Licht ins dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte von Roth

4.10.2017, 15:08 Uhr
Licht ins dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte von Roth

© Foto: Hans Pühn

Schon in der Vergangenheit war in unregelmäßigen Abständen der Disput über die Rolle der Stadt Roth in der Zeit des Nationalsozialismus aufgeflammt, wobei hauptsächlich die Rolle von zwei Rother NS-Protagonisten, Bürgermeister Dr. Robert Groß und NS-Ortsgruppenleiter Karl Merkel, zur Sprache kam.

In seiner Eröffnungsrede ging Kurator Guido Schmid, der die Ausstellung zusammen mit Museumspädagogin Anne Roßius gestaltet hatte, zwar ebenfalls auf die vieldiskutierte Groß-Merkel-Konstellation ein (wir berichteten in unserer Wochenend-Ausgabe), spannte aber darüber hinaus den Bogen von der Vorgeschichte der Nazi-Bewegung ("Mittelfranken war ein Zentrum der NS-Bewegung") über Machtergreifung und Gleichschaltung ab 1933, Widerstand und Verfolgung sowie das Schicksal der jüdischen Gemeinde und der politischen Gegner, bis hin zum militärischen Alltag und der Nachkriegsgeschichte. Genau diese Themenbereiche spiegelt auch die Ausstellung im zweiten Stock des Museums wider. Auf den großformatigen Bildtafeln finden sich zudem zahlreiche Abrisse über die lokalen Begebenheiten der Nazi-Zeit in der Stadt Roth, in der damals rund 6000 Menschen wohnten.

An den Gesichtern vieler Betrachter ließ sich bei der Eröffnung die Betroffenheit über das wohl dunkelste Kapitel der Rother Stadtgeschichte ablesen. Nicht nur die ältere Generation, sondern auch junge Menschen beschäftigten sich intensiv mit den Bildern und Texten, die Guido Schmid aus verschiedenen Archiven an das Tageslicht beziehungsweise an das Kunstlicht im Museum befördert hatte.

Ihr Ziel, dem Betrachter den Alltag im nationalsozialistischen Roth näherzubringen, beziehungsweise Antworten auf Fragen nach den Protagonisten und den Opfern zu geben, erreicht diese Dokumentation durch die Eindringlichkeit ihrer Bilder und die geschickte Auswahl von Texten und Dokumenten.

Bürgermeister Ralph Edelhäußer sprach denn auch Kurator Guido Schmid und Museumspädagogin Anne Roßius, die für diese notwendige Art von Erinnerungskultur verantwortlich zeichnen, Anerkennung und Dank aus. Edelhäußers Hoffnung, dass diese Ausstellung vielleicht auch ein wenig dem "Dornröschenschlaf" des (sehenswerten) Museums entgegenwirken könnte, dürfte sich erfüllen. Die "gigantische Geschichtslast eines der größten Menschheitsverbrechen der Geschichte" (so Schmid) jedenfalls hat im Schloss Ratibor ein Gesicht bekommen, das dem Betrachter eine schlimme Zeit optisch eindrucksvoll näher bringt.

Fortsetzung geplant

Eine Fortsetzung soll die Ausstellung im nächsten Jahr mit einer Publikation finden, die das im Museum Gezeigte und eine Reihe weiterer spannender und wichtiger Aspekte beinhalten wird. Als Beispiel nannte Schmid in diesem Zusammenhang eine Dokumentation über die vielen Zwangsarbeiter während des Krieges in Rother Industriebetrieben.

Die Ausstellung im Museum Schloss Ratibor ist bis 30. November, jeweils Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr, geöffnet. Während der Winterpause des Museums (ab Dezember bis zum 28. Februar 2018) kann die Ausstellung von Einzelpersonen und Gruppen nach Rücksprache besucht werden.

Darüber hinaus bietet das Museum ab sofort für Schulklassen ein spezielles museumspädagogisches Programm zur Ausstellung an. Bei einer Führung werden Themen wie Alltag im Nationalsozialismus, Opfer der NS-Verbrechen oder die Inszenierung der Partei an regionalen Beispielen verdeutlicht.

Weitere Informationen unter www.schloss-ratibor.de, Telefon (0 91 71) 84 85 32.

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