Passage nach dem Kauf: Plötzlich will sie jeder haben

13.6.2018, 06:00 Uhr
Passage nach dem Kauf: Plötzlich will sie jeder haben

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Die Valentin-Passage in Roth war ein Vorzeigestück. Eine ideale Verbindung vom Marktplatz nach außen mit Gängen zum Flanieren, dem Modehaus Wöhrl als Zentrum und Anker, daran angedockt weitere Läden, Praxen, Wohnungen – und die Parkgarage gleich daneben. Doch die "glory days" sind längst Geschichte. Der Niedergang verlief schleichend, aber stetig: die Teil-Verkäufe der Immobilie an verschiedene Käufer und Gesellschaften in weiter Ferne – also ohne jedes Interesse an der Rother Stadtentwicklung, der vergebliche Wiederbelebungsversuch von Edeka, die Wöhrl-Schließung, die unglücklichen Parkhaus-Eigentumsverhältnisse kamen als i-Tüpfelchen in Sachen Parkraumbewirtschaftung nur noch oben drauf.

Segen für die Innenstadt

Dass Wöhrl-Junior sich angesichts dieser Tristesse am Bau zu einem Umbau zum Hotel (für seine Dormero-Kette) überreden ließ, muss man beim Blick auf das Gebäudekonstrukt zwar als überaus gewagt bezeichnen. Aber gleichzeitig als Segen – für die Rother Innenstadt. Wenn das Hotel, das im Januar 2019 seine 68 Zimmer plus Restaurant, Bar, Tagung und Wellness eröffnen will, funktioniert, dann gewinnt auch der zweite darbende Teil der Passagen wieder an Charme. Vielleicht ist Charme noch zu viel gesagt, aber nach langer vergeblicher Verkaufswerbung schlug nun jedenfalls eine Düsseldorfer Immobiliengesellschaft zu.

Ebenfalls bemüht hat sich um die fast 12000 Quadratmeter Fläche (wobei die Wohnungen und Praxen knapp 3000 Quadratmeter betragen) eine kleine Gruppe von Privatleuten aus Roth. Angesichts des Kaufpreises, den Helmut Lorenz als Sprecher der Gruppe auf 2,1 Millionen Euro schätzt und damit sehr günstig nennt, wollten er und seine Mitstreiter ihre geschäftlichen Interessen mit ihrer "Liebe zu Roth" ideal ergänzen.

Daraus wurde bekanntermaßen nichts, die Düsseldorfer Investoren erhielten den Zuschlag – doch Helmut Lorenz ließ nicht locker: Das Objekt werde ja weit weg von Düsseldorf aus betreut, "das trägt sicher nicht dazu bei, das Objekt erfolgreich im Sinne der Stadtentwicklung zu führen". In dem Fall habe die Stadt ein Vorkaufsrecht, schrieb Lorenz Ende März an den Bürgermeister – zusammen mit einer Auflistung aller möglichen Nutzungszwecke, einer Minikalkulation und der dringenden Aufforderung, doch bitte "keine Zeit zu verlieren". Denn: "Welche Nutzungen die Stadt als neuer Eigentümer auch vorsieht, so günstig wie hier kommt sie nie mehr zu einer Fläche mitten im Zentrum."

Ideen für die Nutzung präsentierte er gleich im Großpack: Die Stadtbücherei könnte ins Untergeschoss einziehen (und im Schloss dafür ein Café entstehen), für eine weitere Kita oder die Volkshochschule gäbe es Raum, auch das vom Verein Kreismetropole Roth geplante Projekt Hochschule in Roth könnte mit einer Fachrichtung in die Passagen einziehen. Denkbar sei auch ein Café mit Bar und Bistro, eventuell mit Platz für Ausstellungen und Musikveranstaltungen.

Eine Gewerbeschau und Märkte könnten in den Passagen, teilweise auch in der Parkgarage abgehalten werden. Er nennt ein Gründerzentrum mit kleinen Gründershops oder -büros zum günstigen Ein-Euro-Mietpreis, aber auch Lagerflächen würden stets gebraucht. Sportvereine könnten laut Lorenz hier Trainings- und Seminarräume anbieten, die angedachte Triathlon-Dauerausstellung fände Platz, dem Renomée der Sportstadt täten Geschäfte für Sport, Fitness und Ernährung oder Sportfachärzte gut. Auch ein Gesundheitszentrum III stellt er sich vor.

Außerdem formuliert Lorenz die Idee, die auch Bürgermeister Ralph Edelhäußer immer mal wieder ins Gespräch bringt: "Für bestimmte Veranstaltungen ist die Leerstandsfläche durchaus geeignet". Ein Ersatz für die jüngst abgerissene und noch nicht neu geplante Stadthalle also. Laut Lorenz wäre der Kauf der Flächen nicht nur besonders günstig, sondern eine historisch einmalige Chance". Denn zum Gesamtpaket gehören auch die Wohnungen, die dereinst, wenn ein Mieter auszieht, "mit Sozialbindung vermietet werden könnten". Und das Parkdeck hätte künftig auch nur einen Eigentümer, so dass sowohl die Probleme bei der Renovierung als auch bei der Parkraumbewirtschaftung der Vergangenheit angehören würden.

Nicht öffentlich

Der Brief der Rother Investorengruppe, die für die Finanzierung ihrer Idee übrigens auch einen Geldgeber gefunden hätte, ist jetzt fast drei Monate alt. Die Stadtverwaltung hat noch nicht darauf geantwortet. Auf Nachfrage unserer Zeitung verwies Bürgermeister Ralph Edelhäußer darauf, dass es "keinerlei Auskunft dazu gibt". Denn Grundstücksangelegenheiten werden stets nicht öffentlich verhandelt.

Doch sobald es möglich sei, werde die Öffentlichkeit informiert, ob die Stadt die 12 000 Quadratmeter Flächen, die die Passage neben dem Hotel Dormero hat, dem Düsseldorfer Immobilien-Entwickler überlässt oder ob sie sie selbst kauft. Einen Hinweis gibt der Bürgermeister aber bereits: "Es ist nicht leicht, das Vorkaufsrecht zu ziehen." Die Kommune könne das nicht einfach aus Lust und Laune tun. "Es ist ein schwieriges Verfahren."

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