Reibungsfelder: „Ein vielseitig geschliffener Kristall“

26.5.2015, 14:48 Uhr
Reibungsfelder: „Ein vielseitig geschliffener Kristall“

© Foto: Petra Bittner

Acht Frauen. In Francois Ozons gleichnamiger Kriminalkomödie geht das nicht gut. In Hilpoltstein schon. Karin Berger zum Beispiel ist „tiefenentspannt“. Ganz droben, im zweiten Stock der Residenz, hat die Rückersdorferin ihre Leinwände ausgelegt und fügt darauf Rindenteilchen um Rindenteilchen zu einer Botschaft aneinander. „Hat was Meditatives“, attestiert ihr eine Besucherin und kann‘s kaum glauben, als Berger kontert: „Ich bin ein ungeduldiger Mensch, total“.

So also geht das: Kunstschaffende offenbaren sich und ihre Art zu arbeiten; Kunstinteressierte beobachten, kommentieren, haken nach — „da purzeln Impulse, das ist inspirierend“. Für beide Seiten. Im Wechselspiel, das Symposium heißt.

Zum ersten Mal hat sich die Gedok Franken darauf eingelassen. Weil alles passt: Hof und Räume zum Aktivwerden, das Künstlerinnen-Kollektiv mit seinen unterschiedlichen Herangehensweisen, das Flair. „Ist schon wirklich sehr gut hier“, meint die fränkische Gedok-Vorsitzende Gerda Karina Hederer. Man könne zwar nicht so zügig arbeiten wie daheim, doch dafür sei es „das Gemeinschaftserlebnis, das einen weiterträgt“.

Hederer hat ihre Staffelei neben Karin Bergers „skulpturaler Naturmalerei“ in Stellung gebracht. Zumal Natur ein Thema ist, das auch die Gedok-Vorsitzende umtreibt. Aber anders. Der Massentourismus am Himalaya, die Zerstörung der imposanten Bergwelt, das Eindringen des Menschen in immanente Ökosysteme. Dergleichen finde Niederschlag in ihren expressiven Bildern.

Elisabeth Hochleitner hört es mit Interesse. Während sie tönerne Fische modelliert, die sich dereinst als Schwarm gegen die Gewässerverschmutzung formieren sollen, wirkt sie nachdenklich. Dass die Menschheit noch immer vermeint, „Weisheit mit Löffeln“ geschöpft zu haben, versetze sie in Wallung, gibt die Herzogenauracherin zu. Zum Ausdruck gebracht hat sie ihre Kritik in einer Installation, die als Denkanstoß auf drei Sockeln im gläsernen Treppenhaus der Residenz thront.

Hingegen: Die Kunst per se ist das ganz persönliche „Reibungsfeld“ der Gerda Spatz. In den Acrylmalereien der Schwabacherin, die mit Kaffee, Sand oder Asche bereichert werden, künden Schriftzüge davon: „Kunst ist frei“! Oder nicht? Gesprächsstoff, der das keimende Kleeblatt dieser vier Künstlerinnen wässert...

Ein nicht weniger fruchtbares Miteinander findet im Residenzhof statt, wo Roswitha Farnsworth gerade dabei ist, fantastische Impressionen zu formen. Das Kaktusfeigenblatt ist ein Sandwurm vom Wüstenplanet „Dune“ ist eine warzige Buckelwalflosse ist ein... - Die Künstlerin lacht. „Ich weiß nicht, was es wird“, das sich da unter ihre modellierenden Hände fügt.

Gewiss ist: Aus NonaD erwachsen, bildet das organische Etwas nur eine Facette des Farnsworth’schen Kosmos. Denn die Hohenstädterin bemalt Särge, schafft Skulpturen aus unterschiedlichsten Materialien, legt Mosaike und schnitzt. Am liebsten großformatige Eisfiguren. „Die würd‘ ich gern das ganze Jahr über machen – geht natürlich nicht.“

Projektkulturhof

Das ganze Jahr geschuftet haben Vanessa Cognard und Nadine Elda Rosani für eine neue Heimat, ein künstlerisches Zuhause. Zwei Frauen, ein Traum: In Aberzhausen entstand unter der Regie von Holzbildhauerin Rosani und Grafikerin Cognard ein „Projektkulturhof“, der ab Herbst wechselnde Ausstellungen, Symposien oder sonstige Kulturevents beherbergen soll.

In Hilpoltstein zeigen die beiden Damen schon mal eine Kostprobe ihres Könnens. Während Vanessa Cognard Kinder die Kunst des Comiczeichnens lehrt, hebt Nadine Elda Rosani ab: Einen Zedernholz-Marabu lässt sie mittels Kettensäge, Hammer und Meißel imposante Gestalt annehmen, „ganz pragmatisch, aus dem Bauch heraus“.

Die fränkische Gedok-Chefin Hederer und Symposium-Mitorganisatorin Cognard können also rundum zufrieden sein: Sich innerhalb der Künstlerinnenvereinigung besser kennen zu lernen, aktiver zu werden und Gewohntes ein wenig aufzufrischen – das sei erreicht worden. „Es war ein guter Lernprozess auf vielen Ebenen“, meint Gerda Karina Hederer. Und die Besucherresonanz dabei: „Sehr, sehr positiv“, unterstreicht Vanessa Cognard.

Alles in allem, umreißt Hederer metaphorisch, hätten das Symposium und seine unterschiedlichen Akteure einen „vielseitig geschliffenen Kristall“ zutage gefördert. Einen, der am Ende auch noch atmosphärisch beleuchtet wurde – durch den „Nachtbrand“ der Eckersmühlener Keramikerin Roswitha Madlon Hölle, die dazu eigens einen Steinofen im Hof der Residenz aufgebaut hatte, um darin ihre charakterfesten Keramikobjekte dem Gestaltungswillen des Feuers zu übereignen.

Die Jahresausstellung der Gedok Franken „Reibungsfelder I“ ist noch bis 28. Juni in der Hilpoltsteiner Residenz zu sehen.

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