Hilpoltstein: Ein Keller erzählt seine Geschichte

5.4.2014, 06:00 Uhr
Hilpoltstein: Ein Keller erzählt seine Geschichte

© Beate Windisch

Es sind vor allem die drei verschiedenen Fußbodenhöhen, die beweisen, dass hier auf dem Grundstück mindestens drei Mal ein Haus gebaut wurde. Das Baumaterial weist darauf hin, dass alle Häuser innerhalb eines Jahrhunderts entstanden sind, die schwarze Färbung bedeutet, dass es mindestens zwei Mal gebrannt hat, „wohl eher öfter“, erklärt Dr. Jan Weinig.

Das erste Haus, ein Fachwerkhaus in Holzbauweise, entstand vermutlich Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts. Es war klein und stand ziemlich in der Mitte der rund 500 Quadratmeter großen Parzelle. Das zweite Haus „rutschte schon etwas rüber“, für Martin Nadler eine ganz typische Entwicklung in der damaligen Zeit: „Vermutlich hatte die Familie zwei Erben gehabt und das Grundstück wurde geteilt.“ Weitergebaut wurde dann auch auf der anderen Seite. Beide neuen Häuser waren, dem Boden nach zu urteilen, ebenfalls Fachwerkhäuser, die beiden Häuser darüber, also die dritte Bebauung, aus Stein. Alle fünf Häuser standen zur Bauzeit außerhalb der alten Stadtmauer.

Eines der beiden Grundstücke war bis vor kurzem noch bebaut, auch wenn das Haus, das vor vier Wochen abgerissen wurde, seit Jahren leer stand. Ob es auch jenes Haus ist, das im 15. Jahrhundert gebaut wurde, oder ob es im 16./17. Jahrhundert als vierte Bebauung entstand, ist nach Aussage des Grabungsleiters noch nicht endgültig klar.

Das andere Grundstück war seit Jahren ein Parkplatz. Hier stieß man bei den Grabungen auch auf die Überreste eines benachbarten, dann sechsten Hauses. Für Weinig ein Zeichen dafür, dass im Laufe der Zeit die Bebauung in der Stadt eben immer dichter wurde. Doch wer in den Häusern seinerzeit gelebt hat, darauf gibt es keine Hinweise. „Wir haben nur die Fußböden“, erklärt Jan Weinig. Das Leben jedoch spielte sich darüber ab, „und da ist nichts mehr vorhanden“. Daher beschränken sich die Erkenntnisse darauf, dass zwar ungewöhnlich große Keller zum Vorschein kamen (vielleicht ein Hinweis auf Lagerräume?), es ansonsten aber weder Überreste einer Werkstatt noch einen Hinweis auf eine landwirtschaftliche Nutzung gibt.

Weil aber eine reine Wohnbebauung für das Mittelalter eher untypisch ist, könnten die damaligen Bewohner vielleicht einem Gewerbe angehört haben, das, laut Nadler, „ohne technische Einrichtung“ ausgeübt werden konnte. Genauere Erkenntnisse lassen die Ausgrabungen aber nicht zu, „dafür müssen wir dann die Archive und Kirchenbücher nutzen“, so Martin Nadler.

Vermutlich noch älter

Vermutlich geht die Geschichte des Grundstückes und seiner Häuser auch noch weiter zurück als ins 14. Jahrhundert. Davon erzählen zumindest die Keramikfunde, die die Mitarbeiter der Ingolstädter Firma sichergestellt und eingetütet haben, darunter Reste einer großen, dickwandigen Schüssel, die Jan Weinig nach ersten Schätzungen bis ins 13. Jahrhundert zurückdatiert. Auch die Erdkeller könnten „deutlich älter als 14. Jahrhundert sein“, sagt Weinig. Das aber wird erst die Untersuchung der Erde zeigen.

Für Archäologen und Denkmalpfleger ist die Ausgrabungsstätte in der Kolpingstraße etwas Besonderes. „Zum ersten Mal graben wir im innerstädtischen Bereich so tief“, erklärt Martin Nadler. Und das, was bei den Grabungen in bis zu drei Meter Tiefe zum Vorschein kommt, „ist extrem gut konserviert“.

Dennoch ist bald Schluss. Bis Ostern, so die vorsichtige Schätzung, gehört das Areal noch den Archäologen. Danach rücken die Bagger an, um die 3,50 Meter tiefe Baugrube auszuheben. Entstehen wird an dieser Stelle ein Wohnhaus für Gehörlose, Bauherr ist die Regens-Wagner-Einrichtung Zell.
 

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