Rother Kaserne als Asylunterkunft war "überfällig"

10.9.2014, 17:20 Uhr
Rother Kaserne als Asylunterkunft war

© Tobias Tschapka

„Ich habe schon vor einem Jahr angemahnt, dass wir mehr Erstaufnahmeeinrichtungen brauchen.“ Insofern ist für Landrat Herbert Eckstein die Entscheidung „längst überfällig“ und das Ergebnis von „langsam mahlenden Mühlen“. Prinzipiell sei es „egal, ob Kaserne oder Möbelhaus. Wichtig ist, dass die Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden. Und die sind jetzt sicher vor allem eins: froh.“ Laut Eckstein, der mit seinem Brandbrief an die Verteidigungsministerin den Stein vielleicht endgültig ins Rollen gebracht hat, seien die Probleme im Kasernengelände mit dem Schießbetrieb „doch lösbar“. Er glaubt: „Wer etwas will, sucht Wege, und wer etwas nicht will, sucht Gründe.“ Eckstein: „Da wurden die Prioritäten falsch gesetzt.“

Ins Flarak-Gebäude auf dem Kasernengelände ziehen immer noch kein Flüchtlinge ein, denn, so die Begründung des Bundes, im Krisenfall müsse es mit Strom und Wasser autark sein. Aber so schwerwiegende Krisen kann Eckstein nicht sehen, „und bevor man alle Turnhallen mit Asylbewerbern belegen muss und kein Sportunterricht mehr stattfinden kann“, werde er dieses Gebäude „nicht aus den Augen verlieren“.

Der Landkreis selbst sei ansonsten außen vor, denn bei der Erstaufnahme der Flüchtlinge mit ersten Prüfungen gehe es noch nicht um eine mehrmonatige Unterbringung mit Integrationsangeboten. Eckstein: „Aber wir stehen mit sehr engagierten Mitarbeitern parat. Und wenn die Regierung uns braucht, leisten wir Amtshilfe.“

In der Otto-Lilienthal-Kaserne selbst laufen die Vorbereitungen für die Aufnahme der Asylbewerber auf Hochtouren, und mittlerweile sei auch ein Konzept erstellt, das schon „in einigen Wochen“ greifen könne, berichtete OberstHans-Jürgen Neubauer, Referatsleiter des Kompetenzzentrums Baumanagement der Bundeswehr in München. Nach einer Besichtigung der Gebäude mit mehreren Experten, bei der natürlich auch der Brandschutz eine Rolle gespielt habe, sei noch am Dienstagabend eine Lösung gefunden worden, die sowohl den Vorgaben der bayerischen Sozialministerin Emilia Müller als auch der Vertreterin des Verteidigungsministeriums, Alice Greyer-Wieniger, entspreche, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Jetzt sei es Sache des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin, zu reagieren.

Auf jeden Fall habe man sich auf Gebäude fernab des Schießplatzes geeinigt, die für Unterbringung und Verpflegung geeignet seien, meinte Neubauer. Eigens für die Unterkünfte der Asylsuchenden werde ein externer Zugang geschaffen, damit die Menschen aus Krisengebieten nicht den Wachposten am Zentraleingang passieren müssten. Grob gesprochen werde „ein Loch in den Zaun geschnitten“. Diese Gebäude würden sich auch am „Rande der Liegenschaften“ und nicht auf dem weitläufigen Areal selbst befinden und vom militärischen Sicherheitsbereich abgeschirmt werden.

„Nichts zu sagen“

Der Rother Bürgermeister Ralph Edelhäußer sieht die Stadt als nur indirekt beteiligt, nämlich mit dem Brandschutz für die Kaserne, den die Rother Feuerwehr übernommen hat. Alle weiteren Fragen werden, so Edelhäußer, nicht mit der Stadt verhandelt. „Wir haben dort nichts zu sagen, weil uns das Gelände nicht gehört und wir nicht in die Unterbringung einbezogen sind.“ Wenn sich aber herausstelle, dass die Kaserne nicht nur eine Erstaufnahme-Dependance bleibt, sondern zur großen Gemeinschaftsunterkunft wird, dann müsse auch für Betreuung gesorgt werden. „Und dafür reicht unser bisheriger, jetzt schon stark involvierter Helferkreis nicht mehr aus.“

Peter Hufe, ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter und vorher Berufssoldat in Roth, findet es gut, wenn „die Gebäude auch genutzt werden und nicht leer rumstehen“. Hufe, der als Oberleutnant bei der Bundeswehr ausschied, wertet das Ultimatum Ecksteins ans Bundesverteidigungsministerium als „letzten Hilfeschrei“ und findet es schade, dass „sich erst etwas regt, wenn man Theater macht“. Die Rother Kaserne sei doch schon lange vorher als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende ins Gespräch gebracht worden.

Dass die Otto-Lilienthal-Kaserne sich als Unterkunft für Hilfesuchende eigne, habe sich schon Ende der 1980er Jahre gezeigt, als hier Menschen aufgenommen worden seien, die über Ungarn aus der DDR geflüchtet seien. Sein Fazit zur Kaserne als Erstaufnahmeeinrichtung: „Das ist das Beste, was man mit einer leerstehenden Kaserne machen kann.“

Der – offensichtlich landläufig — verbreiteten Auffassung, dass das Kasernengelände in Roth mittlerweile verwaist sei, tritt Oberst Hans-Jürgen Neubauer allerdings vehement entgegen. So würden in Roth beispielsweise Soldaten – auch von anderen Standorten — für den Einsatz ausgebildet. Deswegen werde auch die Schießanlage regelmäßig genutzt. In der Nähe dieses Schießplatzes Asylsuchende unterzubringen, die häufig traumatisiert seien, sei damit kategorisch ausgeschlossen.

Nicht zuletzt seien bei der Bundeswehr auch die Planungen für den Bau der Offiziersschule der Luftwaffe angelaufen, die in den nächsten Jahren von Fürstenfeldbruck nach Roth umziehen soll. In diesem Kontext schließen sich von vorneherein einige Gebäude für eine anderweitige Nutzung aus, weil diese entweder abgerissen werden oder als Interims-Quartiere für die Übergangszeit dienen würden.

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