Hier ist Anderssein ganz normal

21.3.2018, 06:00 Uhr
Hier ist Anderssein ganz normal

Das Deutsche Down-Syndrom-Info-Center hat der Awo-Einrichtung für ihre vorbildliche inklusive Arbeit eine besondere Auszeichnung verliehen. Bis zum Moment der Übergabe war das Kindergarten-Team völlig ahnungslos und freute sich dann tränenreich über die Urkunde, die Marion Franz als Überraschung überbrachte. Damit wird anlässlich des Welt-Down-Syndrom-Tages das "besondere Engagement für Kinder mit Down-Syndrom" gewürdigt, mit dem der Kindergarten Lummerland sich dafür einsetzt, dass "jeder Mensch willkommen geheißen, geschützt und respektiert wird, so wie er ist". Seit fünf Jahren besucht Moritz, der jüngste von drei Söhnen der Rother Familie Franz, das Lummerland. Jetzt ist der Sechsjährige ein Vorschulkind und wird im September im Auhof in Hilpoltstein eingeschult. Für Moritz und seine Familie geht im August eine lange und glückliche Kindergartenzeit zu Ende.

"Ich bin so unendlich froh, dass er dort war!", sagt Moritz Mutter Marion Franz. Schon die älteren Brüder sind in den Kiliansdorfer Kindergarten gegangen. Es sei überhaupt kein Thema gewesen, dass auch Moritz dort in die Krippe und später in den Kindergarten gehen durfte. "Sie haben ihn einfach so angenommen, er gehörte uneingeschränkt dazu und es wurde immer alles getan, damit es ihm gut geht." Ein Beispiel gelebter und geglückter Inklusion ohne großen Aufhebens.

"Moritz gehört einfach zu uns", sagt die langjährige Leiterin der Awo-Kita Lisa Alder. Ohne großes Konzept habe man Moritz vor fünf Jahren "einfach so" aufgenommen. "Wir waren überzeugt, wir können das und geben unser Bestes."

"Lummerland ist da, wo Anderssein normal ist", lacht die Leiterin des Awo-Kindergartens und freut sich, dass die Offenheit ihrer Einrichtung und ihres Teams, das Abweichen von der Norm nicht als Defizit, sondern als Bereicherung zu sehen, im Alltag all die Jahre funktioniert hat. Auf eine zusätzliche Inklusions-Kraft zur Unterstützung hatte sie verzichtet, als das Down-Syndrom-Kind in die Einrichtung kam. Ganz bewusst: "Moritz sollte die Chance bekommen, als ganz normales Kind dazuzugehören." Das ist rundherum gelungen. "Die Kinder haben Moritz nie als behindert oder anders wahrgenommen." Er war immer fester Teil der Gruppe, in der jeder seine Stärken und Schwächen hat. "Warum sollte ich da einen Unterschied machen?"

Hier ist Anderssein ganz normal

© Foto Steffi Graff

Noch nicht einmal die Tatsache, dass der fröhliche Wirbelwind Moritz zwar kontaktfreudig und kommunikativ ist, aber nicht sprechen möchte, hat große Probleme bereitet. Mithilfe von sogenannten "Guk"-Karten zur gebärdenunterstützten Kommunikation klappte das Miteinander prima. "Mit dem schönen Nebeneffekt, dass viele Kinder, die mit Moritz die Spatzen-Gruppe besucht haben, jetzt ein bisschen gebärden können", freuen sich Gruppenleiterin Kerstin Scholze und Kinderpflegerin Saskia Resch.

Eine Bereicherung sei Moritz für den Kindergarten gewesen, ein "Kür-Programm" mit Vorreiter-Funktion. Mittlerweile besucht ein zweites Kind mit Down-Syndrom die Einrichtung, ein weiteres wird bald dazu kommen. Dass es nicht immer so gut klappt mit der Inklusion, weiß Marion Franz sehr genau. Sie ist mit vielen Eltern bundesweit vernetzt und kennt viele Familien, die nicht so tolle Erfahrungen machen wie sie selbst. "Oft läuft es leider im Regel-Kindergarten gar nicht."

Warum klappt es im Lummerland so gut? "Der Unterschied sind wir", sagt Lisa Alder selbstbewusst. "Es sind die Menschen, die flexibel, offen und in der Überzeugung, dass es klappen kann, miteinander umgehen." Chemie und gegenseitiges Vertrauen haben zwischen Familie Franz und dem Kita-Team von Anfang an gestimmt. Und wenn es etwas zu besprechen gab, wurde es direkt angesprochen. Beste Voraussetzungen, um auch schwierigere Situationen zu meistern.

Moritz ist das an diesem Morgen alles recht egal. Er albert mit seinen Freunden an der Garderobe herum und hat auch nicht so viel Lust, sich für ein schnelles Foto in Position zu setzen.

An der Eingangstür des Kindergartens hängt ein Plakat, das den strahlenden Moritz bei einer Sportveranstaltung im Läufer-Outfit der TSG Roth zeigt. "Genau richtig!" steht darauf in bunten Buchstaben. Das Plakat, das auch in mehreren Geschäften in der Rother Innenstadt aushängt, weist auf den heutigen Aktionstag hin.

ZMarion Franz hat vor einigen Jahren in ihrer Heimatstadt Roth die lokale Familiengruppe "Sonnenkinder 21" ins Leben gerufen. Die "Sonnenkinder 21" treffen sich monatlich. Mittlerweile gehören 14 Familien mit Kindern im Alter von sechs Monaten bis acht Jahren dazu. Kontakt über Marion Franz, Telefon (01 71) 7 54 10 96.

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