Viel Arbeit für den Rother "Helferkreis Asyl"

14.9.2014, 06:00 Uhr
Viel Arbeit für den Rother

© Bittner

Herr Griese, erst ging wenig bis gar nichts, jetzt kommt’s Schlag auf Schlag: 500 Asylbewerber sollen am Kasernengelände demnächst ein Unterkommen finden. Wann und wie wurden Sie davon in Kenntnis gesetzt?

Griese: Eine Helferin aus unserem Kreis hatte am Donnerstag vor einer Woche von ersten vagen Plänen im Radio gehört. Und die Leiterin des Sozialamts im Rother Landratsamt hat’s dann am Abend beim monatlichen Helfertreff auf die Agenda gepackt. Wir waren quasi von Anfang an miteinbezogen.

 

Was ja von einem gewissen Stellenwert des Helferkreises zeugt...

Griese: Ja, seitens der Behörden werden wir inzwischen besser involviert, man zieht uns zu Rate – was freilich auch Sinn macht: Näher als wir, ist kaum jemand an den Asylbewerbern in der Stadt dran.

 

Aktuell betreuen Sie in Roth an die 130 Flüchtlinge: im Sieh-
Dich-Für-Weg, am Weinberg und in Privatunterkünften — Pfaffenhofen und der Kiefernweg noch nicht mitgerechnet. Jetzt kommen 500 dazu. Wie wollen Sie diese Aufgabe angehen?

Griese: Ganz ehrlich? Wir haben noch keine Idee. Die Zahl 500 hat uns selber erstmal erschlagen. Mögliche Konzepte stehen und fallen nun damit, ob es sich wirklich um eine Erstaufnahmeeinrichtung handeln soll, wo die Verweildauer nur ein paar Wochen beträgt – oder um eine Gemeinschaftsunterkunft.

Was uns ein bisschen zuversichtlich stimmt, ist, dass wir auch im Hinblick auf die Einrichtung im Sieh-
Dich-Für-Weg zuerst gedacht hatten: ,Oh Gott, oh Gott, wie sollen wir das bloß stemmen?’ Inzwischen läuft’s gut, man wächst rein.

 

Sie haben hier eine sehr persönliche Bindung zu den Bewohnern.

Griese: Stimmt. Aber im Weinbergweg war das noch intensiver. Der Rother Helferkreis zählt um die 20 Mitglieder. Da hatte jeder seine persönlichen Schützlinge. Mit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen konnten wir die Arbeit so natürlich nicht mehr fortsetzen. Und sobald es einmal 500 sind, kennt man die meisten dann nur noch vom Sehen – wenn überhaupt. Trotzdem kann man vor Ort sein und zumindest zuhören.

 

Ist Integration da überhaupt möglich?

Griese: Das ist nicht das primäre Ziel. Wir wollen den Menschen zuerst demonstrieren, dass sie willkommen sind. Uns geht es darum, zu helfen. Das ist das A und O. Alles andere kommt danach.

Und wie helfen Sie?

Griese: Wir sind bei Arzt- und Behördengängen dabei. Wir füllen Formulare aus. Wir bieten ehrenamtlich Sprachkurse an. Und nicht nur wir: Qualifizierende Sprachkurse gibt’s auch bei der VHS oder beim bfz.

Überhaupt hat sich einiges getan, seit ich 2012 als Helfer aktiv geworden bin. Auch im politischen Bereich sehe ich positive Entwicklungen. Zum Beispiel soll das Arbeitsverbot für Asylbewerber verkürzt werden, man hat die Residenzpflicht gelockert und insgesamt wird offener über die Flüchtlingsproblematik debattiert. Das ist zumindest mein Gefühl.

 

Bei allem Optimismus: Könnte es auch Probleme mit der neuen Sammelunterkunft geben?

Griese: Natürlich. Da kommen 500 Leute, die ein schweres Schicksal hinter sich haben. Jeder einzelne von ihnen. Im kleineren Rahmen kann man Vieles abfedern, aber bei der Masse? Wenn die Leute zum Sozialamt ins Landratsamt marschieren wollen, dann wird eine Völkerwanderung daraus. Das ist nicht nur für uns eine Herausforderung, sondern vor allem für die Behörden. Man braucht dazu unbedingt die entsprechende Manpower.

 

Können Sie verstehen, wenn Ängste und Vorbehalte durch die Rother Bevölkerung geistern?

Griese: Klar! Das ist zunächst eine erschreckende Zahl. Und die Angst vor dem Unbekannten ist typisch für uns Deutsche. Wenn ich mich nicht selber seit zwei Jahren mit diesen Menschen beschäftigen würde, dann hätte ich schätzungsweise auch meine Bedenken. Ein mulmiges Gefühl ist o.k.! Das darf aber nicht mit Rassismus verwechselt werden.

 

Wie entkräften sie Ressentiments?

Griese: Indem ich all die guten Erfahrungen einbringe, die ich gemacht habe, seitdem ich mich engagiere.

 

Was wünschen Sie sich jetzt von der Politik?

Griese: Viele Helfer, die viel Zeit haben. Und mehr Personal auf den Ämtern. Die vorhandenen Strukturen reichen für die Aufgaben, die auf uns zukommen, nicht aus. Da muss sich was ändern. Das ist nicht nur eine menschliche, sondern zusätzlich eine riesige logistische Herausforderung. Auch wir im Helferkreis müssen neue Strukturen entwickeln. Aber das ist alles noch so neu. Wichtig ist doch: Wir sind auf jeden Fall bereit, uns weiterhin einzubringen — und bleiben optimistisch. Wir kriegen das hin!

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