Silbentreppe führt ins Wort-Reich

23.3.2010, 00:00 Uhr
Silbentreppe führt ins Wort-Reich

© Bittner

Papa spielt Fußball. Das ist den Anwesenden immerhin fünfmaliges Klatschen wert. Damit liegt die Vermutung nahe, Papa sei ein besonders begabter Ballkünstler. Doch ursächlich für den kollektiven »Beifall« ist stattdessen: Der Satz hat ganz einfach fünf Silben – und die gilt es akustisch hervorzuheben.

Aber damit nicht genug: Jedes Klatschen bedeutet auch einen Schritt auf der »Silbentreppe«, die das Team des evangelischen »Regenbogen«-Kindergartens zur allgemeinen Freude im Turnraum aufgebaut hat. Für Kinder – und deren Eltern. Denn schließlich sollen auch die »Großen« auf möglichst pragmatische Weise erfahren, was sich in den vergangenen eineinhalb Jahren auf dem Sektor »Sprachförderung« in der Einrichtung getan hat...

Dass das so einiges ist, daran lässt Sprachberaterin Anne Klinger an diesem Elternnachmittag keine Zweifel aufkommen – und verweist auf einen selbst gebastelten Baum mit vielen Blättern, der die Früchte gemeinsamer Arbeit trägt: Demnach gehören im »Regenbogen«-Kindergarten nunmehr verstärkt Reim-, Buchstaben- und bewegte Sprachspiele zum Repertoire. In der »Arche Noah«-Kita sieht´s nicht viel anders aus: Im Zuge der Sprachberatung wurden viele kreative Sprachförder-Ideen in den pädagogischen Alltag transferiert: Die Leseecken-Neugestaltung, der Aufbau einer Kinderbibliothek oder das Einrichten einer »Schreibwerkstatt« sind nur einige von ihnen.

Doch auch im Hinblick auf die Sprachentwicklung jedes einzelnen Kindes, deren systematische Beobachtung und Dokumentation seit Kurzem zum staatlich verordneten Standard in den Kitas gehört, stand die Sprachberaterin Gewehr bei Fuß.

Seit Oktober 2008 ist Anne Klinger also in besonderer »Mission« für den evangelischen Kita-Verband Bayern unterwegs, denn: »Alle Kinder sollen möglichst frühzeitig und fachlich fundiert in der Entwicklung ihrer Sprachkompetenz gefördert werden«, lautet ihr Credo.

Um dieses Leitziel zu verwirklichen, hat die Sozialpädagogin ihr erworbenes Knowhow unter anderem an die Teams der evangelischen Kindertagesstätten »Regenbogen« und »Arche Noah« in Roth, »Villa Regenbogen« in Eckersmühlen, »Senfkorn« in Rednitzhembach und den Rother Kinderhort weitergegeben.

So, wie es auch 200 andere Expertinnen in ganz Bayern tun (wovon der evangelische Kita-Verband 30 stellt). »Train for the job«, lautet deren konkrete Aufgabe.

Im Klartext: Sprachberaterinnen wie Anne Klinger sollen die PädagogInnen vor Ort für eine fachgerechte Sprachförderung in der eigenen Einrichtung fit machen. Dazu stehen jeweils 15 Beratungstage beziehungsweise 110 Stunden Beratungsvolumen zur Verfügung - und am Ende gibt’s gar ein Zertifikat für alle, die mitgemacht haben. Angestoßen wurde das Projekt seinerzeit vom Bayerischen Sozialministerium als »zeitlich befristetes und individuell gestaltbares Beratungs- und Fortbildungsangebot«. Die Teilnahme an der geförderten Maßnahme ist somit freiwillig.

Im Landkreis sind es vor allem evangelische Kindertagesstätten, Awo-Kitas und vereinzelt auch kommunale Einrichtungen, die auf die Kooperation mit einer Sprachberaterin bauen. So hat sich etwa der Evangelische Kita-Verband Bayern für eine breite Projektpartizipation seiner Einrichtungen entschieden, weil Sprachkompetenz nichts weniger als die Grundlage für Bildung, gesellschaftliche Teilhabe und Integration sei. »Sie ist wichtige Voraussetzung für Chancengerechtigkeit«, steht da auf der Homepage zu lesen. Und: »Von Bedeutung ist dabei die Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung.«



Von der Qualität des Sprachberatungskonzeptes sind »Regenbogen«-Chefin Christine Rosert und »Arche Noah«-Leiterin Petra Hölzel jedenfalls schon einmal überzeugt: »Es hat den Teams nicht nur Spaß gemacht, sondern auch viel gebracht.« Methoden der Literacy-Förderung – also gezielte Erfahrungen mit der Buch-, Erzähl- und Schriftkultur – sowie das pädagogisch angeleitete »Spielen mit Sprache« hätten bereits nach kurzer Zeit Niederschlag im hauseigenen Bildungskanon gefunden.

Pädagogische Ambitionen wie diese, sind den Kids des evangelischen »Regenbogen«-Kindergartens an ihrem Sprachprojekt-Abschlussnachmittag allerdings schnuppe. Die Steppkes vergnügen sich viel lieber beim Basteln eines Bücherwurms oder mit Anlauträtseleien. Doch damit hat sich der Zweck ja erfüllt: Das Interesse an Sprache wird Stück für Stück geweckt. So wie im »Bilderbuchkino«, wo die Kleinen aufmerksam den Abenteuern von »Ben und dem bösen Ritter Berthold« lauschen. Andächtig, popcornknabbernd und irgendwie überzeugt: Sprache macht Spaß!

(pb)