Filigrane Installation

6.9.2015, 16:41 Uhr
Filigrane Installation

© Foto: Robert Unterburger

Mehr als 30 Besucher, unter ihnen der Rother Bürgermeister Ralph Edelhäußer und sein Stellvertreter Hans Raithel, waren zur Vernissage gekommen und bewunderten die raumgreifende Installation der Kammersteiner Künstlerin. „Kunst soll außergewöhnlich sein und dieses Kunstwerk ist originell und außergewöhnlich“, würdigte Bürgermeister Ralph Edelhäußer das Werk und sprach der Künstlerin seine Anerkennung für ihre Upcycling-Idee aus.

Uschi Heubeck hat die Bänder von sieben ausgedienten Videokassetten im ganzen Raum aufgehängt, an der Decke und am Fußboden befestigt. Aber nicht nur horizontal füllen die Bänder die Galerie, sondern auch vertikal und diagonal nehmen sie Besitz von der komplett leeren Galerie und ermöglichen dem Betrachter ein komplett neues Raumgefühl. Beim Öffnen der Glastüre bringt der Luftzug die Bänder zum Schwingen und es hat den Anschein, als habe man den ausrangierten Videobänder Leben eingehaucht. Damit die federleichte Installation nicht unabsichtlich zerstört wird, dürfen nur kleine Gruppen die Spectrum-Galerie betreten.

„Die Idee für meine Installation war ein Bericht über Nazca-Linien“, berichtete Uschi Heubeck. „Die Nazca-Linien sind riesige Scharrbilder, so genannte Geoglyphen, in der Wüste bei Nazca und Palpa in Peru. Benannt sind die Linien, die Wüste und die Kultur nach der unweit der Ebene liegenden Stadt Nazca. Die Nazca-Ebene zeigt auf einer Fläche von 500 Quadratkilometern schnurgerade, bis zu 20 Kilometer lange Linien, Dreiecke und trapezförmige Flächen sowie Figuren mit einer Größe von zehn bis mehreren hundert Metern. Oft sind die figurbildenden Linien nur wenige Zentimeter tief. Durch die enorme Größe sind sie nur aus großer Entfernung zu erkennen, von den Hügeln in der Umgebung oder aus Flugzeugen.“

Aus diesem Phänomen sei die Idee einer großflächigen Zeichnung entstanden, erklärte die Künstlerin. „Nachdem keine Bildfläche groß genug war, stellte ich mir vor, einen ganzen Raum mit einer Art Zeichnung auszufüllen“, so Heubeck. „Die Lösung war, eine Installation zu konzipieren.“ Allerdings: Die Möglichkeit, an der Wand und auf dem Boden der Galerie zu malen, ohne nach der Ausstellung zu renovieren, war nicht gegeben. Deshalb reifte die Idee, mit alten Videobändern zu experimentieren: „Bei anderen Projekten hatte ich schon Videobänder in Bildern verarbeitet und das war die Lösung.“

Bänder seien im Raum wie Bleistiftstriche sichtbar. Durch Verdrehungen würden sie manchmal „unsichtbar“ und so entstehe der Eindruck, die Linie sei unterbrochen beziehungsweise das Band schwebe im Raum.

Und was will die Künstlerin uns mit ihrer Videobänder-Installation sagen? Auch darüber hat sich Uschi Heubeck viele Gedanken gemacht. „In der heutigen Zeit gibt es für fast alles Verbote, Vorschriften, Anleitungen, Gebote, Hinweise“, sagte sie. „Der ganze Verbotswahn müsste nicht sein, wenn jeder wieder auf den anderen Rücksicht nimmt und ihn respektiert, Werte wieder achtet.“ Mit ihrer riesengroßen „Zeichnung“ wolle sie den Betrachter direkt damit konfrontieren. „Es ist nicht gleich auf den ersten Blick ersichtlich, auch auf den zweiten nicht“, so die Künstlerin weiter, „der Betrachter muss sich damit beschäftigen und darüber nachdenken: Was könnte gemeint sein?“

Der Betrachter müsse aufmerksam sein, genau hinsehen, konstruktiv sein, Vorschläge machen, einsehen, akzeptieren. Dies alles seien Verhaltensweisen, die oft schon vielfach verlorengegangen sind. Statt dessen stünde das Ego im Vordergrund: „Wer will noch Rücksicht nehmen? Wer will sich auf einen anderen einlassen? Wer will sich selbst zurücknehmen?“

„Genauso ist es in meiner 3-D-Zeichnung zu lesen“, bekräftigte die Spectrum-Künstlerin. „Sehr zerbrechliche Gebilde stehen massiven Verdichtungen gegenüber. Wenn ein Luftzug durch den Raum geht, wackelt alles, um sich dann, in eventuell veränderter Form, wieder zu beruhigen. Hier durchzulaufen gleicht einer Gratwanderung. Es gilt: Nur nicht anecken, nichts zerstören, aufpassen!“

Uschi Heubeck bewertet ihre Installation als „eine Rebellion, als ein vorgehaltener Spiegel, aber auch als Vorschlag zur Lösung und die Bitte, dringend etwas zu verändern.“ Oder ist es einfach nur eine andere Form der Entsorgung ausgedienter Videokassetten?

Ein Jahr benötigte Uschi Heubeck für die gedankliche Vorbereitung von „Betreten verboten!“ Drei Assistenten (Künstlerkolleginnen)halfen ihr beim Anbringen der Videobänder. Sechs Meter doppelseitiges Klebeband waren nötig, sieben Videobänder wurden verbraucht, 13 Meter schwarze Stechfolie und 16 Stunden Aufbau waren nötig, 50 Quadratmeter, 250 Kubikmeter und 2500 Meter Videoband wurden benötigt.

Die raumgreifende Upcycling-Installation „Betreten verboten!“ ist noch bis zum 9. Oktober zu sehen.

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