Plastikfreies Roth: Nicht alle sind dabei

29.6.2016, 18:30 Uhr
Plastikfreies Roth: Nicht alle sind dabei

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10 000 Mehrwegtaschen wollen Stadt und Einzelhändler ab Ende 2016 den Kunden an die Hand geben, propagiert von einer stattlichen Werbekampagne soll nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ das grüne Image der Stadt gestärkt werden. Die Kosten von rund 20 000 Euro will man sich mit den Einzelhändlern teilen.

Der städtische Veranstaltungskoordinator Andreas Kowohl hatte das Projekt im Stadtrat noch einmal mit den erschreckenden Zahlen präsentiert: Eine Billion Plastiktüten werden jährlich verbraucht, auch in Roth sind das immer noch 1,9 Millionen pro Kopf und Jahr. Dagegen wolle die Stadt etwas tun.

Doch dann meldeten sich diejenigen zu Wort, die dem Sinn der Aktion skeptisch gegenüber stehen: Siegfried Schwab (Wählergemeinschaft) führte den für die Herstellung von Papiertüten höheren Energieaufwand ins Feld, erinnerte an die Funktion der Tüten als Werbeträger der Geschäfte und an die Mehrfachnutzbarkeit von Plastikverpackungen. Außerdem würden Tüten in unseren Breiten nicht im Meer schwimmen, sondern ordentlich entsorgt, wo sie in den Verbrennungsanlagen sogar den Brennwert erhöhen. Seine Bewertungen lauteten: „Schaufenstervorgang“, „Aktionismus“ und „Schaumschlägerei“.

„Ganz andere Probleme“

Sven Ehrhardt (SPD) setzte die Kritik mit ähnlicher Wortwahl fort: „Reiner Marketing-Gag“, fand er. Statt sich lauter Attribute wie Einkaufsstadt, Sportstadt oder plastikfreie Stadt auf die Fahnen zu schreiben, habe Roth „ganz andere Probleme, zum Beispiel Riesenleerstände“. Die 10 000 Euro könne man „sinnvoller ausgeben und Andreas Kowohl seine Arbeitszeit sinnvoller nutzen“.

Die CSU-Kollegen Daniel Matulla und Dr. Manfred Weiß, die das Projekt für „eine gute Sache“ halten, „auch wenn es Geld kostet und auch wenn man nur einen kleinen Beitrag leisten kann“, beglückwünschte Ehrhardt süffisant zu ihrem „neu entdeckten grünen Daumen“. Er wolle sie aber auch daran erinnern, wenn es wieder um erneuerbare Energien für städtische Gebäude gehe. Das Reizthema aus der Anbaudiskussion für die Anton-Seitz-Schule verbot Bürgermeister Ralph Edelhäußer jedoch umgehend: „Steht nicht auf der Tagesordnung.“

„Wir haben es mit Jute und Stoff probiert, bisher hat es nicht funktioniert.“ Für Dr. Hannedore Nowotny (SPD) stellte sich die Frage, warum die Stadt eine Aufgabe der Einzelhändler zu ihrer Aufgabe mache. „Das ist eine Subventionierung für einen kleinen Personenkreis.“ Und: „Wir schaffen es nicht, Roth plastiktütenfrei zu kriegen — nur über ein Verbot.“

Bürgermeister Edelhäußer machte klar, dass das Projekt eine freiwillige Leistung der Stadt sei, und „ja, es ist eine Subventionierung für den Einzelhandel“. Es sei auch klar, dass nicht 100 Prozent der Geschäfte mitmachen, aber man wolle eine Bewusstseinsänderung herbeiführen — „das geht nicht ganz kosten- und schmerzfrei.“

Außerdem erinnerte er daran, dass auf den künftigen Mehrwegtaschen das Logo der Stadt prange. „Und wenn der Einzelhandel es bezahlt, kann er auf die andere Taschenseite auch sein eigenes Logo drucken“, beantwortete Kowohl eine Frage von Elisabeth Bieber (FW).

„Plastikmüll geht uns alle an“, appellierte die Grünen-Stadträtin Andrea Schindler vor der Abstimmung noch einmal an die Kollegen und forderte sie auf: „Jeder muss mitarbeiten.“

Schwarzgrüne Farbskala

Die Koalition für das Projekt „plastiktütenfreies Roth“ erfolgte dann weitgehend auf der schwarzgrünen Farbskala, auch die Freien Wähler stimmten dem Projekt zu. Die SPD dagegen stimmte bis auf zwei Fraktionsmitglieder gegen die Aktion, ebenso wie Robert Gattenlöhner von der Frankenpartei, Siegfried Schwab und Martin Burmann (Wählergemeinschaft).

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