Headbangen und Mitwippen bei Rock hinter der Burg

24.8.2014, 15:45 Uhr
Headbangen und Mitwippen bei Rock hinter der Burg

© Foto: Viola Bernlocher

19 Uhr. Nieselregen. „Knockout Concept“ spielt. Der Burganger ist leer, zumindest annähernd. Ein paar abgehärtete Fans stehen über die Wiese verteilt und lauschen gar nicht ausgeknockt den harten, rudimentär melodiösen Klängen der Band mit dem hart klingenden Namen. Ein Mädchen filmt mit dem Handy.

Als Rockfan ist man was gewohnt, auf Festivals wie Rock im Park, Summer Breeze oder Wacken wird der Rock- und Metalfan gestählt durch Schlammschlachten im Regen oder Hitzeschlachten im prallen Sonnenschein, da ist Rock hinter der Burg ein Klacks mit feuchtem Wetter und tiefen Temperaturen. Das Motto gilt: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Und so spielt spätestens die zweite Band des Abends „The Yoohoos“ das Publikum warm, mit rhythmischen Songs und viel Gitarre. Manche sind auch einfach von vorne herein besser ausgerüstet und DocMarten’s-Stiefel kein seltener Anblick.

Spätestens bei den „Yoohoos“ beginnt auch der Burganger sich zu füllen, der Regen hat schon lange vor ihnen aufgehört und der kosmische Lichtregisseur faded langsam das Licht des Tages aus, um die Bühnenlichter umso heller blitzen und funkeln zu lassen. Ein Musikjuwel sind die „Yoohoos“ wahrlich. Im Halbkreis steht das Publikum um die Bühne, eine Phalanx dunkler Gesichter, ab und an von Lichtblitzen der Bühnenscheinwerfer erhellt, verschmolzen zu einer dunklen Masse, die anmutet wie eine großes Tier, das im Takt der Musik mitwippt. Eine Gruppe Jugendlicher tanzt wild auf der Bank am Rande des Platzes, gute Aussicht inklusive, wenn man bei so viel Headbangen und Haare shaken noch etwas sieht. Aber wie alle Bands bekommen auch die „Yoohoos“ nur etwas mehr als 40 Minuten Zeit, um zu zeigen was sie, das sind ein singender Gitarrist, eine singende Gitarristin und ein Schlagzeuger, drauf haben.

Umbaupause. Das große Tier vor der Bühne zerfällt in seine Einzelteile und holt sich neues Bier, oder eine Bratwurstsemmel am rauchenden Grill neben dem Eingang zum Freyerskeller. Das ist wichtig für die Veranstalter, den Arbeitskreis Jugend und das Jugendreferat der Stadt Hilpoltstein. Denn das größte, nichtkommerzielle Rockfestival im Landkreis und Umkreis finanziert sich ausschließlich aus Getränke- und Essensverkauf. Es soll schließlich jeder die Möglichkeit haben, mitzurocken. Und so ist an diesem Abend das Publikum gut gemischt, sehr viele Jugendliche, viele junge Rockfans, ein paar ältere und ein paar ergraute Herrschaften, die mal schauen wollen, was so abgeht.

Einer der Organisatoren, Julian Schuster, sagt: „Wir setzen bewusst auf eine bunte Mischung, vor allem bei der Musik und wollen, dass die Gruppen eigene Songs spielen.“ Die Bands bedienen in der Tat viele Richtungen: Hard Rock, Melodic Rock, Metal, Surf. Aus weniger vielen Richtungen aber reisen die Musiker an. Rock hinter der Burg soll vor allem lokalen Bands eine Bühne bieten und so ist der Umkreis kaum mehr als 50 Kilometer.

Fast alle Namen aus dem Line-Up hat man schon gehört, viele Bands schon öfter gesehen, auch bei Rock hinter der Burg. Einige spielen schon zum dritten oder vierten Mal.

Umbaupause beendet. Sense of Ember entern die Bühne und entfachen ihre Metalglut im Publikum. Sie bedienen ein paar Klischees, wie zum Beispiel das Headbangen, das ihr blonder, langhaariger Gitarrist ziemlich gut beherrscht und nebenbei auch noch die Saiten richtig greift, und widersprechen anderen Klischees wiederum, nämlich, dass Metal nur unmelodiöses Geschrei sei, denn das ist bei Sense of Ember gar nicht der Fall.

Überhaupt seien sie eine Kuschel-Metalband, wie der Sänger verkündet, im Versuch, das Publikum näher vor die Bühne zu locken, er habe extra Deo aufgelegt. Kuschel-Metalband – ein Widerspruch in sich? Gar nicht. Denn Sense of Ember wollen ihr Publikum ganz nah bei sich vor der Bühne und nicht ein dunkles Halbrund beschallen. Der Lockversuch gelingt und endlich sieht man von der Bühne aus mehr als nur dunkle Schatten.

Ein Fan reicht nach einiger Zeit dem Gitarristen sogar sein Bier nach oben für einen Stärkungsschluck, ein anderer kommt für ein paar Handyfotos ganz nah, die Band noch näher. Und über allem thront stoisch, gelassen und ja, auch ein bisschen romantisch angestrahlt, die altehrwürdige Burg. Sie hat schon viel mehr gesehen, so manchen Angriff überstanden, da ist der akustische Angriff aufs Trommelfell, den die Band veranstaltet, wenig Neues.

Um halb zehn hat die Stimmung auf dem Burganger ein erstes Hoch erreicht. Die Kälte hat die tanzenden Füße verlassen, die Musik lässt die Luft flirren und die Headliner des Abends haben noch gar nicht gespielt: A Tale of Golden Keys stehen schon in den Startlöchern. Sie haben leichtes Spiel, rocken die Bühne mit bekannten Songs und ein paar neuen, saftigen Leckerbissen aus der jüngsten Berghüttensession.

Den fulminanten Abschluss des Konzertmarathons bildet Monokini mit erstklassigem Surf gen Mitternacht. Und über allem wacht ein einsames Plastikgerippe in einem Fenster der Burg. Und manchmal, wenn ihm die Musik gefällt, dann klappert es ein wenig mit seinen Plastikknochen. Kaum hörbar, aber doch melodiös.

Das Publikum klatscht und johlt lieber. Gut wars.

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