Tobias Schneider schießt mit 150 durch den Eiskanal

9.1.2018, 19:00 Uhr
Tobias Schneider schießt mit 150 durch den Eiskanal

© Foto: Bob-Team Hafer

2016 war – zumindest aus sportlicher Sicht – ein wichtiges Jahr für Tobias Schneider. Denn damals wagte der heute 25-Jährige den Sprung von den Leichtathleten zu den Wintersportlern. Zuvor war der Eckersmühlener jahrelang als erfolgreicher Leichtathlet aktiv gewesen, hatte für die LG Landkreis Roth, später dann u.a. für das LAC Quelle Fürth und die LG Stadtwerke München die Spikes geschnürt. Vor allem der Sprint war seine Disziplin, seine persönliche Bestzeit auf die 100 Meter steht bei 10,68 Sekunden.

Doch irgendwann wurde es dann Zeit für etwas Neues. Schneider bekam 2016 die Gelegenheit, in einem Bob mitzufahren – und war sofort begeistert. Das Faszinierende am Bobfahren sei "der Rausch der Geschwindigkeit, die Möglichkeit, die eigenen Grenzen auszutesten". Die Fahrt im Eiskanal, verrät er, ist "einfach ein absoluter Adrenalinrausch". Kein Wunder: Der Bob wird je nach Bahn bis an die 150 km/h schnell. Auch wenn der Abschied von der Leichtathletik ("meine große Liebe") schwerfiel, hängte er schließlich die Laufschuhe an den Nagel und stürzte sich in das Abenteuer Bobfahren.

Im Viererbob der Bremser

Auch wenn es im ersten Moment abstrus klingt: Dank seiner Schnelligkeit wird Schneider im Viererbob der Bremser. Den Schlitten im Ziel zum Stehen zu bringen, "das klingt prinzipiell einfach und auf den meisten Bahnen ist es das auch", meint der 25-Jährige. Und das, obwohl er während der Fahrt den Kopf unten hält und quasi blind fährt. Entsprechend muss nicht nur der Pilot, sondern auch er jede Strecke auswendig kennen, um zu wissen, wann er im Ziel ist. Einige Strecken wie etwa Innsbruck/Igls, wo vergangenes Wochenende gefahren wurde, sind dagegen durchaus knifflig. Dort geht es nach dem Ziel nämlich nicht wie üblich bergauf, sondern erstmal in eine Kurve. Und da sollte man tunlichst nicht bremsen, sonst kippt der Schlitten um. Wartet man allerdings zu lange, knallt man in die Absperrung am Ende der Bahn – wie es Schneider vor einigen Tagen im Training passiert ist.

Tobias Schneider ist im Team der schnellste Läufer und damit nicht zuletzt in der Startphase wichtig. Als einer von drei Anschiebern muss er während der 40 bis 50 Meter langen Anschubphase für eine möglichst hohe Geschwindigkeit sorgen. Ein schneller, sauberer Start kann schon die halbe Miete auf dem Weg zum Sieg sein. Danach springt er als Letzter in den Schlitten, klappt die Anschubbügel seiner beiden Vorderleute Michael Salzer und Markus Reichle ein. Ab diesem Zeitpunkt heißt es Kopf runter, im Geist die Bahn mitfahren, um im Ziel den Bremspunkt nicht zu verpassen, und sich ansonsten auf seinen Piloten Christoph Hafer verlassen, dass der den Rest macht.

Im C-Kader

Im vergangenen Jahr machte Tobias Schneider einen weiteren wichtigen Schritt – nicht nur sportlich, sondern auch beruflich. Wegen der guten Leistungen in seiner ersten Bob-Saison wurde er in den deutschen C-Kader berufen. Dies wiederum ermöglichte es ihm, das Lehramtsstudium in München an den Nagel zu hängen und sich bei der Bayerischen Polizei für die Sportfördergruppe zu bewerben. Seit März dieses Jahres absolviert der Eckersmühlener nun die Ausbildung zum Polizeibeamten.

Zwischen März und Juli müssen er und seine Kollegen in Ainring bei Salzburg Recht büffeln, Schießen lernen oder Einsatztrainings absolvieren. "Die vier Monate sind echt anstrengend", erzählt der 25-Jährige. "Aber wir bekommen viel Unterstützung und es macht unfassbar viel Spaß." Er ist überzeugt: Zur Polizei zu gehen "war genau der richtige Schritt". Einerseits gefällt ihm der Job, andererseits findet er hier "perfekte Trainingsbedingungen" vor. Nach der Präsenzphase steht für ihn und die anderen Sportpolizisten aus Ainring das restliche Jahr über nicht die Polizeiausbildung, sondern der Sport im Vordergrund. Obwohl Tobias Schneider eigentlich während des ganzen Jahres trainiert, die spezielle Saisonvorbereitung beginnt für den Bobfahrer im Sommer. Im September stehen die ersten Leistungstests für die Anschieber an, ab Oktober fahren sich die Piloten mit den Schlitten ein und die Mannschaften für den im November beginnenden Europacup, der so etwas wie die Juniorenliga unter dem Weltcup ist, werden zusammengestellt. Für Tobias Schneider kehrt in seiner zweiten Saison schon fast so etwas wie Routine ein. Zwar sind für ihn noch immer einige Bahnen – wie etwa Innsbruck/Igls – Neuland, aber "die Handgriffe beim Ausladen des Schlittens laufen zum Beispiel schon viel automatischer ab" als noch im Vorjahr.

Und auch das ganze Drumherum sowie die meisten Sportler und Betreuer kennt er nun bereits. Überhaupt: Seine Mannschaftskollegen sind ihm sehr wichtig. Die vier Athleten vom Bob-Team Hafer sind mittlerweile ein eingeschworener Haufen. "Wir sind mehr als ein Team, wir sind schon echte Freunde", erzählt Schneider begeistert. Seiner Meinung nach sei nicht zuletzt "die super Chemie in der Mannschaft" ausschlaggebend für den momentanen Erfolg.

Saison läuft sehr gut

Denn für den Eckersmühlener und sein Team läuft die Saison bislang sehr gut. Im Zweierbob absolvierte Tobias Schneider mit Christoph Hafer als Pilot in dieser Saison bislang drei Rennen. Dabei sprangen zwei erste und ein dritter Platz für das Duo heraus. Der Sieg im Zweisitzer in Altenberg war bisher auch Schneiders Saisonhighlight. "Ich mag die Strecke dort und der Sieg kam einfach total überraschend. Und solche Siege sind immer am schönsten."

Mit dem Viererbob, "der Königsdisziplin", sind Schneider und Co. derzeit ebenfalls äußerst erfolgreich unterwegs. Nach zuletzt drei Siegen in Folge (einmal auf der bayerischen "Hausbahn" am Königssee und zweimal in La Plagne) fuhren die vier am vergangenen Wochenende in Innsbruck/Igls auf den vierten Rang. Nach sechs von insgesamt acht Rennen haben sie nun 126 Punkte Vorsprung auf die Verfolger (ein Sieg bringt 120 Zähler). Die Entscheidung, wer den Gesamtsieg im Europacup holt, fällt damit in Winterberg, wo kommendes Wochenende die letzten beiden Rennen der Serie ausgetragen werden.

Der eigentliche Höhepunkt der Saison steht danach an. Am 28. Januar kämpft das Bob-Team Hafer mit Bremser Tobias Schneider nämlich in St. Moritz um die Junioren-Weltmeisterschaft.

Keine Kommentare