Ratibor: Treppenlift macht das Rennen gegen Aufzug

14.1.2017, 06:00 Uhr
Ratibor: Treppenlift macht das Rennen gegen Aufzug

© Foto: Carola Scherbel

Damit alle Rother Bürger, auch die, die nicht Treppen steigen können, dabei sein dürfen, wenn im Stadtrat über ihre Belange entschieden wird, haben die Fraktionen von SPD und CSU im Bauausschuss schon vor geraumer Zeit Anträge gestellt: Der Zugang zum Sitzungssaal im ersten Stock und zu den Fraktionsräumen im zweiten soll barrierefrei gestaltet werden. Und im städtischen Bauamt hat man seitdem gehirnt, wie das zu bewerkstelligen sein könnte.

Ein Aufzug wäre die eleganteste Lösung. Doch die Nachfragen beim Landesamt für Denkmalpflege ergaben, dass er an der Außenfassade, also im Innenhof des Schlosses, nicht angebaut werden darf. Ein Aufzug innen vom Foyer des Nordflügels aus in die oberen Stockwerke wäre die Alternative, wenn auch deutlich teurer.

Zusätzlich sind dafür laut Stefan Hofmann vom Hochbauamt aber mehrere Voraussetzungen nötig: Zunächst müsste ein Bodengutachten ermitteln, ob der Baugrund überhaupt stabil genug ist (ein Teil des Foyers war früher vermutlich unterkellert, wurde aber zugeschüttet). Hofmann: „Wir wissen nicht, was uns darunter erwartet.“ Dazu kommt: Die Fußbodenheizung erleichtert das Unternehmen nicht gerade.

Der Aufzug selbst würde rund 50 000 Euro kosten. Darin seien aber nicht enthalten: die Kosten für den Bau des Schachtes, „wahrscheinlich eher Glas als Beton“, vermutete Hofmann. Auch für das Fundament und die notwendige statische Verstärkung, für die Durchbrucharbeiten durch die Geschosse und für die Elektrik ist darin noch kein Geld vorgesehen.

Aus diesen Kostenfaktoren ergab sich für den Hochbauamtsleiter die Überlegung, keinen Aufzug, sondern einen sogenannten Plattformlift einzubauen. Der Sitzlift, der am Treppengeländer installiert wird, könne zwar wegen zu vieler Kurven und Horizontalen nicht bis in den zweiten Stock fortgesetzt werden, und er dürfe nur mit oder von jemandem benutzt werden, der extra eingewiesen ist, außerdem sei er mit 15 Zentimeter pro Sekunde nicht gerade rauschend schnell, aber angesichts der Kosten von insgesamt 40 000 bis 45 000 Euro die bessere Lösung.

Abgestimmter Kompromiss

Vor dem Bauausschuss ergänzte Hofmann, dass der Kompromiss mit dem Inklusionsnetzwerk abgestimmt sei. Und da in den sanierten Ratsstuben behindertengerechte Toiletten eingebaut worden sind, könne auf den Umbau der Toiletten im zweiten Stock verzichtet werden. Allerdings müsse der Weg über den Hof für Rollifahrer noch verbessert werden.

„Nur eine Teillösung, aber kein echtes Bekenntnis zur Inklusion“, nannte SPD-Fraktionssprecher Andreas Buckreus diesen Kompromiss und verwies auf die „Unwägbarkeiten“, dass der Treppenlift nur bis in den ersten Stock reiche und lediglich langsam vorankomme. Buckreus: „Wir bleiben dabei: Wenn wir uns zur Inklusion bekennen, dann brauchen wir einen Aufzug.“

Auch sein Fraktionskollege Gerhard Grau betonte, dass er den Treppenlift lediglich als „Zwischenlösung“ betrachte. „Es kann nicht sein, dass wir als Kreisstadt nicht in der Lage sind, dafür zu sorgen, dass jemand mit Behinderung eine Fraktionssitzung im zweiten Stock besuchen kann.“

Dass ein Aufzug „natürlich viel schöner und sinnvoller ist“, gestand auch Bürgermeister Ralph Edelhäußer (CSU) zu, aber beim Vergleich mit dem technisch Sinnvollen sei der Vorschlag für den Treppenlift eben ein guter Kompromiss. „Auch das Inklusionsnetzwerk kann damit leben.“

„Suppe teurer als das Fleisch“

Die tatsächlichen Kosten für einen Aufzug kenne man erst im Nachhinein, warnte er und bemühte einen Vergleich aus der Küche: Bei schlechtem Untergrund drohe am Ende die „Suppe teurer zu werden als das Fleisch darin“. Im Übrigen könnten Fraktionssitzungen bei Bedarf jederzeit im Sitzungssaal oder im Rathaus abgehalten werden.

Die drei SPD-Vertreter blieben bei ihrer Haltung und stimmten gegen die Liftlösung, unterlagen aber gegen acht Stimmen.

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