JJ Grey: Der bluesige Soul hat den Punkrock verdrängt

2.3.2015, 17:59 Uhr
JJ Grey: Der bluesige Soul hat den Punkrock verdrängt

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JJ, Du bist gerade in Europa unterwegs, um die neue CD vorzustellen. Ist es dein erster Promotiontrip dieser Art hier?

Grey: Ja. Zuvor bin ich immer nur zu Shows hergekommen. Es macht richtig Spaß, auch wenn diese eine Woche in Europa Tag für Tag mit Interviews vollgestopft ist. Die Leute stellen interessante Fragen, und eigentlich sind es mehr Konversationen als Interviews, in denen Fragebögen abgearbeitet werden.

 

Europa ist dir nicht fremd ...

Grey: Ich hatte eine Band namens Alma Zuma gestartet und 1994 ein Demo ins UK geschickt, habe dort ein Label nach dem anderen abgeklappert – ohne Erfolg. Ich flog wieder nach Hause, wo mir einfiel, dass ich eine Plattenfirma vergessen hatte. Ich bat meine Frau, die damals noch in England lebte, ein Demo bei diesem Label namens Acid Jazz vorbeizubringen. Deren Chef Dave Robinson war einer der Gründer von Stiff Records gewesen und lud mich ein, nach England zu kommen, und versprach mir, dabei zu helfen, eine neue Band zusammenzustellen, weil sich Alma Zuma damals gerade aufgelöst hatte. Meinen Plattenvertrag bekam ich dann aber doch in den USA bei Fog City Record – dort lernte ich auch Dan Prothero kennen, der heute noch meine Platten produziert. Und der Rest ist Geschichte.

 

Dein neues Album „Ol’ Glory“ vermengt Blues, Roots und Jam-Rock mit Soul – wie hast du diese Mischung entwickelt?

Grey: Das sind alles Musikstile, mit denen ich aufgewachsen bin. Es gab keinen großen Plan, daraus etwas zusammenzumixen, sondern das hat sich einfach durch jahrelanges Livespielen so entwickelt. Es ist nichts, was am Reißbrett entstand – das würde man auch hören und spüren.

 

Wenn man Dich heute hört, ist es kaum zu glauben, dass Du einst mit Punk angefangen hast!

Grey: Stimmt, in jungen Jahren habe ich zunächst Punkrock gespielt, liebe ihn auch heute noch – aber man wird älter, und der bluesige Soul, der Southern Rock, die ich in meiner Jugend daheim bei meinen Eltern gehört hatte, mit dem ich aufgewachsen war, haben sich allmählich Bahn gebrochen.

 

Du hast eine relativ große Band, unter anderem mit zwei Bläsern ...

Grey: Bläser waren immer schon ein wichtiger Bestandteil der Musik, die ich liebte: bei den in Muscle Shoals entstandenen Songs, den Platten von Stax Records, Motown oder bei KC & The Sunshine Band – deren Platten hörte meine Schwester. Und selbst Lynyrd Skynyrd hatten auf Songs wie „Call Me The Breeze“ gelegentlich Bläser dabei, auch Tony Joe White. Auf meinen ersten beiden Alben „Blackwater“ 2001 und „Lochloosa“ 2004 konnte ich mir noch keine Bläser leisten. Außerdem leuchtete mir das damalige Argument von Dan Prothero ein, dass es Blödsinn wäre, auf Platte Bläser dabei zu haben, die dann live fehlen würden. Und heute kann ich mir die Horn-Section leisten.

 

Habt ihr die neuen Songs eigentlich live getestet, bevor ihr ins Studio gegangen seid?

Grey: Einige ja, das merkt man auch, sie sind einfach tight und problemlos live umsetzbar. Ich hatte einige Stücke in den USA schon gespielt, einige auch bei der letzten Tour durch Europa – „This River“ beispielsweise haben wir zum ersten Mal überhaupt in Köln gebracht.

Ich überrasche mein Publikum gerne. Allerdings muss man vorsichtig sein, weil vor allem in Amerika viele Leute Konzerte mitschneiden – dagegen habe ich prinzipiell ja nichts, aber es ist wenig erfreulich, wenn man die neuen Songs im Internet hören kann, ehe das Album überhaupt erschienen ist.

 

Noch eine letzte Frage zum Bandnamen: Es ging ja los als Mofro Magic, was hat dich dann bewogen, ab 2006 als JJ Grey & Mofro aufzutreten?

Grey: Das Magic hatten wir schon früh gekippt. Meine Freunde nannten mich in meiner Jugend Mofro. Ich hatte die Band mit meinem Kumpel Daryl Hance gegründet, doch als er ausstieg, um sein eigenes Ding zu machen, war ich der Frontmann, sang, schrieb die Songs – irgendwann fragte mich meine Großmutter, was Mofro bedeute. Das fragte sie in einem leicht ärgerlichen Ton und war richtig sauer, als ich sagte, es klänge einfach gut und habe keine tiefere Bedeutung.

Daraufhin fragte sie, ob ich mich unseres Namens und meiner Familie schäme, obwohl ich in dem Lied ‚The Sun Is Shining Down’ über das Sterben meines Großvaters sang, in ‚Wrong Side’ über meinen Vater. Das gab mir zu denken, und wenig später setzte ich das JJ Grey vor Mofro.

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