Bierkultur in Spalt: Entschleunigt zum bekömmlichen Genuss

18.11.2014, 17:00 Uhr
Bierkultur in Spalt: Entschleunigt zum bekömmlichen Genuss

© Foto: Jürgen Leykamm

Gut Ding will Weile haben. Dieses Sprichwort dient auch als Leitsatz des Vereins. Denn soll ein Bier wohl munden, braucht auch dieses genug Zeit geschmacklich auszureifen. Das sei auch wissenschaftlich erwiesen, betont August Gresser bei einem Pressegespräch im Rahmen der Tagung. Er ist der Geschäftsführer des Vereins, der deshalb auch „Das Brauen mit Zeit für Geschmack“ im Namen führt.

Bekömmlicher als Turbo-Bier

Durch einen langsamen Brauprozess (Slow Brewing), der bei den Mitgliedsbetrieben in der Regel fünf bis sechs Wochen dauert, entstünden weniger Gärungs-Nebenprodukte, und so werde das fertige Produkt bekömmlicher. Übliche „Turbo-Biere“ (Gresser) ließen ihm nur etwa die Hälfte dieser Zeit.

Doch das Stoffliche bildet bei der Vereinsphilosophie nur eine Seite der Medaille. Die andere zielt auf das Ideelle ab. Die beteiligten Brauereien sollen auf regionale Wertschöpfung achten, nachhaltig geführt und zukunftsgerecht bewirtschaftet werden, so der hohe Anspruch. Effiziente Organisation und ein mitarbeiter-, lieferanten- und natürlich kundenfreundliches Betriebsklima stünden ganz oben auf der Prioritätenliste der Mitgliedsbetriebe.

Diese werden übrigens regelmäßig auf die hohen Qualitätsmerkmale auch abgeklopft. Die Zertifizierung erfolgt einmal jährlich. Wer bestehen will, muss die eigenen Produkte etwa im „Bierkarussell“ der TU Weihenstephan testen lassen – und zwar monatlich.

Geprüft wird nicht nur der frische Gerstensaft. Vielmehr verfügt die Einrichtung über Möglichkeiten, in vier Tagen einen Alterungsprozess von vier Monaten zu simulieren. Danach wird nochmal geprüft. Die Unterschiede zum frischen Bier sollten dann nicht allzu groß sein.

Der Qualitätsbegriff bei „Slow Brewing“ hat die gesamte Wertschöpfungskette im Blick – vom Rohstoffanbau bis zum Vertrieb des Bieres. „Eine permanente Herausforderung, der wir uns aber gerne stellen“, wie Spalts Bürgermeister und Chef der hiesigen Stadtbrauerei Udo Weingart betont. Sie ist derzeit eine von 24 Mitgliedsbetrieben, die über Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz verteilt sind.

Im Land der Eidgenossen ist nun auch die älteste Brauerei (Schützengarten St.Gallen) mit im Boot. Etwas mehr als doppelt so viele können es noch werden, aber größer soll der Verein gar nicht sein. Man wolle „keine Trittbrettfahrer, sondern Betriebe, die an die Idee glaube“, betont Gresser. Das sind oft mittelständische Unternehmen, aber nicht immer.

Die Struktur ist breit gefächert: von 800 Hektoliter Ausstoß bis zu über eine Million jährlich reicht sie. Bei der Standortwahl für die Mitgliederversammlungen wechselt man ab. Dass dieses Mal Spalt auserkoren wurde, hat niemand bereut. Im Gegenteil: „Ich bin beeindruckt und fühle mich hier richtig wohl“, so Gresser.

Das nächste Mal geht es übrigens gewissermaßen in die nächste politische Ebene: von der Stadtbrauerei Spalt in die Badische Staatsbrauerei Rothaus.

Zusammenfassen lässt sich die Intention von „Slow Brewing“ übrigens in einer Formel, die auch auf der Internetseite des „Clubs der Prädikatsbrauereien“ zu lesen ist: „Bessere Wertschöpfung durch höhere Wertschätzung“ - das gilt sowohl gegenüber Mensch und Rohstoff als auch Bier.

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