Die Tulpe aus der Türkei

28.6.2015, 17:38 Uhr
Die Tulpe aus der Türkei

© Foto: Robert Unterburger

Karin Duman-Geiß, die Leiterin der VHS Roth, freute sich über die enorme Resonanz und beschrieb die drei Teile der Ausstellung: „Die Spuren der Türken in Deutschland“, „Die Spuren der Deutschen in der Türkei“ und „50 Jahre Türken in Roth“.

Die VHS-Leiterin erinnerte an große Veranstaltungen in Roth, mit denen die deutsch-türkische Freundschaft in den zurückliegenden Jahren gepflegt wurde: die Veranstaltung „50 Jahre deutsch-türkische Freundschaft“ in der Kulturfabrik, der deutsch-türkische Unternehmertag seit 2014, das große Iftar-Essen am Rother Marktplatz mit deutschen Gästen, das weitergeführt werden soll, aber auch Kochkurse und Theater förderten das gegenseitige Verständnis. „Ich danke allen, die diese Freundschaft pflegen und unterstützen.“

„Ich freue mich, dass auch eine große Delegation aus der Türkei gekommen ist“, sagte Bürgermeister Ralph Edelhäußer, einer der beiden Schirmherren der Ausstellung. Er erinnerte daran, dass Roth schon vor Jahrhunderten Menschen Asyl gewährt habe und nach dem Zweiten Weltkrieg viele Vertriebene aus dem Sudetenland und Schlesien aufgenommen habe.

„Wir sind eine große Gemeinschaft in der Stadt Roth“, so Edelhäußer, er erhoffe sich davon „fachlichen Input aus der Vergangenheit“ und dankte denen, die die Ausstellung „mit Herzblut gestaltet haben“.

„Deutschland und die Türkei haben enge Beziehungen zueinander“, hob Nürnbergs Generalkonsul Asip Kaya hervor, „rund 6000 deutsche Firmen sind in der Türkei tätig“. Die langen Beziehungen der beiden Länder seien wichtig für den Frieden in der Welt. Die Ausstellung zeige neue Aspekte der Beziehungen auf. „Mein Wunsch ist es, dass zwischen Roth und der türkischen Stadt Serik eine Städtepartnerschaft zu Stande kommt“, schloss der Generalkonsul.

Geschätzte Ordnungsliebe

Auch Professor Dr. Ramazan Calik, der zweite Schirmherr der Ausstellung, äußerte die Hoffnung, dass die Stadt Serik mit Roth freundschaftliche Kontakte pflege. Dr. Ramazan Calik lehrt als Professor an der Universität Selcuk und ist Bürgermeister von Serik. „Am meisten gefällt mir die Ordnungsliebe der Deutschen“, schmunzelte er. „Wenn man die Ordnungsliebe der Deutschen mit dem praktischen Denken der Türken verschmelzen würde, wäre das eine tolle Sache.“

Professor Dr. Hartmut Heller (FAU Erlangen) umriss die Historie der deutsch-türkischen Beziehungen. Er spannte den Bogen von Sultan Soliman über die Belagerung Wiens bis hin zu Goethes „Faust“. Es gebe eine lange, dichte Kette deutsch-türkischer Beziehungen, die deutsche „Leitkultur“ sei seit Langem geprägt durch türkische und islamische Einflüsse.

Heller machte deutlich, dass die deutsche Sprache zahlreiche Begriffe und Lehnwörter aus dem arabisch-türkischen Sprachkreis übernommen habe: Flieder, Jasmin, Tulpe, Jogurt, Karussell, Lack, Bronze, Dolmetscher, Admiral, Limonade, Alkohol, Kirsche, Zwetschge und Joppe.

Auch in der deutschen Blasmusik fänden sich arabische Einflüsse. Den Klang der Metallblasinstrumente hätten die deutschen Militärs von den Osmanen übernommen. So sei seit dem 18. Jahrhundert die Blasmusik als „türkische Musik“ bezeichnet worden.

Der Schellenbaum am Glockenspiel sei ebenfalls türkischer Herkunft. „Um 1800 wurden so genannte Türken-Opern in Massen produziert“, berichtete der Experte. Deutsche Komponisten wie Haydn, Beethoven, Mozart („Der türkische Marsch“) oder Carl Maria von Weber hätten türkische Motive verwendet.

Henkellose Tassen

„Der Massenabsatz von Meißener Porzellan ging in Gestalt von henkellosen Tassen ins osmanische Reich“, berichtete Dr. Heller „das Wort `Tasse` und das Wort `Kaffee` kommt ebenfalls aus der arabischen Welt“.

„In unseren Kirchenbüchern finden sich tausende von Biografien, die zeigen, dass es schon im 16. bis ins 18. Jahrhundert Zuwanderungen von Türken nach Deutschland gibt“, sagte er. „Verschleppt wurden Soldaten, Frauen und Kinder. In Deutschland landeten sie in Dörfern, Rittergütern und Residenzen.“

Sie seien fürsorglich behandelt worden mit dem Ziel, sie zu „guten Christen“ zu machen. Sie hätten als „Kammertürken“ in Schlössern gearbeitet und in deutsche Kreise einheiraten können. Als Beispiel nannte Dr. Heller die Gräfin von Castell.

Gedanklicher Vater der VHS-Ausstellung ist der Historiker Dr. Latif Celik. „Dr. Hartmut Heller ist mein Geschichtslehrer“, bekannte er, „die Ausstellung ist ein wichtiger Beitrag, um Toleranz und Verständnis zu fördern.“

Während im Erdgeschoss schwerpunktmäßig großformatige Fotos aus den 1960-er Jahren ausgestellt sind, befasst sich die Kultur-, Geschichts- und Bilderausstellung im ersten Stock des Seckendorffschlosses mit der 250-jährigen Geschichte der deutsch-türkischen Beziehungen. Vor allem die Fotowand „50 Jahre Türken in Roth“ hatte es den Ausstellungsbesuchern angetan. Viele erkannten sich oder Bekannte auf den Fotos und freuten sich über die lebendige Dokumentation, die Erinnerungen wachrief.

Als Gastgeschenk erhielten die deutschen Gastgeber ein Schultertuch mit der Aufschrift „Serik Belediyesi“ sowie türkische Spezialitäten.

Keine Kommentare