Maurers Sturz beendet rasante WM-Abfahrt

13.10.2017, 13:08 Uhr
Maurers Sturz beendet rasante WM-Abfahrt

© Sebastian Sternemann

Schon wenige Wochen nach seinem schweren Sturz Mitte Juli bei den Deutschen Downhill-Meisterschaften, wo er sich eine Schulterverletzung zugezogen hat, sitzt der Spalter wieder im Sattel. Das Rennen in Bad Tabarz nutzt er zur Standortbestimmung. Auf der sehr technischen Strecke in Thüringen habe die Schulter "ziemlich gut funktioniert", erzählt er. Den Platzierungslauf am Samstag kann er mit über acht Sekunden Vorsprung überlegen gewinnen. Im Finallauf tags darauf habe er dann jedoch "zu viel gewollt". Nach einem Sturz kann er das Rennen nur noch zu Ende rollen. Trotzdem: Nach seiner Verletzung und trotz lädierter Schulter ist der zwölfte Rang für ihn eine Bestätigung.

Wenig später steht bereits der letzte Weltcup des Jahres vor der Tür. Die Strecke im italienischen Val di Sole ist mit Steilstücken mit bis zu 40 Prozent Gefälle und diffizilen, technischen Passagen eine der schwersten, aber auch "total cool", wie Simon Maurer findet. Bei der Streckenbesichtigung, erzählt er, "musst du an manchen Stellen fast schon klettern". Entsprechend hoch ist die Anspannung. Insgesamt läuft es im Qualifikationslauf gut, viele Abschnitte des Parcours meistert er souverän.

Für Australien geschont

Andernorts fährt er allerdings auch hart an der Grenze zum Ausscheiden. Um keinen kapitalen Sturz und damit vielleicht den Saisonhöhepunkt, die WM in Cairns, zu riskieren, nimmt der Spalter Tempo raus und fährt auf Ankommen. Außerdem muss er sich eingestehen, dass die Kraft in der Schulter noch fehlt und so ist er nur "ein bisschen enttäuscht", dass es für den Endlauf nicht reicht.

Dann ist es da: Das absolute Highlight dieses Sportjahres für Simon Maurer, die Teilnahme an der UCI Weltmeisterschaft im Downhill, die im September im australischen Cairns stattfindet. Zwei Wochen ist Maurer mit den anderen Mitgliedern der Deutschen Nationalmannschaft und seiner Familie in Down Under – zum Trainieren und Akklimatisieren. Zwischendurch bleibt sogar ein wenig Zeit zum Urlaub machen.

Nicht vergleichbar

Nachdem der Jetlag einigermaßen weg ist, geht es ans Eingewöhnen. Denn schnell ist klar, dass die australischen Abfahrtsstrecken ganz anders als jene sind, die der 17-Jährige aus Europa kennt. Anstatt steil und wurzelig sind die Strecken hier oft verhältnismäßig flach. Besonders ungewohnt ist aber der harte, mit viel Staub bedeckte Boden, der seit Monaten keinen Regen mehr gesehen hat. Mit einem Waldboden in Deutschland oder Österreich, der immer etwas feucht und damit griffig ist, ist das nicht zu vergleichen.

Das Sandig-Trockene sei viel schwerer zu fahren, berichtet er, da der Grip fehle und man nicht wisse, wo das Limit ist. "Es ist, als würde man in einem Sandkasten fahren – alles schwimmt irgendwie." Spaß mache es aber dennoch.

Im Krankenhaus aufgewacht

Die knapp zwei Kilometer lange Wettkampfstrecke hat es in sich. Extrem schnelle Passagen wechseln sich mit sehr langsamen, weite Sprünge mit Gegenanstiegen ab. Als besonders schwierig zu fahren erweist sich ein großes Steinfeld mit lockerem Geröll. Hinzu kommen schwierige Licht-Schatten-Verhältnisse und eine Unmenge Staub, der viele Wurzeln überdeckt. Absolut konzentriertes Fahren ist hier oberstes Gebot. Im Platzierungslauf bringt der Spalter im Dress der Nationalmannschaft einen – dank eines Stehers im Steinfeld – relativ "langsamen, aber sauberen Lauf" ins Tal und wird 41.

Am nächsten Tag prescht er im Finale als zweiter Deutscher und elfter Starter insgesamt aus dem Starthäuschen. Bei der ersten Zwischenzeit ist er acht Sekunden schneller als während der Qualifikation, liegt damit auf einem soliden Platz im Mittelfeld. Konzentriert rast er weiter, doch in der letzten schweren Sektion, kaum 500 Meter von der Ziellinie entfernt, passiert es: Mit knapp 60 Kilometern pro Stunde schießt er in die Passage hinein, nach einem Hügel verreißt es ihm in der folgenden Kurve das Rad – und dann ist alles dunkel.

Bewusstlos bleibt Simon Maurer auf der Strecke liegen. Rettungskräfte bringen in umgehend ins nächste Krankenhaus. Erst dort kommt der 17-Jährige wieder zu sich. Die Ärzte untersuchen ihn und behalten ihn zur Kontrolle dort. Aber er hat Glück im Unglück: Der Unfall geht ohne Brüche ab, lediglich die Hüfte und seine linke Körperseite sind stark geprellt.

Frustabbau geglückt

Vor wenigen Tagen steht Maurer bereits wieder am Start. Das Rennen in Bellwald (Schweiz) will er sich keinesfalls entgehen lassen, "weil es mir dort so gut gefällt". Was könnte sich auch besser für ein bisschen Frustbewältigung und den psychologischen Wiederaufbau eignen als eine seiner Lieblingsstrecken? Denn nach all den Stürzen der letzten Zeit habe er endlich wieder "einen sicheren Lauf ins Ziel bringen" wollen. Der Plan geht auf. Im Seeding Run schafft er es auf den elften Rang und im Finale schrammt er mit Platz vier nur knapp am Podium vorbei.

Abgesehen von seinen ersten Weltcup-Punkten und der WM-Teilnahme kann sich Simon Maurer in dieser Saison noch über etwas anderes freuen: Im European Downhill Cup holt er sich in der Gesamtwertung den dritten Platz. Und das, obwohl er nur drei der fünf Rennen dieser Serie gefahren ist.

Keine Kommentare