Rother und Allersberger vor Gericht: Chaos um Schläge

3.12.2014, 19:01 Uhr

Dass die drei jungen Männer an der nächtlichen Schlägerei vor der Nürnberger Discothek Nachtschicht „beteiligt“ waren, galt nach den Polizeiverhören als klar. Dass sie aber angeklagt werden können wegen gefährlicher Körperverletzung, das wollte Stephan Baumann, der Pflichtverteidiger des 19-jährigen Arif M. (alle Namen von der Redaktion geändert), erst gar nicht zulassen. Denn seiner Meinung nach habe „niemand ausgesagt“, dass die Angeklagten gemeinschaftlich geschlagen oder getreten hätten. Schöffenrichter Reinhard Hader ließ sich von dem Versuch jedoch nicht aus der Ruhe bringen, stattdessen verlas Staatsanwalt Johannes Bauer die Anklage.

Darin war davon die Rede, dass ein Mann am 26. Dezember gegen 4.30 Uhr vor der Disco durch ein oder
mehrere Faustschläge zu Boden gegangen war. Bewusst oder gewollt hätten die drei Angeklagten gemeinsam noch auf das Opfer eingetreten – strafbar als gefährliche Körperverletzung.

Nicht mehr Klarheit

Die drei jungen Kosovo-Albaner, zwei von ihnen Brüder, schwiegen zu den Vorwürfen, nacheinander beantworteten also Discobesucher, Sicherheitsmänner und ein Polizist die Fragen, wobei nicht alle Zeugen mehr Klarheit in das Durcheinander der Nacht brachten.

So erschien der Abend aus Sicht einer jungen Frau als völlig harmonisch, bis nach dem Verlassen der Discothek ein Bekannter, der später nur noch der „mit der gelben Jacke“ war, und ihr Freund rumgealbert hätten. Dabei sei von Spaß die Rede gewesen, jemand hätte aber Spasti verstanden. Die Angeklagten seien handgreiflich geworden, Türsteher dazwischen gegangen. Von hinten hätten die Angreifer erneut zugeschlagen, der Mann mit der gelben Jacke sei direkt vor ein – gottlob bremsendes — Auto gefallen. Warum der Jackenträger zur Verhandlung nicht erschienen sei, wisse sie nicht.

Ob der Jackenträger zuvor NS-
Parolen gebrüllt habe, davon wollten sie und ihr Freund nichts mitbekommen haben. Andere Zeugen aber erinnerten sich sehr wohl, dass der gelb gekleidete Deutsche „Heil Hitler“ gerufen habe.

„Und dann haben sich alle auf ihn gestürzt“, beobachtete einer der Sicherheitsleute. Die Zahl von „allen“ schwankte bei den Aussagen zwischen vier und 20, und dass die Angeklagten wirklich zugetreten haben, wollte lediglich einer der beiden Security-Männer noch sicher wissen.

Pflichtverteidiger Baumann nahm diesen Zeugen ins Kreuzverhör und fragte mehrmals nach Dauer, Zahl und Ziel der Tritte. Doch der Zeuge blieb dabei: „Ich habe die Tritte nicht gezählt.“ Die drei jungen Männer habe er aber (aus nur drei Metern Entfernung) sicher erkannt, bevor er sie vom Opfer wegzog, um Schlimmeres zu verhindern. Die drei Angeklagten, die danach sehr schnell verschwunden waren, konnten dank eines Gruppenfotos aus der Disco später festgenommen werden.

Einige Details blieben trotz der aufwendigen Vernehmungen im Dunkeln: Welche Streitereien zwischen welchen Gruppen hatten sich schon in der Disco abgespielt – bevor die Gruppe um die drei Kosovo-Albaner des Hauses verwiesen wurde (und noch zwei Stunden vor der Disco herumstrich, bis die anderen Gruppen die Disco verließen und die Keilerei begann)? Warum wurde einem jungen Spanier dabei die Nase blutig geschlagen, der zwar auch aus der Disco kam, aber nur mit seiner Freundin diskutierte und mit all den Spannungen nichts zu tun hatte?

Und warum war das Opfer, der Deutsche mit der gelben Jacke, nach der Attacke mit seinen drei Bekannten verschwunden? Er wurde erst später von der Polizei in einer Sackgasse ausfindig gemacht. Zumindest die Frage, warum der Getretene nicht vor Gericht erschien, beantwortete ein als Zeuge geladener Freund von ihm: „Weil er in Amerika wohnt und an dem Tag nur zu Besuch hier war.“ Auch das Opfer konnte also nicht zur Klärung beitragen.

Erhellend dagegen der Blick in die Bundeszentralregister der Angeklagten: Während sein älterer Bruder Ismael M. noch keine Vorstrafen verbüßt hat und auch einigen Zeugen als „Moderatester“ und „Beschwichtigendster“ des Trios aufgefallen sei, hat zumindest Arif mit Diebstahl, gefährlicher Körperverletzung, sexuellem Missbrauch von Kindern und sexueller Nötigung schon ein Straftaten-Konto angehäuft. Verfahren gegen den dritten, Orban C. (19) aus Allersberg, wegen Diebstahl und Nötigung waren eingestellt worden..

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