Karies-Kampf in der Kaserne?

12.10.2015, 17:45 Uhr
Karies-Kampf in der Kaserne?

© Foto: Hildenbrand dpa/lby

In der Otto-Lilienthal-Kaserne, wo derzeit rund 1200 Flüchtlinge vorübergehend leben, wurden zwei Zimmer zur „Krankenstation“ umfunktioniert. Zwei Allgemeinärztinnen sind im Sprechstundeneinsatz – anfangs nur dreimal wöchentlich, inzwischen wegen des Ansturms täglich zwei Stunden lang. Aber wenn Asylbewerber mit Zahn-, Rachen- oder Halsschmerzen zu ihnen kommen, ist eine Diagnose nicht nur wegen der sprachlichen Verständigung, sondern auch wegen der Überschneidung der Disziplinen nicht immer schnell und problemlos möglich. Ist der Abszess, der geschwollene Lymphknoten oder der eitrige Zahn ein Fall für den Arzt oder den Zahnarzt?

Also schien die Idee, dass in der Kaserne neben den beiden Allgemeinärztinnen auch ein Dentist Dienst tun könnte, hervorragend. Dr. Rudolf Meierhöfer, der in Roth eine Praxis betreibt und schon oft seinen Urlaub unentgeltlich als Zahnarzt für Kinder in Tibet zum Beispiel verbracht hat, erklärte sich sofort bereit, auch ohne Bezahlung. Er hält eine Behandlung der Flüchtlinge vor Ort für die praktikabelste Lösung, „denn wenn die Asylbewerber zu den Zahnärzten im Ort gehen müssen, wo Termine in der Regel nur nach Vereinbarung vergeben werden, gibt es oft lange Wartezeiten“ – um dann vielleicht festzustellen, dass der Patient doch zum Allgemeinarzt oder zur chirurgischen Kollegin geschickt werden muss.

Blieb die Schwierigkeit der Ausstattung. Ein Zahnmediziner ist sowohl auf einen Behandlungsstuhl als auch auf desinfizierte Instrumente angewiesen. Welch ein Glück, dass die Bundeswehrkaserne über eine komplett eingerichtete Zahnarztstation verfügt! Dieses Glück erwies sich allerdings als sehr kurzlebig. Denn die Asylbewerber, die im nichtmilitärischen Bereich der Kaserne wohnen, müssten zur Behandlung in die Zahnarztstation in den militärischen Bereich gebracht werden.

Wie steht die Bundeswehr dazu?, fragten wir in der Kaserne den Standortältesten Major Christoph Migura. Der aber verwies an die Regierung von Mittelfranken: Die müsse in so einem Fall „ein Amtshilfeersuchen an die Bundeswehr stellen“. Die Regierung von Mittelfranken teilte uns auf unsere Nachfrage mit: „Die Bundeswehr hat Sicherheitsbedenken.“

In diesem Spannungsfeld zwischen den Sicherheitsbedenken der Bundeswehr und dem Wunsch, dass ein Zahnarzt den in der Kaserne untergebrachten Flüchtlingen vor Ort in den Mund schauen kann, bewegt sich nun Dr. Fritz Oberparleiter. Der Leiter des Gesundheitsamtes im Landkreis Roth verfolgt das Ziel, dass die Asylbewerber direkt in der Kaserne vom Zahnarzt behandelt werden können, nach wie vor „mit Leidenschaft“ und will sich mit dem Argument der Sicherheitsbedenken lby.„noch nicht abfinden“.

Natürlich sei es nachvollzieh- und begründbar, dass der militärische Bereich nicht einfach geöffnet werden könne, sagt er. Andererseits: „Ein Bus kann doch am Vormittag die Flüchtlinge in die Zahnarztstation bringen und sie nachmittags wieder zurückfahren“, hält Dr. Meierhöfer für einen machbaren Vorschlag. Eine Lösung des Interessenskonfliktes ist bisher nicht gefunden.

Und: Zum Aspekt der Sicherheit kommen laut Oberparleiter weitere Hürden hinzu. Auch die hygienischen Bedingungen, die er sich für das Nutzen der zahnmedizinischen Abteilung in der Sanitätsstation wünscht, seien im Diskurs mit der Bundeswehr noch strittig. Denn „mit einem Handbohrer arbeiten wir schon lange nicht mehr.“ Oberparleiter aber ist weiterhin zuversichtlich: „Ich gebe noch nicht auf.“

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