Neue Bereitschaftspraxis soll Rother Kreisklinik entlasten

31.1.2018, 17:45 Uhr
Neue Bereitschaftspraxis soll Rother Kreisklinik entlasten

© Foto: Paul Götz

Auch der Vorstand der Rother Kreisklinik, Werner Rupp, kann bestätigen, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Fälle in der Notaufnahme zugenommen hat. Im vergangenen Jahr kamen rund 6800 Menschen, im Jahr 2005 waren es nur rund 4800. Besonders spürbar war der Anstieg von 2012 auf 2013, hier springt seine Statistik um 700 Patienten von 5800 Patienten auf 6500. Seither bewegt sich die Patientenzahl auf einem annähernd konstanten Niveau.

"Viele Patienten fahren lieber gleich in die Klinik, als erst zu telefonieren, welcher Arzt Bereitschaft hat. Weil der sie, falls es ernst ist, eh in die Notaufnahme schickt, denken sie", erklärt Rupp. Das Problem dabei ist aber, dass eben die Menschen, die mit Leiden in die Notaufnahme kommen, die auch ein Hausarzt kurieren könnte, die Notaufnahme auslasten, sodass dann die schwereren Fälle ebenfalls länger warten müssen, weil Ärzte und Krankenschwestern mit der Arbeit nicht mehr hinterherkommen.

Dieses Phänomen ist aber nicht nur in Roth ein Problem. Unter anderem deswegen organisiert die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) den ärztlichen Bereitschaftsdienst nun neu. Bislang konnten die Patienten unter der Nummer 116 117 ihr Anliegen schildern und wurden dann an den diensthabenden Arzt, der geografisch am nächsten ist, verwiesen, oder in die Notaufnahme geschickt. Diese Nummer gilt weiterhin.

An der Kreisklinik in Roth wird nun aber eine Bereitschaftspraxis eingerichtet, in die man ohne Termin kommen kann und behandelt wird. "Dadurch soll auch eine bessere Verzahnung des ambulanten und des stationären Bereichs erreicht werden", erklärt Rupp.

"Was lange währt, wird endlich gut. Ich finde aus Bürgersicht ist das die beste Lösung", sagt er. "Die Bürger haben eine Anlaufstelle und räumlich ist es an die Klinik angedockt", führt er aus.

Dort soll dann der zuständige niedergelassene Arzt, der gerade für den Bereitschaftsdienst eingeteilt ist, auf Patienten warten, eine Arzthelferin assistiert.

Neue Räume mussten dafür nicht eingerichtet werden, erklärt Rupp. Es könnten die Räume für die elektive Aufnahme genutzt werden, gegenüber der Notaufnahme. Hier werden die Patienten mit einem Operations-Termin aufgenommen und vorbereitet. Da dies meistens am Mittag beendet ist und die Räume dann nicht mehr genutzt werden, können sie als Bereitschaftspraxis dienen. Die KVB hat dazu einen mobilen Turm mit Laptop, den nötigen Gerätschaften und Verbrauchsmaterialien angeschafft, der am Vormittag, wenn die Räume anders genutzt werden, in einen Lagerraum gefahren werden kann.

Die neue Bereitschaftspraxis soll dann Montag, Dienstag und Donnerstag von 18 bis 21 Uhr besetzt sein, Mittwoch und Freitag von 13 bis 21 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 21 Uhr. So würden laut Rupp die Kernzeiten abgedeckt, in denen die niedergelassenen Ärzte geschlossen haben und die meisten Notfälle zu erwarten sind. Nach 21 Uhr können die Patienten wieder in die Notaufnahme kommen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass dann der gleiche Zustand wieder eintritt, nur mit zeitlicher Verschiebung, macht Rupp klar.

Die Hausärzte sind von dieser neuen Regelung nicht durch die Bank begeistert. Konnten sie doch, wenn es ruhig war beim Warten auf Patienten Büroarbeit erledigen, Fachliteratur lesen oder die Praxis aufräumen, in der Bereitschaftspraxis ist es schwierig, wenn keine Patienten kommen, die Zeit sinnvoll zu nutzen.

Dass ein Leerlauf entsteht, glaubt Rupp aber nicht. Die Zeiten seien so sinnvoll gewählt, dass genug zu tun ist. Dazu habe es extra einige Pilotprojekte in Bayern gegeben. Da Notdienst-Standorte mit der Einführung der neuen Bereitschaftspraxen auch zusammengelegt würden und die Gebiete, die ein Arzt abdecken soll, weiter gefasst würden, kommen mehr Patienten. So werde zum Beispiel am Stadtkrankenhaus Schwabach keine Praxis eröffnet. Nach Roth seien dann die nächsten Bereitschaftspraxen in Nürnberg, Neumarkt und Weißenburg. Für die Ärzte hat das natürlich auch den Vorteil, dass sie seltener Notdienst schieben müssen.

Das macht das Land für junge Nachwuchsärzte auch wieder ein Stück attraktiver. Dr. Wilhelm Wechsler, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Südfranken kann das bestätigen. Er hat 35 Jahre nach altem Modell Dienst getan und seine Praxis in Spalt im vergangenen Sommer an seinen Nachfolger übergeben: "Der hat kürzlich seinen Dienstplan von März bis Ende des Jahres bekommen und hat insgesamt 88 Stunden, in denen er Notdienst machen muss. Bei uns war das Gebiet damals viel kleiner, wir haben Mittwochmittag bis Donnerstag früh gemacht und dann Freitagmittag bis Montag früh. Da hat man an einem Wochenende allein 81 Stunden aufgebaut", erinnert er sich.

Die vergleichsweise wenigen Dienstzeiten kommen auch dadurch zustande, dass die Praxis an der Klinik nur in den Kernzeiten besetzt ist, in denen am meisten Betrieb herrscht. Die KVB habe das durch die Auswertung der Modellprojekte festgestellt und "wir merken ja selber auch, wann bei uns in der Notaufnahme am meisten los ist", sagt Klinikvorstand Rupp.

Trotz anfänglicher Zweifel in der Ärzteschaft, als nur eine Praxis für die Region in Weißenburg geplant war, steht Wechsler dem neuen Konzept nicht ablehnend gegenüber, zumal die KVB bei den Standorten und Präsenzzeiten nachgebessert habe: "Das Konzept ist sinnig und zeitgemäß. Gerade für junge Mediziner, die nicht in der Nähe der Praxis wohnen, ist das eher akzeptabel." Nur für die Patienten befürchtet er den Nachteil, dass gerade Ältere es nun schwerer haben, wenn sie kein eigenes Auto haben, um in die Praxis zu kommen.

Hausbesuche des Bereitschaftsarztes, falls der Patient immobil ist, kann man aber weiterhin unter der 116 117 vereinbaren. Diese finden dann allerdings außerhalb der Praxisöffnungszeiten statt.

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