Demente in der Klinik

19.9.2017, 17:49 Uhr
Demente in der Klinik

© Tobias Tschapka

Dazu zählten Angehörige, Klinikpersonal, ehrenamtliche Demenzbegleiterinnen und Unterstützer wie der Förderkreis der Kreisklinik Roth. Die Veranstaltung wurde moderiert von Günter Wittmann, für die musikalische Umrahmung sorgte das Doppelquartett des Gesangverein "Fidelio".

Landrat Herbert Eckstein, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreisklinik ist, berichtete von persönlichen Erfahrungen mit Demenzkranken aus der Familie und den damit verbundenen Stress für alle Beteiligten. "Zwar sind an Demenz erkrankte Menschen in der Bevölkerung inzwischen viel besser akzeptiert als früher, aber man muss das selbst erleben, um sich das richtig vorstellen zu können", so Eckstein.

Wenn demenzkranke Menschen ins Krankenhaus müssten, sei nicht nur qualifiziertes Personal, sondern auch eine vertraute Begleitperson wichtig, um den Patienten in der ihnen ungewohnten Umgebung zu unterstützen. In diesem Zusammenhang zollte er auch den zum Teil anwesenden ehrenamtlichen Demenzbegleiterinnen, die seit 2012 in der Kreisklinik Roth im Einsatz sind, seine Hochachtung.

Auch Werner Rupp, Vorstand der Kreisklinik, berichtete über persönliche Erfahrungen mit Demenzkranken aus seiner Familie. Die Angehörigen stünden auch nachts vor großen Herausforderungen bei der häuslichen Pflege. "Aber im Krankenhaus hat eine Nachtschwester nicht nur einen Patienten zu betreuen, und statistisch gesehen haben acht Prozent aller Patienten im Krankenhaus die Nebendiagnose Demenz", so Rupp. Da sei es nicht immer leicht, den hohen Anspruch des Krankenhausleitbildes einzuhalten, das nichts nützen würde, "wenn es nur im Prospekt steht". Daher müsse man sich den Bedürfnissen, der Persönlichkeit und der Individualität eines jeden Patienten noch viel stärker widmen. "Das erreicht man mit Zuneigung, Zeit und fachliche Qualität, und bis das Früchte trägt, ist das mit großen Mehraufwand verbunden."

Dabei könnten die Klinikmitarbeiter mit Recht Hilfestellung erwarten. Noch besser sei es jedoch, dass die Gesellschaft endlich mehr Anstrengungen unternimmt, Demenzkranke nur ins Krankenhaus einzuliefern, wenn das aus medizinischer Sicht unumgänglich ist. Es bedeute für sie immer Stress, wenn sie ihre gewohnte Umgebung verlassen müssen. "Der Grundsatz ambulant vor stationär muss endlich ernst genommen und umgesetzt werden", forderte der Klinikchef.

Anschließend hatte Gerhard Wagner, der Geschäftsführer der Alzheimer Gesellschaft LV Bayern, aufrüttelnde Zahlen. So gäbe es in Deutschland derzeit etwa 1,6 Millionen Menschen mit Demenz, von denen rund 70 Prozent zu Hause leben, und zwei Drittel davon von Laien versorgt werden. In Pflegeheimen betrüge der Anteil von Menschen mit Demenz gar 60 bis 80 Prozent, und in Kliniken haben 40 Prozent der über 65-Jährigen kognitiven Beeinträchtigungen dieser Art. "Bis 2060 rechnen wir mit einer Verdoppelung der Anzahl der erkrankten Menschen", machte Wagner die Dringlichkeit des Themas deutlich, betonte aber auch, dass Demenz nicht mit "Vergesslichkeit, wenn man älter wird", zu verwechseln sei. "Demenz ist, wenn man die Kontrolle über sein Leben zu verlieren beginnt", so Wagner, und das sei natürlich auch besonders schlimm für die Angehörigen, die "ihren Partner verlieren, der noch am Leben ist".

Wie zum Teil verzweifelt in seiner Zeit als Schüler mit Demenzkranken aus Unwissenheit umgegangen wurde, darüber berichtete Pflegedienstleiter Dieter Debus, der auch betonte, dass der Abschluss des Projekts keinen Schlusspunkt unter das Thema setzten würde, dafür würde nicht zuletzt der "Motor" des Projekts, seine Stellvertreterin und Projektkoordinatorin Bettina Honeiser sorgen. Im Rahmen des Projekts sei unter anderem mit der Unterstützung des Förderkreises aus einem ehemaligen Raucherzimmer eine "Plauderstube" mit alten Möbeln und seniorengerechten Spielen entstanden. Eine sehr große Rolle würden auch die 40 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Personals spielen, darunter 17 ausgebildete Demenzbegleiterinnen. "Außerdem habe man sechs zu Demenzberatern fortgebildete Pflegekräfte sowie zwei gerontopsychiatrische Fachkräfte. Dennoch würde das nicht reichen. Deshalb wünsche man sich auch noch zwei dringend benötigte hauptamtliche Betreuungsassistenten für Demenzerkrankte.

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