Farblos, aber gut

12.2.2016, 17:00 Uhr
Farblos, aber gut

Die futuristische Glasfassade des Neuen Museums in Nürnberg ist eigentlich schon zu Tode fotografiert. Profis und Amateure, Besitzer von hochwertigen Spiegelreflexkameras und Selfie-Shooter geben sich dort die Klinke in der Hand. Neulich war auch Horst Binder dort. Im Gepäck hatte er die neue Olympus Pen-F. Er hat damit dem Prachtbau ein ganz neues, kaltes, dunkles, fast bedrohliches Aussehen abgerungen. Wobei: Abgerungen ist vielleicht nicht das richtige Wort. Binder kämpft ja nicht um jedes Motiv. Er arbeitet ohne große Vorbereitung, schnell und intuitiv.

Der 58-Jährige, der vor einem Jahr von Schwabach nach Büchenbach gezogen ist, testet schon seit einigen Jahren die Neuentwicklungen von Olympus. Die Japaner beziehungsweise ihre Deutschland-Zentrale in Hamburg, stellen Binder das Equipement zur Verfügung. Dann macht sich der Fotograf auf den Weg.

Farblos, aber gut

„Im November war ich wieder viel unterwegs“ erzählt er. Auf der Suche nach neuen Motiven wurde er in Nürnberg fündig, aber auch im nahen Roth. Ganz besonders verblüffende Aufnahmen sind ihm aber in Salzburg gelungen. Ein Fahrrad, das an einer von Graffitis besprühten Wand lehnt; ein erstaunlich lebendig aussehender Puppenkopf in einem Schaufenster, der einen Kopfhörer trägt: der Aufgang zum Hauptbahnhof, bei dem man auf den ersten Blick gar nicht genau weiß, welche Hälfte echt und welche Hälfte die Abbildung durch eine verspiegelte Fassade ist.

Binders Bilder sind nicht im herkömmlichen Sinne schön. Er sitzt nicht stundenlang auf der Lauer und wartet auf das richtige Licht. Das Aufstellen und Abbilden der Feiergesellschaft zum lustigen Gruppenbild ist nicht sein Ding. Er hat vielmehr einen intensiven reportageartigen Fotostil kreiert, der ihm schon viele Preise eingebracht hat. Dem viel zitierten „Schnappschuss“ hat er ein ganz neues Qualitätsmerkmal eingehaucht. „Streetshots“ werden seine Bilder genannt, die wie nebenbei auf der Straße, in Cafes, bei Spaziergängen in der Natur entstanden sind. „Im Norden Deutschlands bin ich schon eine Nummer“, sagt er von sich selbst. In der Region taucht sein Name dagegen nur selten auf, auch wenn er auf seiner Homepage hin und wieder Fotokurse anbietet.

Horst Binder ist kein gelernter Fotograf. Seine Brötchen verdient er als Angestellter der Stadt Abenberg. Im Rathaus ist er für Kultur und Tourismus zuständig. Die Kooperation mit Olympus wäre zwar eine gute Basis, sein großes Hobby zum Beruf zu machen. Doch der Büchenbacher hat sich dagegen entschieden. „Dann müsste ich vielleicht Aufträge annehmen, die ich gar nicht machen will.“

Also geht er unter der Woche weiter seinem Broterwerb nach und widmet sich vor allem am Wochenende der Fotografie. Wobei es nicht nur darum geht, an der richtigen Stelle zum richtigen Zeitpunkt den Auslöserknopf zu drücken. Mindestens ebenso wichtig ist bei Horst Binder die Nachbearbeitung am Computer. Zwar beschneidet er seine Bilder selten und retuschiert sie so gut wie nie. Doch er entfernt gern jegliche Farben oder reduziert sie auf einen fahlen Rest. Das verleiht der Optik etwas monochromes, etwas graues, tristes, trauriges.

Farblos, aber gut

Hunderte, vielleicht einige tausend Bilder hat Horst Binder als „Tester“ der neuen Olympus-Kamera gemacht. 21 davon hat er ausgewählt und an den Hersteller geschickt. Eine Handvoll davon hat es auf die deutsche und europäische Homepage des japanischen Elektronik-Konzerns geschafft, einige weitere sind auf der asiatischen Homepage zu sehen.

Auch ansonsten wird der 58-Jährige heuer noch einige Male ins Licht der Öffentlichkeit treten. In Düsseldorf wird er eine Ausstellung bestücken und im Ostseebad Zingst, wo seine Bilder schon häufiger zu sehen waren. Und in Zusammenarbeit mit dem früheren Abenberger Turmschreiber Dr. Reinhard Knott plant er eine Ausstellung in der Künstler-Enklave Schnackenhof zum Thema „Das Lob der 3. Sache“. Darin geht es, in Anspielung auf ein Brecht’sches Gedicht, um das Thema (verhinderte) Liebe. „Das versuche ich zu illustrieren“, erklärt Horst Binder.

Vielleicht schafft es dann ja auch ein Bild in die Ausstellung, das Horst Binder während seiner November-Reise in Nürnberg gemacht hat: eine Frau blickt Richtung Kamera. Fotograf und Fotomotiv können aber nicht zusammenkommen. Denn zwischen den Beiden stehen ganze Reihen von Baustahlmatten.

Horst Binder hat eine eigene Homepage (www.binder-fotografik.de). Einige seiner jüngsten Bilder sind auf der Homepage von Olympus unter http://www.olympus.de/site/de/c/cameras/pen_cameras/pen_f_cameras/pen_f/index.html zu finden.

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