Nach 50 Jahren am Ort unbeschwerter Jugendtage

1.7.2015, 17:45 Uhr
 Nach 50 Jahren am Ort unbeschwerter Jugendtage

© Foto: Manfred Klier

Zum Drehtermin sind Felicitas Gräfin von Faber-Castell und ihre Cousine Bianca Bandekow gekommen. Nach rund 50 Jahren ist es für sie ein Wiedersehen mit einer Stätte, die sie in ihrer Jugend oft besucht und wo sie unbeschwerte Sommertage verbrachten. Nun schwelgen sie in Erinnerungen und nach und nach wird die alte Zeit wieder präsent, zumal heute auch die hellen Sonnenstrahlen durch die weit geöffnete Flügeltür den Saal erhellen. Draußen plätschert schon wieder der Springbrunnen, umsäumt von Blumenwiesen und frisch aufgeschütteten Wegen. Peter Schafhauser, Pressereferent von Faber-Castell hilft bei dieser „Wiedergeburt“.

„Könnten Sie bitte den Gehstock in die andere Hand nehmen? Zeigen Sie bitte mit dem Finger auf das Foto“: Penibel achtet Regisseurin Birgit Leonhardt auf jedes Detail. Die beiden Damen haben Ansteckmikrofone erhalten. Oft muss eine Szene wiederholt werden. Bei der Probe hat zunächst hat alles geklappt, aber dann bei Aufnahme donnert in der Nähe ein ICE vorbei oder ein Versprecher schleicht sich ein.

  Über der Tür zur „Belle Etage“ im Obergeschoss kündet eine 200 Jahre alte Rokoko-Uhr zwar nicht mehr die aktuelle Zeit, wohl aber vom einstigen Glanz in diesem Haus. Restauratorin Simone Clodius gerät ins Schwärmen: „Ich freue mich, dass die Bemalung so gut erhalten ist und nie überstrichen wurde.“ Gräfin Felicitas freut sich: „Es ist schön, dass hier alles zu neuem Leben erweckt wird.“

Ebenso erfreut lassen sich die beiden Damen die Wandbemalung in einem Nebenraum erklären: Auf der verputzten Wand wurde eine Brokat-Stofflichkeit mit Goldglitzer nachgeahmt. Ganz im Stile der Rokoko-Zeit. Leider wurde die Bemalung übertüncht und die Restauratorin will mit dem Skalpell die ursprüngliche Bemalung wieder freilegen.

Anhand von Fotos erinnern sich die Gräfin und ihre Cousine an vergangene Zeiten. Ein Foto zeigt den Allersberger „Drahtbaron“ Jacob Gilardi, der das Anwesen um 1760 vermutlich von Gabriel de Gabrieli erbauen ließ. Gilardi nannte seine Sommerresidenz das „Fressgütlein“. Ein Name, den die beiden Damen nicht kennen: „Es ist bei uns nicht üblich, diesen Ausdruck zu benützen.“ Die 86-jährige Gräfin schwärmt von den 1970er und 80er Jahren, als sie hier auf Jagd ging und Rehböcke erlegte. Cousine Bianca ergänzt: „Ich war in den Jahren von 1945 bis 1952 oft hier bei meiner Tante zu Besuch. Es wurde viel gefeiert, auch wenn es in den Nachkriegsjahren oft nicht viel zu essen gab.“

Bis zu ihrem Tod im Jahre 1985 hat Gräfin Mariella in Appelhof gewohnt. Bis 2011 bewohnte dann noch eine entfernte Familienangehörige das Gebäude, ohne dass allerdings Renovierungsarbeiten vorgenommen wurden.

Noch sehr viel zu tun

Dazwischen berichtet Restauratorin Simone Clodius über das weitere Vorgehen. Als sie vor zwei Jahren das erste Mal das Haus betreten hatte, waren die Fenster mit Brettern vernagelt. Es gab weder Heizung noch Strom. Der Saal im Erdgeschoss war mit Mauern in Zimmer unterteilt worden. Nach dem Krieg waren hier Heimatvertriebene eingewiesen worden. Die Zwischenwände sind wieder beseitigt worden. Noch gibt es aber viel zu tun, es müssen ein Nutzungskonzept  und Pläne erstellt werden.

Die eigentliche Restaurierung wird sich über viele Jahre hinziehen und vermutlich Kosten im siebenstelligen Bereich verursachen. Ziel ist es, Kunst und Kultur ins Schlösschen einziehen zu lassen. Gewissermaßen als Zwischennutzung wird das ehemalige „Fressgütlein“ von Samstag, 18. Juli, 14 Uhr, bis zum 13. September für Besucher geöffnet werden.

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