Geschichten vom "Aufräumer"

19.12.2014, 18:31 Uhr
Geschichten vom

© Christoph Raithel

Eigentlich war er einst nach Rom gekommen, um Italienisch zu lernen. Als dann das Geld zur Neige ging und er sein Ziel, Italienisch zu sprechen, noch nicht erreicht hatte, überlegte sich Englisch eine Alternative: Er wurde Vatikankorrespondent.

„Zu jener Zeit wäre ein Papst Franziskus noch absolut undenkbar gewesen.“ Ein „normaler“ Mensch habe den Papst damals nicht einmal ansprechen dürfen, auch umgekehrt habe der Papst mit den „einfachen“ Leuten nicht ohne Weiteres kommuniziert. Das führte, nach Englischs Ausführungen, zu bisweilen komischen Situationen. Etwa zwischen dem Papst und dem Chauffeur seines Dienstwagens. So konnte der eine doch nicht sagen, wo er gerne hin wollte und der andere nicht fragen, was das Ziel der Fahrt sei.

Der Dienstwagen war es denn auch, der kurz nach der Papstwahl von Jorge Mario Bergoglio zum ersten Mal für Aufsehen sorgte. Als er von der Sixtinischen Kapelle zurück ins Gästehaus wollte und der Generalstaatssekretär schon in der bereit gestellten Dienstlimousine wartete, sagte der frisch gewählte Papst, dass er in einem so aufwendigen Fahrzeug nicht fahre.

Auf die ratlose Reaktion der umstehenden Bediensteten, dass kein anderes Fahrzeug zur Verfügung stehe, fragte Franziskus, wie man denn die Kardinäle zurück zum Gästehaus bringe. Mit dem Bus, beschied man ihm. „Dann fahre ich auch Bus!“ Immerhin habe Franziskus darauf bestanden, vorne sitzen zu dürfen, da er ja schließlich der Papst sei.

Es sollte also einiges anders werden. Das bekam auch der Camerlengo zu spüren. An sich ist die Aufgabe des Camerlengos, den Tod eines Papstes festzustellen und während des Konklaves verschiedene Dienste zu übernehmen, zum Beispiel die päpstlichen Wohn- und Arbeitsräume zu versiegeln.

Nachdem Papst Benedikt durch Rücktritt für das Konklave sorgte, entfiel bereits eine der öffentlichen Auftritte des Camerlengos. Eine weitere, von der Öffentlichkeit wahrgenommene Aufgabe ist, nach der Wahl eines neuen Papstes, das Siegel an den päpstlichen Räumen bei „Inbesitznahme“ zu brechen.

Nun weigerte sich Franziskus jedoch, die Gemächer des Apostolischen Palastes in Besitz zu nehmen, viel zu groß seien diese. So lebt er bis heute in einem 21 Quadratmeter großen Zimmer im Gästehaus. Gegessen wird in der Mensa. Auch der Papst stellt sich mit seinem Tablett an und sucht sich dann einen freien Platz.

„Das hassen im Vatikan alle“, plauderte Englisch aus, denn: „Wenn sich der Papst gesetzt hat, fragt er seine Tischnachbarn, was sie denn eigentlich hier im Vatikan täten. . .“

Franziskus lege keinen Wert auf einen besonderen Status und trage seine Aktentasche selbst. Als Englisch den Papst kürzlich zu dessen Auftritt vor dem Europaparlament begleitete, sei da kein Sekretär gewesen, der Franziskus das Manuskript auf dem Rednerpult vorbereitete.

Kein Prunk

Auch den äußeren Prunk aufwändiger Messgewänder, roter Schuhe, von Hermelin und Spitze hat der Papst abgelegt. Kurz nach seiner Wahl, zum Osterfest 2013, ging er vor dem Gottesdienst in die Sakristei, sein Messgewand über dem Arm. „Habe alles dabei!“ soll er zu den Mesnern gesagt haben, die bereits die prachtvollen Gewänder vorbereitet hatten.

Andreas Englisch begegnete Jorge Mario Bergoglio bereits 1991 in Buenos Aires. Zwei Sachen passten Bergoglio am Vatikan damals gar nicht: zum einen die große Zahl an Ordensfrauen im Dienst von Bischöfen und Kardinälen. Schließlich seien sie nicht Ordensfrauen geworden, um den Herren in Rom das Essen zu kochen und die Hosen zu bügeln. „Das wird Ihnen Ärger im Vatikan einbringen“, sagte Englisch damals zu Bergoglio, doch dieser entgegnete „Nein, den habe ich schon“. Zum anderen gehe es in Rom immer nur ums Beten, dabei sei es doch auch wichtiger Bestandteil des Glaubens, etwas zu tun.

Andreas Englisch erzählte, dass die Römer auf die Frage, warum sich die Kardinäle bei einer Papstwahl ins abgeschlossene Konklave begeben, witzeln, „damit der Heilige Geist nicht rein kommt“. Er bemerkte dann schmunzelnd, dass es dem Heiligen Geist dieses Mal doch gelungen sei. . .

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