Reinwarzhofen: Gemengelage des Glaubens

18.7.2018, 16:22 Uhr
Reinwarzhofen: Gemengelage des Glaubens

© Foto: Jürgen Leykamm

Auf spielerische und doch recht eindringliche Weise schlüpfen dabei die über 70 teilnehmenden, angehenden Konfirmanden aus dem Dekanat Weißenburg in verschiedene Rollen. Schnell kommt es (wenn auch nur zu gespielten) Rivalitäten zwischen den einzelnen Gruppen. Zuvor aber wird die Stimmung vom Reformator Martin Luther selbst kräftig angeheizt.

Als solcher predigt der Ellinger Pfarrer Roland Knöll den "Junkern und Jungfrauen von Reinwarzhofen" am dortigen Willy-Brandt-Zeltlagerplatz. Die Adeligen sollten ruhig mal selbst Schwielen an den Händen haben und die Pfarrer sich lieber um das Volk kümmern, als Ablassbriefe zu verteilen. Von denen habe er noch einige "für den Abort" übrig.

Seine Worte bergen genügend Zündstoff für die Diskussion in den einzelnen Gruppen, die ein Betreuer alle im Blick haben muss: "Bürgermeister" Alexander Schmidt aus Ohlangen, der als Einziger mit kleinem Akku-Ventilator herumlaufen darf, wie es sich seines Standes (wenn auch nicht seiner Zeit) geziemt. Die fächelnden Diener seien eben leider nicht zugegen, so Schmidt.

Weiß man in den Gruppen mal nicht weiter, lässt sich das "Tor der Zeit" betreten. Dahinter treffen die Teenager auf den Bergener Pfarrer Ulrich Hardt, der wie ein "Wikipedia 1517" bestens Auskunft geben kann und derzeit in das Amt des Dekanatsjugendpfarrers hineinwächst. Gemeinsam mit Dekanatsjugendreferent Frank Schleicher und der Thalmässinger Gemeindereferentin Brigitte Reinard bildet er das Kerntrio des Organisationsteams. Alle drei sind begeistert davon, wie sehr sich ihre Schützlinge in die Rollen hineindenken.

Frauen müssen stehen

Deutlich wird das vor allem, als am "Marktplatz" die Reden der jeweiligen Wortführer geschwungen werden. Einige Bänke stehen dort bereit, auf die sich die Frauen "natürlich nicht hinsetzen dürfen!", ermahnt der Bürgermeister, während eine lautstarke Gruppe aufmarschiert. "Reformation jetzt!" steht auf einem Transparent der "Schwärmer" zu lesen. Ihre Vertreter Lars (Göppersdorf) und Paul (Weimersheim) ergreifen das Wort.

Sie sind viel radikaler als Luther und wollen gar das Privateigentum und die "besserwisserischen Lehrer" abschaffen. Für die Städter fordert Chris (Hattenhof) weniger Macht für den Papst, außerdem wollen sie ihre Pfarrer künftig selbst wählen.

Michel (Thalmannsfeld) wettert als Vertreter des "Klerus Minor" gegen den "dahergelaufenen Luther" und warnt vor Unruhen, falls sich dieser durchsetzt. Dessen Bildungsgedanken missfällt indes dem niederen Adel, der Angst hat, dass Bürger und Bauern zu schlau werden, denn die "brauchen kein Studium, unsere alten Gepflogenheiten kommen Euch zugute!", meint Sprecher Lennard (Pleinfeld). Auf Gleichberechtigung pochen Mara (Alfershausen) und Lena (Pleinfeld) im Namen der Nonnen.

Berührend und bedrückend die Worte von Bauernsprecher Adrian (Heideck). Er gibt die Not seines Standes zu bedenken, in dessen Familien oft "die Söhne hart fürs Überleben" arbeiten und die "Töchter in die Klöster gegeben werden müssen", um den Hungertod zu vermeiden. Kurz darauf zanken sich die liberalen Kurfürsten um Leon (Pleinfeld) und Tobias (Gündersbach) mit ihren konservativen Amtsbrüdern um Luis (Pleinfeld). Es geht immer höher her und bald steht auch die Autorität des Bürgermeisters auf dem Spiel.

In der Folge verhandeln die einzelnen Parteien hart miteinander, Allianzen werden geschmiedet. Am Ende muss die Geschichte nicht neu geschrieben werden – die Anhänger der Reformation setzen sich durch. Punktsieger im strategisches Diskutieren werden liberale Kurfürsten und die Städter.

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