Gibt es ausreichend Mediziner im Landkreis Roth?

28.6.2016, 18:30 Uhr
Gibt es ausreichend Mediziner im Landkreis Roth?

© Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Ärzte gehören in jedem Ort zur Grundversorgung. Gemeinden tun viel, um bei sich Mediziner anzusiedeln, was bei der Diskussion um die Ärztehäuser in Hilpoltstein und Thalmässing deutlich wird (wir berichteten mehrfach).

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) als Zusammenschluss der Vertragsärzte im Freistaat muss aufgrund eines Gesetzes einen Bedarfsplan erstellen. Damit soll einer drohenden Unterversorgung entgegengewirkt werden. Wie viele Ärzte in einem Ort notwendig sind, geht aus der allgemeinen Verhältniszahl hervor, die die (KVB) definiert. Sie legt fest, für wie viele Einwohner ein Arzt vorhanden sein soll.

Optimal ist zurzeit ein Hausarzt für 1671 Einwohner. Die KVB gliedert das ganze Land in verschiedene Gebiete, die mehrere Gemeinden umfasst, jedoch nicht mit den Kreisgrenzen zusammenpassen muss. Die Region Roth umfasst die Kreisstadt sowie Büchenbach, Georgensgmünd, Röttenbach und Spalt. Hier kommen 30 Ärzte auf gut 44 000 Einwohner, der Versorgungsgrad liegt bei 107 Prozent.

Das Gebiet Hilpoltstein umfasst neben der alten Kreisstadt die Kommunen Allersberg, Greding, Heideck und Thalmässing. Auf 38 000 Einwohner kommen 26 Ärzte, die Quote liegt bei fast 111 Prozent.

Abenberg, Kammerstein, Rednitzheimbach und Rohr zählen zum Schwabacher Gebiet, hier kommen auf knapp 59 000 Einwohner 41 Hausärzte, die Quote liegt bei fast 107 Prozent. Wendelstein und Schwanstetten gehören zu Nürnberg, hier liegt die Quote bei 115 Prozent.

Kammerstein ohne Mediziner

Obwohl die Zahlen gut aussehen, können sie sich schnell ändern. Denn die größte Altersgruppe der Allgemeinärzte ist über 60 Jahre alt, 26,9 Prozent sind es in Hilpoltstein, 39 Prozent in Schwabach und 23,3 Prozent in Roth — wobei hier die Altersgruppe der 45 bis 49-Jährigen mit 26,7 Prozent am häufigsten vertreten ist.Was beim Betrachten der regionalen Verteilung auffällt: In jeder Landkreisgemeinde gibt es mindestens einen Hausarzt, nur in Kammerstein nicht.

In dieser und vor allem in den folgenden Berechnungen zu Fachärzten ist zu beachten, dass nicht jeder Einwohner eine Erkrankung hat, die von einem Facharzt behandelt werden muss. Außerdem ist nicht jeder Einwohner automatisch bei einem Arzt im Landkreis Patient, wie wahrscheinlich auch viele Menschen aus den umliegenden Gemeinden sich im Landkreis behandeln lassen.

Bei den Fachärzten ist die Berechnung der Versorgungsquote schon schwieriger. Hier wird jeder bayerische Landkreis in eine andere Kategorie eingeteilt. Der Landkreis Roth, der gemeinsam mit der Stadt Schwabach erfasst wird, gehört zum „mitversorgten Planungsbereich“. Das heißt, die Bewohner des Landkreises müssen diesen mitunter verlassen, um einen Facharzt zu finden. Die Stadt Nürnberg hingegen ist ein „stark mitversorgender Planungsbereich“, viele Patienten aus der Umgebung suchen dort einen Facharzt auf.

Um zu 100 Prozent versorgt zu sein, müsste ein Augenarzt auf 22 151 Patienten kommen. Die neun Fachärzte im Planungsbereich müssen theoretisch fast 164 000 Einwohner behandeln, die Quote liegt bei 95,7 Prozent, es gibt also eine geringfügige Unterversorgung. Und ein Drittel der Ärzte ist über 60 Jahre alt, wird also bald in den Ruhestand gehen.

Bei den Hals-Nasen-Ohren-Ärzten sollte ein Mediziner im Idealfall 33 071 Menschen versorgen. In Roth sind es sechs Ärzte, der Versorgungsgrad liegt bei gut 121 Prozent. Allerdings sind die Hälfte der Mediziner über 60 Jahre alt.

Genügend Fachärzte

Auf jeden Hautarzt sollten in der Region 41 924 Einwohner kommen. Mit sechs Ärzten liegt der Versorgungsgrad im Landkreis mit Schwabach bei guten 150 Prozent. Jedoch gibt es im südlichen Landkreis keinen Hautarzt, weshalb die Bewohner bis nach Roth oder Beilngries fahren müssten. Zwei Drittel der Dermatologen sind über 55 Jahre alt.

Ein Neurologe sollte für eine hundertprozentige Versorgung 31 938 Menschen betreuen. Mit sechs Nervenärzten und einem Psychiater liegt die Quote bei 117,3 Prozent. Allerdings ist auch hier wieder der südliche Landkreis abgeschnitten.

Psychotherapeuten gibt es im von der KVB festgelegten Gebiet 29, die sich zum Teil auch um Jugendliche kümmern. Ein Therapeut sollte 8587 Menschen versorgen, auch hier liegt die Quote wieder darüber — bei 117 Prozent.

Bei den Chirurgen liegt die Quote bei 1 zu 42 318 Einwohner. Mit den sechs Ärzten im Landkreis mit Schwabach beträgt der Versorgungsgrad 155 Prozent.

Ein Orthopäde sollte sich im Idealfall um 26 281 Menschen kümmern. Im Landkreis Roth gibt es drei dieser Fachärzte, hinzukommen sechs in Schwabach, was die Quote auf knapp 145 Prozent steigen lässt. Im Vergleich zu den anderen Medizinergruppen sind sie mit durchschnittlich 48,6 Jahren ziemlich jung.

Relativ groß ist die potenzielle Patientenzahl für Urologen, nämlich 49 573. Im Planungsbericht gibt es vier dieser Fachärzte — drei in Roth und einer in Schwabach—, die Quote beträgt somit 122 Prozent.

Auf einen Frauenarzt sollen 6371 Patientinnen kommen. Im Gebiet Roth sind es 19 Ärzte auf gut 83 000 Frauen, der Versorgungsgrad liegt bei 129 Prozent, konzentriert auch hier wieder auf den nördlichen Landkreis.

In der Region leben 27 702 Personen unter 18 Jahren, jeder Kinderarzt sollte sich laut KVB um 3990 Kinder und Jugendliche kümmern. Mit 115 Prozent ist auch hier die Quote wieder übererfüllt — und erneut schneidet der südliche Landkreis schwach ab.

Zahnärzte werden nicht von der KVB erfasst, sondern von einer eigenen Organisation, der Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Dort gibt es keine Bedarfsplanung mehr, da es ausreichend Dentisten im Land gibt.

Sind die Ärztehäuser in Hilpoltstein und Thalmässing also eine Lösung für die Misere? Nach Hilpoltstein sollen nicht unbedingt nur neue Ärzte kommen. Bestehende Mediziner wollen ihre Praxen in das noch zu bauende Gebäude verlagern, das dann barrierefrei werden soll.

Einen anderen Weg plant die Marktgemeinde Thalmässing. Hier will die Kommune selbst ein Ärztehaus betreiben und die Mediziner — etwa aus der Stadt Roth — dazu bewegen, tageweise in den Süden zu fahren. Die Umsetzung ist noch offen.

Mehr Informationen zum Thema Ärzteversorgung finden sie im Versorgungsatlas auf der Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern.

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