden. Die enorme Aufbauarbeit in den Thüringer Orten etwa. Nirmsdorf beispielsweise stieß dort als Pionier bereits im Jahr der Einheit die Dorferneuerung an. Was bitter nötig war, wie Weber sich erinnert. Graue Häuser und grünfreie Buckelpisten wichen mit der Zeit einer ansprechenden Wohngegend mit guter Infrastruktur.

Natürlich hat sich in den vergangenen 25 Jahren auch in Thalmässing so einiges getan. Der neueste hier verwirklichte Coup ist das Museum Fundreich, dem die Gäste am langen Wochenende der deutschen Einheit natürlich einen Besuch abstatten. In den vergangenen Jahren gab es auch vielfach Ausflüge nach Eichstätt oder Weißenburg und auch mal zum Münchner Oktoberfest. Gerne fahren Blochberger und Weber aber auch wieder zurück. In eine Region mitten in Deutschland, in der etwa das Handwerk so richtig boomt, weiß Weber. Ihr eigener Sohn war lange Zeit im Westen und ist nun einer der Rückkehrer, die im Osten beruflich richtig erfolgreich sind.

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