Donovan in Roth: (Über-) Dosis Nostalgie einer lebenden Ikone

12.4.2016, 07:39 Uhr
Er war eine Galionsfigur der 68er Generation:  Donovan hat zum Festivalabschluss in Roth die rebellische Stimmung jener Jahre in der Kulturfabrik reaktiviert.

© Hans von Draminski Er war eine Galionsfigur der 68er Generation: Donovan hat zum Festivalabschluss in Roth die rebellische Stimmung jener Jahre in der Kulturfabrik reaktiviert.

Donovan Phillips Leitch aus Glasgow (Schottland), Jahrgang 1946, war seinerzeit eine der wichtigsten Galionsfiguren der 68er Generation. Ein musikalisches Sprachrohr für die noch junge Umweltschutz-Bewegung, ein unermüdlicher Mahner gegen Krieg und Gewalt in der Welt. Seine leisen Lieder wurden zu Hymnen der Blumenkinder, seine Texte zu Kampfparolen einer Jugend, die in keine bewaffneten Auseinandersetzungen mehr ziehen mochte.

Manche Gruppen und Einzelkünstler lösten sich auf oder verstummten, als ihnen klar wurde, dass sie mit ihrer Musik am Elend auf diesem Globus nur wenig ändern konnten. Andere froren sich und ihre Botschaften gleichsam ein, taten so, als hätte es die Siebziger, Achtziger und Neunziger nie gegeben und warteten auf eine Chance zur Rückkehr.

Inzwischen darf man wieder mit "Atomkraft? Nein danke!"-Aufklebern auf dem Auto herumfahren – und auch die kritischen Balladen Donovans haben in der kompliziert gewordenen Welt des Jahres 2016 erneut Konjunktur. Wenn er den "Universal Soldier" besingt, dem die Gesellschaft endlich das Kämpfen verbieten soll, wenn er die Erinnerung an den untergegangenen Kontinent "Atlantis" als Parabel auf die von innen marode werdende Gesellschaft der Gegenwart beschwört oder wenn er ganz einfach nach dem "Hurdy Gurdy Man" ruft, der es richten soll, dann haben diese gut 50 Jahre alten Nummern fast erschreckende Aktualität. Das ist auch dem Künstler klar, der mit untergeschlagenen Beinen auf einem Schaffell sitzt, die Klampfe in der Hand, "weil unser aller Musikerkarrieren so angefangen haben", wie er sich mit wehmütigem Lächeln erinnert.

Donovan ist eine lebende Ikone

Dass es an diesem Abend in der ausverkauften Kufa fast ausschließlich Stücke von den ersten beiden Donovan-Alben aus der Mitte der 1960er Jahre sein müssen, versteht sich beinahe von selbst. Schließlich will der knapp 70-Jährige bei sich und seinen Altersgenossen (die auch den Löwenanteil der Konzertbesucher stellen) den Zeitgeist von damals wecken, die rebellische Stimmung jener Jahre wenigstens in der Phantasie noch einmal reaktivieren, das Lebensgefühl der Epoche für ein paar Lieder, ein paar Geschichten zurück holen.

Das gelingt, weil die Fans mit Donovan in Ehren ergraut sind und ihren Helden von einst nie vergessen haben. Da macht es auch wenig, wenn die immer noch unverwechselbare Stimme manchmal wackelt, wenn die Bühnenerfahrung aus fünf Jahrzehnten verloren gegangenen Höhenglanz und altersbedingt nicht mehr gegebene Intonationssicherheit ersetzen muss.

Donovan ist eine lebende Ikone und das weiß er auch. Deshalb verabschiedet er sich augenzwinkernd mit seinem wohl größten Hit: "Mellow Yellow" ist heute noch ein Ohrwurm, der sich auf  dem Weg zurück ins Hier und Jetzt gut summen lässt, um die Dämonen des Alltags zu vertreiben.
 

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