Statt in den Knast zur Gewaltberatung

9.1.2015, 20:02 Uhr

In drei Punkten klagte Staatsanwältin Christina Höfler den gelernten Einzelhandelskaufmann an, der sich mittlerweile selbstständig gemacht hat.

Erstens: Er soll zu einem nicht mehr näher zu bezeichnenden Zeitpunkt im Februar oder März vergangenen Jahres seiner Freundin im Streit die Kleider vom Leib gerissen haben, sie mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen und durch den Druck des Kopfes auf die Badewannenkante gewürgt haben.

Zweitens: Er soll sie am 31. Juli mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, sie zu Boden geworfen und sie am Hals gegen eine Wand gedrückt haben.

Drittens: Es habe am Morgen des 1. August erneut Streit gegeben, bei der sich Branko S. auf seine Freundin gesetzt und sie erneut gewürgt haben soll. Die Frau habe Kratzspuren am Hals, Prellungen und Hämatome davongetragen.

„Es ist richtig“, sagte der 27-Jährige auf die Frage von Richterin Dr. Andrea Martin, ob er sich zu den Vorwürfen der Staatsanwältin äußern wolle. Mehr aber wolle er dazu nicht sagen.

Anzeige zurückgenommen

Da die Verlobte des Angeklagten schriftlich angekündigt hatte, dass sie vor Gericht keine Angaben machen will und sie zudem am 15. September ihre Anzeige zurückgenommen hat, war der Richterin klar, dass es schwer werden würde, Branko S. die Taten nachzuweisen. Bekanntlich zählen im Prozess ja nur die im Gerichtssaal gemachten Aussagen, bleiben Vernehmungsprotokolle bei der Polizei außen vor.

Und so schlug die Richterin vor, das Verfahren ohne Beweisaufnahme (also ohne die Befragung von Zeugen wie dem vernehmenden Polizeibeamten oder die Hinzuziehung des Rechtsmediziners) zu verkürzen, wenn Branko S. die Vorfälle zu den Punkten zwei und drei einräumt und zudem bereit ist, einer Gewaltberatung, sprich Therapie, zuzustimmen.

Dem folgt üblicherweise eine Unterbrechung der Verhandlung, damit sich Anwalt und Klient beraten können. Das war auch diesmal nicht anders. Der Gunzenhausener Rechtsanwalt Michael Reichelt erklärte schließlich, dass sich sein Mandant mit dem Vorschlag der Richterin anfreunden könne. Der Anwalt legte aber Wert darauf, dass es zu keiner Zeit eine lebensbedrohliche Situation für die Verlobte von Branko S. gegeben hat. „Die Luft hat er ihr nie abgedrückt“, sagte Reichelt und verwies darauf, dass die junge Frau selbst am 1. August noch zur Arbeit gegangen ist.

Auch die Verlobung war kein „Ällabätsch“ gewesen, betonte Reichelt auf eine Anspielung von Dr. Martin, dass man sich schnell mal verbündet hat, um eine Aussageverweigerung zu erwirken. Schließlich habe ja schon im Dezember 2012 sein Mandant um die Hand seiner Freundin angehalten. Und er habe am 4. Oktober die nach den Vorfällen aufgelöste Verlobung erneuert.

Staatsanwältin Michaela Höfler forderte schließlich die in der Vereinbarung genannte „Höchststrafe“ von zehn Monaten auf Bewährung inklusive der Therapieauflage. Und Anwalt Reichelt wollte sich in seinem Plädoyer auch nicht lange aufhalten, plädierte aber für acht Monate auf Bewährung mit Gewaltberatung. „Gerade Männer aus dem südeuropäischen Ausland haben üblicherweise ein Problem mit Therapie“, meinte der Anwalt. Die Bereitschaft, das zu tun, sei seinem Mandanten hoch anzurechnen.

Staatsanwältin gefolgt

In dem Urteil folgte Richterin Andrea Martin als Vorsitzende der Schöffensitzung dem Antrag der Staatsanwältin: Zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung (drei Jahre) und Gespräche beim Verein „Gewaltberatung“ in Nürnberg.

„Sie haben sich einsichtig gezeigt“, sagte Martin, „aber Sie können auch nicht sagen, dass da nix gewesen ist.“ Mit der Bereitschaft von Branko S., das Training zur Gewaltfreiheit bei Konflikten zu bewältigen, wünschte sie dem Paar, das sich noch im Gerichtssaal in den Arm nahm und küsste, einen guten Lebensweg.

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