Blutrausch unterm Spalter Vollmond in neuem Joens-Krimi

22.12.2014, 16:27 Uhr
Blutrausch unterm Spalter Vollmond in neuem Joens-Krimi

Ihr Sohn Klaus jubelte einer ausgewählten Gruppe – darunter sich selbst und seinem Freund Jens – die doppelte Dosis unter. Diese Leute erleben den totalen Filmriss. Wer ist verantwortlich für vier nicht immer freiwillige Schwangerschaften und den Tod des Hubschrauber-Piloten eines US-Generals, der am nächsten Morgen mit durchgebissener Kehle gefunden wird?

Mit diesen Fragen beginnt der Krimi „Hopfenkönigin“, den die Autorin Nicole Joens als Teil zwei einer Romanfolge „Frauen morden besser“ geschrieben hat. Im ersten Band „Glycinienmord“, der im Mai erschienen ist, erlebt man die Entwicklung von Jens, der vom Geheimdienst-Saulus zum Profiler-Paulus wird. 30 Jahre nach dem Vollmondfest-Desaster kehrt er zur Beerdigung seines Freundes Klaus aus New York nach Spalt zurück. Artegas Sohn hat sich - wie seine Mutter vor 30 Jahren - wegen einer Erbkrankheit angeblich das Leben genommen. Klaus hatte seitdem versucht, die LSD-Mixtur zu rekonstruieren, die sein Vater erfunden hatte und vom US-Militär als Waffe verfeinert worden war, und dessen Rezept seit Artegas Tod verschollen ist.

Kurz vor der Beerdigung der Bierbaronin war auch die zur „Hopfenkönigin“ gewählte Sandy Baker wie vom Erdboden verschluckt. Die lebenslustige Tochter der örtlichen Grundschullehrerin und eines US-Soldaten war Artegas Gespielin und Erbin. Ihr Skelett wurde bei der Öffnung des Familiengrabes zu Klaus’ Beerdigung ausgegraben.

Damit beginnt die Ermittlung von Dr. Jens Hauser und seiner Assistentin Olivia, die bald selbst zu Gejagten einer Drogen-Connection aus US-Militärs und -Geheimdienstlern und mafiösen Schmugglern werden. Über Berlin und New York verfolgen sich Täter und Ermittler bis nach Kuba, wo es auf dem Meer vor dem Foltergefängnis in Guantánamo zum Showdown kommt. Dr. Hauser erhält dabei Unterstützung von seinen früheren Geheimdienstkumpels und einer Gruppe von Senioren aus Schlesien, die bei der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg das jüdische Mädchen Artega aufgegabelt und mit nach Kelheim gebracht hatten. Später hatte sie den Spalter Brauereichef geheiratet.

Der Bogen von der Vertreibung aus Schlesien bis nach Kuba lässt schon vermuten, dass die „Hopfenkönigin“ nicht als Regionalkrimi gedacht ist. Wie die Autorin, die in München lebt und ihre Bücher unter dem Namen Cindigobook mit ihrem Mann Philip selbst verlegt, im Gespräch mit der RHV erläuterte, ist der Bezug zur Vertreibung der Schlesier Teil ihrer Familiengeschichte. Ihre Urgroßmutter hat den Weg bis nach Kelheim miterlebt.

Künstlerisch aufgepeppt

Dass Jens in der „Hopfenkönigin“ in Spalt landete, ist dem Wunsch ihrer Freundin Birgit Meyer geschuldet, die von der Hopfenstadt aus Bücher, Karten und schöne Dinge vertreibt - und auch den Verlag Cindigo vertritt. Bürgermeister Udo Weingart, der bei Fragen zur Brauerei aufgeschlossen Antworten gab, wurde als Typ in die Geschichte eingebaut; die Schilderungen über die Kleinstadt und ihre wilden Partys sind mit viel künstlerischer Freiheit aufgepeppt.

Die Botschaft des Buches, dass Deutschland sich von seinen Besatzern und dessen Geheimdiensten endlich emanzipieren soll, ist auch an Freunde aus Übersee gerichtet, die den politischen Zustand ihres Landes, die Bevormundung anderer Nationen und etwa den NSA-Skandal ganz anders wahrnehmen als hierzulande. Für sie hat Nicole Joens zwei sehr symbolträchtige Szenen eingebaut. Zunächst eine Flucht durch ihr ehemaliges College in Manhatten, bei der sie einem „Homeland Secret Service“ die Nase drehen. Schließlich ein Vatermord, bei dem einer der Drahtzieher des Drogengeschäftes ausgeschaltet wird.

Blutrausch unterm Spalter Vollmond in neuem Joens-Krimi

Ob Frauen besser morden, ist dem Geschmack des Lesers überlassen. Die „Hopfenkönigin“ ist eine äußerst dichte Geschichte mit vielen politischen, auch tagespolitischen Statements, die ihre Spannung nicht aus Gewaltszenen zieht. Unter Verdacht, besonders blutrünstig zu sein, steht Nicole Joens ohnehin nicht. Momentan streitet sich die Drehbuchautorin mit dem ZDF in letzter Instanz vor dem BGH. Sie war vom „Staatsfernsehen“, wie sie das Zweite und die ARD einordnet, mit dem Vierteiler „Herzblutlinde“ beauftragt worden. In die Dreigenerationen-Geschichte am Chiemsee baute sie nach Auffassung der Fernsehleute ein paar Morde zu wenig und einen Rabbiner zu viel rein. Eine Bevormundung, die gang und gäbe sei, sie sich aber nicht bieten lassen wollte. Dabei war die Münchnerin bislang recht gut im Fernsehgeschäft dabei. Unter ihrem Mädchennamen Nicole Houwer schrieb sie an Publikumsrennern wie „Am liebsten Marlene“, „Forsthaus Falkenau“, „die Rettungsflieger“ und „Marienhof“ mit.

In Spalt wird Nicole Joens spätestens im Frühjahr wieder auftauchen zu zwei Lesungen im Hopfenmuseum. Die Termine stehen noch nicht fest. Könnte sein, dass dann ihre Roman-Figur Jens schon ein Spalter ist. Der hat nämlich mit Artegas Tochter Lotti in seinem LSD-Rausch einen Sohn gezeugt, den sie zur Adoption freigegeben und dem Vater bis zur Lösung des Falles verheimlicht hatte.

Ob die durch den Filmriss beendete Beziehung wieder aufflammt, wird im dritten Teil namens „Isisblüte“ stehen, der im Herbst 2015 erscheinen wird. Die Reise führt dann in die Schweiz, wo Sohn Frieder aufgewachsen ist.

„Hopfenkönigin“ von Nicole Joens. Broschiert: 352 Seiten. Verlag: CINDIGObooks. 14,99 Euro. ISBN-10: 3944251261; ISBN-13: 978-3944251264.

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