Eine (Feuerwehr-)Frau steht ihren (Feuerwehr-)Mann

11.3.2016, 18:52 Uhr
Eine (Feuerwehr-)Frau steht ihren (Feuerwehr-)Mann

© Foto: Tobias Tschapka

Typisch Mädchen? „War ich nie!“, sagt Melanie Flierl über Melanie Flierl. Motorradfahren, Lkw-Führerschein machen, ein Boot steuern. Sowas, ja. „Aber mir wär’ zum Beispiel nicht in den Sinn gekommen, reiten zu gehen“. Stattdessen sollte es die Feuerwehr sein. Obwohl das damals, in den 1990er Jahren, reine Männersache war. Egal!

„Melanie ist stur“. Das weiß keiner besser als der Hilpoltsteiner FF-Kommandant Jürgen Flierl, Melanies Ehemann. „Wenn die sich was in den Kopf setzt, dann zieht sie’s durch“, urteilt er anerkennend. Das sei schon immer so gewesen.

Schon als Teenager Pionier

Muss wohl. Denn als Melanie Flierl, geborene Gaukler, gemeinsam mit einer Freundin beschließt, der örtlichen Feuerwehr im Jahr 1990 als weiblicher Pionier beizutreten, ist das Erstaunen groß. Man(n) muss zunächst darüber abstimmen und lässt die beiden 14-jährigen Damen schließlich „auf Probe“ rein. „Wahrscheinlich auch bloß, weil unsere Väter aktiv in der Feuerwehr mitgemischt haben“, mutmaßt Melanie Flierl.

Es war einmal... - Heute, so betont Kreisbrandrat Löchl, steige die Zahl von Frauen innerhalb der Feuerwehr kontinuierlich an. Noch ist im Landkreis die 500er-Marke nicht geknackt (derzeit sind es 474). Allzu lange sollte es aber nicht mehr dauern, heißt’s allenthalben. Ein Scherflein zu dieser Entwicklung hat sicher auch die seinerzeitige Ambitioniertheit eines dickköpfigen Teenagers beigetragen...

Denn Melanie Flierl machte weiter. Sie durchlief die obligatorische Grundausbildung eines Feuerwehranwärters bei der Freiwilligen Feuerwehr Hilpoltstein. Unter Männern. Sie nahm an Übungen und Jugendleistungsprüfungen teil. Unter Männern. 18-jährig wurde sie gar als „Feuerwehrmann“ verpflichtet.

Ein Problem mit dieser sprachlichen Konvention? Nein, das hätte sie zu keiner Zeit gehabt — und wolle auch in ihrer neuen Funktion „nicht daran herumdoktern“. Ob als Feuerwehrmann oder Feuerwehrfrau - „wichtig ist doch, dass im Einsatzfall geholfen wird!“, lautet ihr Credo, das mittlerweile mit mehreren bayerischen Leistungsabzeichen dekoriert wurde.

Josef Gruber, lange Jahre Hilpoltsteiner Kommandant und Kreisbrandmeister, nickt beifällig. So kenne er Melanie: „Nicht herrisch, sondern zielstrebig und dabei immer diplomatisch motivierend – locker aus der Hüfte raus.“ Deshalb sei er gewiss, dass sein erster weiblicher Schützling das Kreisbrandmeisteramt souverän ausfüllen werde.

Hoffnungsfroher Blick

Bis zur Rente übrigens! Denn die Einsetzung in eine Stabsstelle der Feuerwehr „ist nicht zeitlich befristet“, erklärt Melanie Flierl. So oder so schaut die 40-Jährige hoffnungsfroh in diese Zukunft – obschon sie eigentlich kein Mensch sei, „der gerne im Mittelpunkt steht. Lieber arbeite ich im Hintergrund“.

Gleichwohl könne sie sich nun verstärkt ihrem „Steckenpferd“ widmen: der Brandschutzerziehung. Die hat Melanie Flierl nämlich auf die Beine gestellt, als sie wegen ihrer drei Söhne — inzwischen 15, zwölf und sechs Jahre jung — zu Hause geblieben war. Der aktive Feuerwehrdienst hing derweil am Nagel. Also begann die junge Mutter damit, ein pädagogisches Konzept zu basteln, um das Thema „Brandschutz“ sowohl Kindergarten- als auch Grundschulkindern ans Herz legen zu können. „Hab’ ich mir ein bisschen bei der Berufsfeuerwehr Nürnberg abgeschaut“, gesteht Melanie Flierl gerne.

Überzeugendes Engagement

Denn mittlerweile ist ihr Programm in und um Hilpoltstein herum Standard. Kita- wie Grundschulpädagogen kommen regelmäßig auf sie zu. Gerade solches Engagement konnte Kreisbrandrat Werner Löchl überzeugen: „Melanie Flierl hat die Brandschutzerziehung bei uns etabliert“. Drum soll die neue Fachbereichs-KBM diesen Sektor jetzt landkreisweit auf eine breite Basis stellen - neben ihrer Rolle als Frauenvertretung.

Alles in allem sei der Flierl’sche „Aufgabenkatalog“ bereits angefertigt, erklärt Löchl. Und zwei Einladungen für seine frischgebackene „Frauenbeauftragte“ wären ihm auch schon auf den Schreibtisch geflattert. Melanie Flierl will das Ganze jedoch „langsam angehen, nicht gleich die Welt auf den Kopf stellen“. „Reinwachsen“ laute die Devise, gesteht ihr KBR Löchl freilich zu.

Dass der Job dennoch stressig werden könnte, hat die gelernte Floristin durchaus auf dem Schirm. Sie mache sich da nichts vor. „Bis zu 250 Termine pro Jahr“ seien bei ihm schon mal zusammengekommen, hat ihr Josef Gruber aus seinen Kreisbrandmeister-Zeiten vorgerechnet. Doch das schreckt sie kaum. „Meine Frau ist ein Teamplayer“, verrät Ehegatte Jürgen das Geheimnis ihrer Gelassenheit. Soll heißen: Sie packe Dinge lieber miteinander als alleine an.

Dabei steht auch für Melanie Flierl klar im Vordergrund: „Brandschutzerziehung in Kindergärten wie Schulen soll gut ausgestattete Normalität im ganzen Landkreis werden“.

Und Frauen für die Feuerwehr motivieren — das wolle sie zudem, klar. „Da trägt inzwischen auch die Jugendarbeit ganz viel bei“, kann Werner Löchl positiv bilanzieren.

Mehr Ehrenamt

Doch Melanie Flierl will noch etwas. Sie will das große Ganze: „...dass die Ehrenamtlichen mehr Anerkennung in der Bevölkerung erhalten“. Und Zuwachs. Weil’s einfach wichtig sei, zu helfen. Aus einem inneren Impuls heraus.

Doch viele Menschen wären nach wie vor der irrigen Ansicht, „wir Feuerwehrler auf dem Land werden bezahlt“. So wie Berufswehren. Stimmt aber nicht. Nur Zeit und Energie gehen aufs Konto.

„Kein Problem“ für jemanden wie Melanie Flierl, der das Feuerwehr-Gen quasi in die Wiege gelegt wurde und die noch dazu mit einem leidenschaftlichen Feuerwehrmann liiert ist.

Stunden trauter Zweisamkeit? Die gebe es durchaus, halt anders. „Der Jürgen und ich gehen selten miteinander fort – wenn, dann zur Feuerwehr. Da spielen sich unsere romantischen Momente ab. Man glaubt gar nicht, wie viele Sonnenaufgänge wir schon bei gemeinsamen Einsätzen gesehen haben...“, lacht sie.

Nach anderen Hobbys zu fragen sei also müßig? „Die Feuerwehr steht für mich an erster Stelle – gleich nach der Familie“, macht Melanie Flierl ihre Prioritäten deutlich.

Als Jürgen Flierl jedoch sein Handy aus einer feuerwehrroten Wollhülle fischt, kommt dann doch noch – neben Kindern und Teilzeitjob — ein Leben hinter der Feuerwehr zum Vorschein: Häkeln und Stricken, das tue sie gerne, erklärt Melanie Flierl - und lächelt milde. „Ich hab’ auch meine weiblichen Seiten...“

 

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