Röttenbach: Wie Pech und Schwefel

25.1.2015, 18:22 Uhr
Röttenbach: Wie Pech und Schwefel

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Röttenbach: Wie Pech und Schwefel

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RÖTTENBACH — Genau vor sechs Jahrzehnten erwarteten die Eltern Lidwina und Theo Merlein die Geburt ihres „fünften Kindes“. Große Freude herrschte, als ein gesunder – wenn auch nur mit rund 2000 Gramm unerwartet leichtgewichtiger Bub – keck in die Welt blickte. Doch welche Überraschung! Nach kurzer Zeit drängte sich noch ein weiterer Bub ans Licht der Welt, und bald schon danach war sogar ein dritter Blondschopf zur Stelle.

Während die drei quicklebendigen Babys lauthals ihre gelungene Ankunft auf dem Erdenrund „bejubelten“, flossen bei manchem Erwachsenen – überwältigt und fassungslos von dem erlebten Geschehen – verstohlene Tränen. Schon bald staunte und freute sich im Dorf jeder mit, dem die drei gesunden Buben auf der Straße aus dem selbst gefertigten Spezialkinderwagen entgegenblickten, und nicht lange, so galten sie weit und breit als „unsere Röttenbacher Drillinge“.

Die Familie Merlein spürte dankbar, dass mit ihrem neuen Trio zusätzliches Glück in ihr Zuhause eingekehrt war, wenngleich es räumlich deutlich enger wurde, das nötige Teilen mitunter kleinere Portionen erforderte und die Arbeit sich doch erheblich mehrte. Aber Mutter, Vater und Geschwister schafften als „verschworene Gemeinschaft“ – unterstützt von Verwandten – die zusätzliche Aufgabe in einer Atmosphäre, in der gemeinsames Anpacken, Zusammenhalten, gegenseitiges Wohlwollen und Rücksichtnahme selbstverständlich gelebt wurden. Gemeinsam wurde im Haushalt sowie im eigenen Tante-Emma-Laden und in der eigenen Kohlenhandlung angepackt.

So war dem Franz, dem Ludwig und dem Rudi eine schöne Kindheit geschenkt mit allen Facetten einer „beneidenswerten Lausbubenzeit“. Klassenkameraden und Lehrer erlebten die heranwachsenden Drillinge als aufgeweckte, lebensfrohe Schüler mit „den Herzen am rechten Fleck“. Natürlich gab es auch mal zwischen den drei Brüdern Gereiztheiten oder Auseinandersetzungen. Doch wehe, ein Mitschüler ging gegen einen der Drillinge an! Er sah sich sofort der „geschlossenen Phalanx“ des Trios gegenüber, das immer, wenn es darauf ankam, wie Pech und Schwefel zusammenhielt. Diese enge geschwisterliche Verbundenheit ist bei all ihrer Individualität bis heute unverändert geblieben.

Die Freizeit der hoch gewachsenen Buben gehörte ihrer Sportleidenschaft. Für ihren Fußball „jubelten und weinten“ sie. Erstaunlicherweise missbrauchten die Drei in den Schülerjahren niemals ihre frappierende Ähnlichkeit zu „Regelwidrigkeiten“ oder gar bewusster Täuschung, obwohl sie nur von ganz wenigen Leuten mit Sicherheit auseinandergehalten werden konnten.

Misslich für das ganze Trio konnte ihnen ihrer Ähnlichkeit werden, wenn sich mal ein Außenstehender bei der Mutter beklagte, dass einer der Drillinge „über die Stränge“ geschlagen hätte. In diesem Fall nämlich war die Frage der Mutter „Wen von den Dreien meinen Sie denn?“ kaum zweifelsfrei zu beantworten. Dann hatte die Mutter keine Zeit, lange zu fackeln, sondern kurzerhand mussten alle Drei in gleichem Maße „büßen“.

Sportliches Trio

In Fußball- und Tischtennismannschaften galten die sportlichen Drillinge als geschickte, routinierte Spieler. Hier passierte es schon ab und an, dass der Trainer „aus rein strategischen Gründen“, ohne dass es jemandem auffiel, in der zweiten Spielhälfte den ausgeruhten Franz als Rudi aufs Feld schickte oder den gerade topfiten Ludwig als Franz an die Tischtennisplatte beorderte – oder umgekehrt.

Weihnachten 1963 musste die Familie Merlein ihren Vater zu Grabe tragen. Mit selbstloser Fürsorge hielt Mutter Lidwina ihre Familie mit den inzwischen acht Kindern zusammen, und dankbar bekennen die Kinder heute noch: „Alles, was wir sind und können, haben wir unserer guten Mutter zu verdanken!“ Ein weiterer Schicksalsschlag traf die Familie 1972 mit dem Unfalltod des ältesten Sohnes Karl.

Seit ihrer Jugendzeit stehen die drei verheirateten Brüder im Berufsleben als geschätzte Kollegen ihren Mann. Franz als gelernter Autoschlosser, Rudi als Mitarbeiter in der Gemeinde und Ludwig als selbstständiger Handelsvertreter. Längst haben sie sich mit schmucken Häusern jeweils ein schönes Daheim geschaffen. Vielfältig sind sie im Vereins- und Gesellschaftsleben engagiert. Nach dem Tod des Bruders Heiner starb vor zwei Jahren im Alter von 92 Jahren ihre Mutter, von allen Töchtern und Söhnen als Mittelpunkt und „gute Seele der Familie“ auch heute noch hoch geschätzt, lebte sie doch glücklich für und mit ihren Kindern und bekannte einst: „Meine Kinder sind zwar auch meine Sorge, aber noch viel, viel mehr mein Reichtum und Stolz.“

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