Die Passion aus der Perspektive des Gekreuzigten

11.3.2014, 00:00 Uhr
Die Passion aus der Perspektive des Gekreuzigten

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Die erste Predigt übernahm Stefan Weyergraf selbst. Auslöser für seine Passion war ursprünglich der Irak-Krieg. Damals wie auch heute ist die Welt von Grausamkeit und Gewalt beherrscht. Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine haben bereits ihre ersten Opfer gefordert. So zeichnet Weyergraf die Ereignisse um Jesus als Geschichte eines Menschen, der dieser Gewalt ausgeliefert war und ihr auf seine Weise widerstanden hat.

Das Besondere an seinen Bildern aber ist, dass Jesus auf keinem zu sehen ist. Der Altar war mit dem Bild der Fußwaschung geschmückt. Hier wird aus Sicht von Weyergraf die Grundeinstellung des Herrn deutlich. Jesus lehnt jede Art von Gewalt ab. Vielmehr versteht er sich als Diener der Menschen. Dies verdeutlicht sich, in dem er seinen Jüngern die Füße wäscht. Jesus nutzt seine Macht nicht aus, sondern steht seinen Peinigern ohnmächtig gegenüber.

Zeichen der Ohnmacht

Das Bild der Fußwaschung kann somit auch als Zeichen der Ohnmacht gedeutet werden. Es ist eines der jüngsten im Passionszyklus. Auch Papst Franziskus ist darin zu finden. Er hat gerade im ersten Jahr seiner Amtszeit deutlich gemacht, dass die Kirche nicht weiter als mächtige Instanz auftreten darf, sondern sich vielmehr den armen und Kranken widmen muss und im Dienst der Gläubigen zu stehen hat.

Unmittelbar nach der ersten Fastenpredigt wurde im Bunker die Ausstellung „Augenblicke X Passion“ eröffnet. Die 24 Bilder, die Stefan Weyergraf großformatig malte, zeigen den Leidensweg Christi auf wohl revolutionäre Art und Weise. Der gelernte Theologe stellt dabei nicht Jesus in den Mittelpunkt, sondern das, was um ihn herum geschieht. Die Passion wird aus den Augen des Gekreuzigten selbst inszeniert. Weyergraf gibt in seinen farbgewaltigen Kunstwerken einen Einblick darüber, wie Jesus die Ereignisse wahrgenommen haben könnte. Neigt er den Kopf oder fällt er unter der Last des Kreuzes zu Boden, so ändert sich auch die Perspektive des Bildes. Extrem wird es, wenn Jesus nahezu am Boden liegt und an das Kreuz geschlagen wird. Der Horizont kippt, die Sicht ist verdreht, es zeichnet sich eine verkehrte Welt.



Weyergraf vollzieht mit seiner Passionsdarstellung einen Paradigmenwechsel. Jesus steht auf einmal am Rand des Geschehens oder besser gesagt auf der Seite des Betrachters. Er steht auf der Seite des Menschen und blickt erschreckt auf das Böse. Das Bemerkenswerte aber ist, dass damit ein wesentliches Element des Glaubens untermauert wird: Gott ist immer bei uns.

Die Ausstellung ist während der Fastenzeit zu sehen. In den Fastenpredigten an den Samstagabenden werden Gastprediger ihre Sichtweise zu den Passionsbildern, die 2011 für den „Jugendkreuzweg“ deutschlandweit veröffentlicht wurden, schildern.

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