Erinnerung an einen „immer währenden Kreistag“

10.7.2003, 00:00 Uhr

„Franken ist eine Frucht mit vielen Kernen“. Stellvertretender Landrat Walter Schnell beschrieb mit einem Zitat von Max von Aufsess treffend das Wesen der Franken. „In Franken herrschte und herrscht Vielfalt“, sagte Schnell, „viele Franken sind sich allerdings ihrer großen und bewegten Geschichte nicht bewusst“. Wir hätten Grund, auf unsere Heimat stolz zu sein, meinte Walter Schnell.

Museumsleiterin Brigitte Korn vom Haus fränkischer Geschichte auf Burg Abenberg wies darauf hin, dass die fränkische Geschichte „sehr bunt, uneinheitlich, zerklüftet und desperat“ sei. Der im Jahre 1500 gegründete Fränkische Reichskreis habe eine Art „Bindefunktion“ wahrgenommen. MdL Dr. Manfred Scholz — er war der Impulsgeber für die neue Veröffentlichung — erinnerte daran, dass es bereits im Jahr 2000 eine Festveranstaltung mit dem Thema „Fränkischer Reichskreis“ gegeben habe. „Der Fränkische Reichskreis war das einigende Band der Franken“, meinte Scholz. Die neue Publikation werde den Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt.

„Als Anfang August des Jahres 1806 der immer währende Reichstag in Regensburg seine Tätigkeit einstellte, gab es noch einen von zehn Reichskreisen, der noch weiter tagen wollte: den fränkischen Reichskreis“, berichtete Dr. Michael Henker, stellvertretender Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, „er musste aber dann doch seine Aktivitäten einstellen“.

In seiner rund 300-jährigen Geschichte habe der Fränkische Reichstag als der fleißigste aller Reichskreise gegolten; er habe 322 Mal getagt. „Die neue Publikation ist anschaulich, gut lesbar, sehr gut bebildert und höchst informativ“, lobte Dr. Henker.

In seinem Festvortrag spannte Prof. Dr. Rudolf Endres, der Autor der neuen Publikation, einen weiten Bogen über die lange Geschichte des Fränkischen Reichstages. Von den endgültig 1512 etablierten zehn Reichskreisen habe Franken als „der erst und furnehmst“ gegolten, meinte Professor Endres. Dies sei ein Hinweis auf die Königsnähe der fränkischen Territorien ebenso wie auf die geografische Lage „in der Mitte des Reiches“.

Umgeben von sechs Kreisen sowie dem Königreich Böhmen habe Franken sozusagen das Zentrum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gebildet. „Es waren die ,innenpolitisch’ brisanten Themen, die im Reich mit seinen unzähligen Herrschaften in einem größeren, grenzüberschreitenden Rahmen gelöst werden mussten“, hob der Festredner hervor.

„In Franken waren es die Finanzkrisen, die schweren Hungersnöte von 1570/75, das drängende soziale Problem, das Gesundheitswesen in Zeiten unbeherrschbarer Seuchengefahren, der für eine florierende Wirtschaft unabdingbare Ausbau der Verkehrswege zu Land und zu Wasser — alles Fragen, die im Hinblick auf eindeutige und einheitliche Entscheidungen für ein Gebiet wie Franken, das sich aus bis zu 27 Territorien zusammensetzte, eine ungleich größere Herausforderung darstellten als dies in geschlossenen Gebieten wie Bayern oder Sachsen der Fall war“, führte Dr. Endres weiter aus.

Der Fränkische Reichstag habe sich zu einem nahezu dauerhaft tagenden Gremium entwickelt, eine Art Immerwährender Kreistag, so Endres weiter. „Welches Gewicht die Kreise als Institution gewonnen haben, ist aus der Tatsache ersichtlich, dass sie im 30-jährigen Krieg bestehen blieben“. Da die Kreise das Heer aufzustellen hatten, seien sie ein wichtiger Machtfaktor gewesen und hätten eine eigene Bündnispolitik verfolgen können.

Das Heft „Der Fränkische Reichskreis“ von Rudolf Endres, erschienen als Heft 29 der Reihe „Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur“ hat einen Umfang von 48 Seiten. Es kostet 3,75 Euro plus Versandkosten. Zu beziehen beim Haus der Bayerischen Geschichte, Halderstraße 21, 86150 Augsburg, Telefon (0 8 21) 32 95-0, Fax (08 21) 3 29 52 20, Mail: Poststelle @hdbg.bayern.de, Internet: www.hdbg.de.