Ein Dorf schafft sich Segen an

18.9.2015, 17:30 Uhr
Ein Dorf schafft sich Segen an

© F: dg

Das kleine und schmucke Kirchlein, das auf einer Anhöhe des Rezattales thront, ist die geistige Heimat der evangelischen Gemeindeglieder aus Bernlohe, Unter- und Oberheckenhofen. Immer wieder aber kommen auch Gäste aus der Stadt Roth hinzu, die die familiäre Atmosphäre zu schätzen wissen. Selbst die katholischen Gemeindeglieder halten dort Gottesdienste ab.

Im Festgottesdienst wurde auch an die Nachkriegszeit erinnert, als es in Bernlohe noch keine Kirche gab. Wer also einen Gottesdienst besuchen wollte, musste in aller Regel zu Fuß oder mit dem Fahrrad ins rund sechs Kilometer entfernte Roth. Autos gab es zu dieser Zeit nur wenige. Lediglich alle drei Wochen fanden Bibelstunden im Dorf statt. Dies alles ließ Hugo Karl Schmidt, der damalige Sprengelpfarrer aus Roth, ins Grübeln geraten. Und er hatte einen Gedanken, in Bernlohe ein Kirchlein für seinen Sprengel, dazu gehörten auch Ober- und Unterheckenhofen, zu errichten. Nun, ganz so freudig wurde diese Idee nicht von allen Dorfbewohnern und Vorgesetzten aufgenommen. Die Kritiker führten vor allem finanzielle Gründe vor: „Wer soll das bezahlen?“ Die Zurückhaltung fußte auch auf der Meinung, dass die drei Orte zu klein für eine eigene Kirche sein könnten.

Der damalige Dekan Giese jedoch unterstützte das Ansehen des Sprengelpfarrers. Als Babette Volkert zum Bau eines Kirchleins ein Grundstück oberhalb der Lammwiese am Berg, auf dem bislang abwechselnd Roggen und Kartoffeln angebaut wurden, stiftete, nahm das Vorhaben Fahrt auf. Pfarrer Schmidt blieb die treibende Kraft. Aber auch am Ort wuchs die Bereitschaft zur Mithilfe am Bau. Eine echte Unterstützung war, dass Bernloher Bauern das Bauholz zur Verfügung stellten. Der Bau wurde schließlich zu einem gemeinsamen Projekt des ganzen Dorfes. Wo es an Geld fehlte, erinnerte sich der frühere Regionalbischof Dr. Karl-Heinz Röhlin in der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Kirche, wurde das durch umso mehr Eigenleistungen wettgemacht. Und die Familie Schlenk-Barnsdorf stiftete zudem die Glocke.

Die Grundsteinlegung des heutigen Bernloher Wahrzeichens erfolgte am 7. November 1954. Die feierliche Einweihung wurde am 18. September 1955, „ein wunderschöner Herbsttag“, vorgenommen. Pfarrer Schmidt freute sich, dass sich fortan ein reges kirchliches Leben entwickelte. Sorgte zunächst ein Harmonium für die musikalische Begleitung der Kirchenlieder, so erklang im September 1959 eine eigene kleine und fest eingebaute Orgel.

Alle zwei Wochen finden derzeit Gottesdienste der evangelischen Kirchengemeinde in diesem schmucken Kirchlein statt. Zu den Besonderheiten der Hauptgottesdienste zählt, dass Taufen ein Bestandteil sind. Damit soll anschaulich gemacht werden, dass die Taufe nicht nur ein Familienfest, sondern ein Ereignis für die gesamte Gemeinde ist.

Stand das Gotteshaus anfangs noch alleine in der Flur, so wuchs das Dorf in den vergangenen Jahrzehnten zu „seiner Kirche“ hin und entwickelte sich.

Um den wachsenden Raumbedarf auch außerhalb der Kirche Rechnung zu tragen, wurde 1983 zusätzlich ein Gemeindehaus neben der Kirche errichtet. Auch hier leisteten die Gemeindeglieder ein hohes Maß an Eigenleistungen. 2004 fanden unter Federführung des damaligen Sprengelpfarrers Dr. Karl Eberlein umfangreiche Renovierungsarbeiten in der Kirche statt. Der Fußboden wurde erneuert, die Beleuchtung erweitert, die Heizung saniert und die Außenfassade repariert.

Dr. Karl Eberlein hat zum 50-jährigen Bestehen des Kirchleins angemerkt, dass dieses Bauwerk eine Besonderheit auszeichnet. Es hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Kirchen und Kapellen, wie man sie im Bereich der orthodoxen Kirche, etwa in Griechenland, kennt. Tatsächlich hatte der inzwischen verstorbene Architekt Hermann Liersch eine Vorliebe für den griechischen Kulturraum. Mit dieser baulichen Eigenart wird somit ein Stück Verbundenheit der heimatlichen Kirche mit der Christenheit jenseits des mitteleuropäischen Kulturraumes zum Ausdruck gebracht.

Und am Rande bemerkt: Am Tag nach der feierlichen Einweihung der Bernloher Kirche, am 19. September 1955, erblickte Ursula Traxler das Licht der Welt. Die Büchenbacherin ist seit 1972 die Organistin der Bernloher Kirche.

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