Burgfest-"Spießer" sind gerüstet

31.7.2014, 17:19 Uhr
Burgfest-

© Foto: oh

Hätte Hans-Peter Mattausch, Präsident der süddeutschen Arbeitsgemeinschaft historischer Kinder- und Heimatfeste, mit seiner Kritik hinterm Berg gehalten, wäre es vielleicht nie soweit gekommen. Doch Mattausch mäkelte offen und konstruktiv: Der Hilpoltsteiner Festzug sei ja ganz schön, doch hapere es für seinen Geschmack ein wenig an wehrhaftem Personal.

Ein bisschen Harnisch und ein paar Waffen dürften’s ruhig sein, befand der Experte in 2009. „Seitdem hat das in uns gearbeitet“, verrät Petra Tratz, die Seele der Kleiderkammer – und erntet dafür ein zustimmendes Nicken von ihrer Mitstreiterin Christine Kronast-Sinabell.

Dass eine „Bürgerwehr“ als Gewinn fürs Hilpoltsteiner Burgfest durchgehen musste, war der textilen Kunsthandwerkerin alsbald klar. Denn Kronast-Sinabell kannte die alten Stiche, die historischen Gemälde. Sie wusste: „So eine Wache ist eine lustige, nett anzusehende Truppe“. Überzeugungsarbeit brauchte es somit im Burgfestausschuss nicht. Die Burgfest-Bürgerwehr? Eine Frage der Zeit. Doch weil die Freiwillige Feuerwehr Hilpoltstein naturgemäß eine Truppe der schnellen Sorte ist, verkürzte man das Warten aufs Novum. Unbewusst. In Hilpoltsteins Wehrleuten, die seit Jahrzehnten die Eingänge zum Festspielgelände okkupieren, um dort in Zivil die obligaten Passier-Abzeichen an die Schaulustigen zu verkaufen, war nämlich zeitgleich ein Wunsch erwacht. „Wir würden auch gerne historisch angezogen sein“, blickt Melanie Flierl, stellvertretende FF-Vorsitzende, auf’s vergangene Jahr zurück.

Gewünscht, gehandelt. Denn „das Anliegen der Feuerwehr hat natürlich wunderbar zu dem gepasst, was wir sowieso irgendwann einmal machen wollten“, fasst Petra Tratz zusammen.

Umso mehr, als eine „Bürgerwehr“ im Hilpoltstein des Jahres 1606 tatsächlich verbürgt ist. In dieser Zeit sei es nämlich üblich gewesen, dass man mit dem Bürgerstatus nicht nur Rechte und Freiheiten, sondern zugleich Pflichten gegenüber seiner Stadt erwarb. Etwa die Verpflichtung zum Wach- und Brandschutzdienst. So gesehen, meint Melanie Flierl, kehrten die Floriansjünger nun „zu ihren Wurzeln zurück“.

Nach historischem Vorbild

Das Kuriose an der Sache damals: Die Bürger mussten sich selbst für diese Aufgabe rüsten – sowohl was Bewaffnung, als auch Kleidung betraf. Sprich: Im späten 16. und beginnenden 17. Jahrhundert gab es keine Uniformierung „und so trug man halt, was man so besaß“, erklärt Christine Kronast-Sinabell — der es mächtig in den Fingern gejuckt haben musste.

Denn was es hier in Szene zu setzen galt, war freilich eine Herausforderung für die ausgebildete Modedesignerin. Die machte sich auch alsbald daran, individuelle Schnittpläne zu acht unterschiedlichen Kostümen zu erstellen. Nach authentischem Vorbild, versteht sich. „Weil, wenn wir schon versuchen, historisch zu sein, dann richtig“, lautete die Maxime.

Geflickt und zugenäht wurden die Unikate ebenfalls von Damenhand – und zwar dort, wo in der Hauptsache Männer das Regiment führen: im Hilpoltsteiner Feuerwehrhaus. An fünf Abenden (und bisweilen auch darüber hinaus) trafen sich elf Frauen aus den Reihen der Wehr, die sich einig waren: „Das kriegen wir hin!“

Jeweils zwischen 18 und 23 Uhr wurden zu diesem Zweck Nadel wie Faden geschwungen. „Da war aber nix mit Kaffeetrinken, da ist gearbeitet worden“, lobt Flierl „ihre“ emsige Mannschaft, innerhalb derer sich „so manches versteckte Talent“ entdecken ließ.

Der Einsatz hat sich also gelohnt. Wenn am Sonntag das Burgspiel über die Marktplatz-Bühne geht, dann sehen dem quirligen Treiben auch acht bunte „Spießbürger“ zu, deren Spieße übrigens von Hand gezimmert sind. Die „Berüstung“ sei „dank einer großzügigen Spende“ möglich geworden, erläutert Petra Tratz. So ausstaffiert, werden die Feuerwehrler nun das verkörpern, was sie ohnehin schon sind: Hüter zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“, wie’s in der altehrwürdigen Siegertchronik heißt. Echte „Spießer“ eben...

Keine Kommentare