Dann lieber "dreckiger Fußball"

25.4.2014, 00:00 Uhr
Dann lieber

© Ina Fassbender/REUTERS

Christian Stigler ist seit Jahrzehnten Club-Fan, besitzt eine Dauerkarte und war auch am Ostersonntag bei der 1:4-Niederlage gegen Bayer Leverkusen im Stadion. Die zweite Hälfte, als das Spiel der Nürnberger komplett auseinander brach, hatte nicht mehr viel mit Bundesliga-Fußball zu tun - so die Einschätzung des Trainers der DJK Weinsfeld, die aktuell auf dem vorletzten Platz der Kreisklasse Süd rangiert. "Nach dem Spiel habe ich schon damit gerechnet, dass die sportliche Führung des FCN jetzt reagiert", erzählt Stigler. Gertjan Verbeek sei mit Sicherheit kein schlechter Trainer, aber in dieser Situation vielleicht doch nicht der richtige.

Besser die Abwehr stabilisieren

Stigler selbst kann dagegen in Weinsfeld nach wie vor auf den Rückhalt der Vereinsspitze und seiner Mannschaft bauen, zumal den DJK-Kickern am Ostermontag mit dem 4:0-Sieg im Kellerduell gegen den SV Ochsenfeld ein Befreiungsschlag gelungen ist. "Jetzt geht es wieder in die richtige Richtung", gibt sich der Kreisklassen-Coach zuversichtlich, nachdem seine Schützlinge dem Schlusslicht innerhalb von zehn Minuten vier Tore eingeschenkt hatten.

Dabei hatte sich der ebenfalls von einer langen Liste von verletzten Stammspielern geplagte Christian Stigler im Gegensatz zum geschassten FCN-Coach nach der Winterpause ganz auf die Stabilisierung der Abwehr konzentriert. Mit Erfolg: "In der Vorrunde haben wir 36 Gegentreffer kassiert, in den bisherigen acht Rückrunden-Spielen nur 13", erzählt der Weinsfelder Trainer, der die DJK zum Saisonende verlassen wird und sich natürlich nicht mit einem Abstieg verabschieden will.

Einen Punkt ist Stiglers Team derzeit vom rettenden Ufer entfernt, und der Klassenerhalt ist seiner Überzeugung nach für seine "enorm trainingsfleißigen" Schützlinge ebenso machbar wie für den 1.FC Nürnberg der Sprung auf den Relegationsplatz. Aber dafür müsse man die Spielweise den personellen Realitäten anpassen: "Was nützt es mir, wenn ich vorne zwei schieße und hinten vier reinkriege?", fragt der Weinsfelder Übungsleiter und hofft, dass die jetzigen Nothelfer Roger Prinzen und Marek Mintal nochmal einen entscheidenden Impuls setzen können.

Dass so ein Wechsel im Abstiegskampf nicht verkehrt sein muss, das sieht man nach Ansicht von Stephan Handl am VfB Stuttgart. Da lasse Huub Stevens nun "dreckigen Fußball" spielen, und der Erfolg gebe ihm recht, meint der Spielertrainer des SV Großweingarten, dessen Mannschaft aktuell zwei Punkte von den Abstiegsrängen der Kreisliga West entfernt ist.

Angeblich habe in Nürnberg zuletzt auch die Kommunikation zwischen dem Trainer und den Führungsspielern nicht mehr gestimmt, und dann werde natürlich auch das ganze Umfeld unruhig. "Da stehen die Fans dann nicht in der Nordkurve und rufen: ,Hurra, wir spielen schönen Fußball und gehen damit in die 2. Liga‘", weiß Handl, dessen Mannschaft sich in der vergangenen Saison in spektakulärer Manier aus dem Abstiegssumpf befreit hatte. Man müsse seinen Spielern in solchen Situationen auch immer wieder vermitteln, dass man Vertrauen in sie habe, weiß der Großweingartener Coach, der den Charakter seiner Schützlinge denn auch über den grünen Klee lobt.

Trotzdem wird sich Stephan Handl nach drei Jahren vom SV Großweingarten verabschieden – auch deshalb, weil es nach einer so langen Zeit schwierig werde, die Spieler immer wieder neu zu motivieren. Vor allem jene, die oft auf der Ersatzbank sitzen müssen. "Ein neuer Trainer bringt da einfach wieder neuen Schwung rein", glaubt der SVG-Coach, der im Abstiegskampf vor allem die Ruhe bewahren will. Auch wenn es gegen die nächsten schweren Gegner Niederlagen setzen sollte, dürfe man nicht nervös werden.

Nur nicht nervös werden

Nervös ist man anscheinend auch beim TSV Katzwang noch nicht übermäßig, auch wenn die Mannschaft aktuell auf dem vorletzten Tabellenplatz der Bezirksliga 2 rangiert. "Da haben Sie aber ein Timing, ich hatte vorgestern ein Gespräch mit meinem Vorstand", sagt Trainer Steffen Kircheis. Ein Gespräch mit seinem Vorstand hatte Gertjan Verbeek am Dienstag auch. Deshalb die vorsichtige Nachfrage: "Sind Sie entlassen worden, Herr Kircheis?" Ist er glücklicherweise nicht. "Ich werde auch nächstes Jahr den TSV trainieren", sagt er, "darauf haben wir uns geeinigt, unabhängig von der Liga."

So geht es also auch. Es gibt weitere Parallelen zum Club. Auch in Katzwang fehlen viele Stammkräfte. "Da wird es dann schwierig", sagt Kircheis. Seine Lösung ist allerdings anders als bei Verbeek. "Man muss so spielen lassen, wie es die Mannschaft kann."

Der Trainer, sagt Kircheis, muss sich auch mal zurücknehmen, auf seine Idee vom schönen Spiel verzichten. "Die zweite Garnitur beim Club ist einfach nicht bundesliga-tauglich", sagt Kircheis, "aber trotzdem darf man als Trainer nicht beratungsresistent sein." Also redet er mit seinen Spielern — und hat noch einen Vorteil gegenüber dem 1. FCN erkannt: "wir haben noch acht Spiele, um den Abstieg zu vermeiden."

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