Wenn die Ackerwitwe das Rebhuhn rettet. . .

29.6.2015, 16:23 Uhr
Wenn die Ackerwitwe das Rebhuhn rettet. . .

© Jürgen Leykamm

Das Fachzentrum Agrarökologie, das im dortigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten angesiedelt ist, bekommt sie aber nicht ständig von innen zu sehen. Oft ist die 33-Jährige draußen unterwegs, um Bauern, Jäger und andere private oder kommunale Flächennutzer zu informieren.

Mit allen Beteiligten gemeinsam gilt es praktikable Lösungen zu finden. Um den Tieren wieder eine Chance zu geben, deren Lebensräume durch die gestiegene Flächennutzung der letzten Jahrzehnte stark beschnitten worden, eingeengt oder gar schon verloren gegangen sind.

Spätes Mähen hilft

Es fehlt an Nahrung und sicheren Rückzugsorten. Hier will Stubenhöfer Abhilfe schaffen. Möglichkeiten dazu gibt es viele: ein spätes Mähen der Wiesen etwa, das Anlegen von Blühflächen am Waldrand oder in der Feldflur, von Hecken und Streuobstbäumen, den Zwischenfruchtanbau oder auch das Setzen auf wertvolle Winterbegrünung in der kargen Jahreszeit.

Mit einer ganzen Fülle an Maßnahmen lässt sich die Artenvielfalt unter weiß-blauem Himmel stärken, wenn nur alle das auch wollen. Und derzeit sieht es genau danach aus. Das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) hat sich genau jenes Ziel gesetzt – und auch das „Greening“-Motto der EU-Agrarreform setzt auf die gleiche Karte.

Für wen sich welche Maßnahme empfiehlt und wer auf Förderung von wem hoffen darf: Das ist eine Wissenschaft für sich, in die Stubenhöfer bestens eingearbeitet ist und über die sie liebend gerne Auskunft gibt. Auf Akzeptanz in der Bevölkerung kann sie dabei ohnehin zählen – wie auch bei den Beteiligten.

Denn die Agraringenieurin der Fachrichtung Naturschutz und Landschaftsökologie kennt die verschiedenen Perspektiven der Wildlebensraumthematik. Die gebürtige Ansbacherin ist zudem passionierte Hobbygärtnerin und hat sich schon als Kind von Gräsersamen fasziniert gezeigt.

In ihrer Tätigkeit geht sie völlig auf. Auch wegen der wahrhaft blühenden Ergebnisse der Beratungstätigkeit. Damit ihr niemand die Freude vermiest, soll sie sich auf ihrer auf zwei Jahre angelegten Planstelle (mit guter Aussicht auf Verlängerung) auch nicht ums Schlichten von Konflikten kümmern, sondern die Willigen unterstützen.

Überall wertvolle Flächen

Und die sollen ihre Dienste „massiv in Anspruch nehmen“, fordert Landwirt Hans Heyder aus Aurau. „Nicole weiß gar nicht, wie wichtig sie ist“, fügt er hinzu. Sie selbst berät derzeit viel telefonisch oder führt Gruppenberatungen vor Ort durch, auch ganzen Gemeinden hilft sie bei der Planung in Sachen Agrarökologie.

Flächen, die als Wildlebensraum wertvoll sind oder sein können, finden sich überall. Oft sind es solche, die für ihren Besitzer ohnehin kaum eine Bedeutung haben. Doch gerade solche Areale ließen sich oft gewinnbringend für Mensch und Tier nutzen, so Stubenhöfer.

Unter ihrer Ägide sollen nicht vorrangig große Vorzeigeprojekte entstehen, sondern viele kleine Lebensräume. „Gerade bedrohte Arten sind auf solche Flächen angewiesen“, so die Beraterin.

Finden sich genügend Landwirte, die mitmachen, könnte in einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren ein Netzwerk an solchen Nischen entstehen und den Zweibeinern sich „viele Farbtupfer in der Landschaft“ eröffnen. Ökologische Trittsteine, die auch den Genaustausch zwischen den Vorkommen fördern.

Für solche Schritte sei es bereits höchste Eisenbahn, ist auch Elisabeth Remlein als Ansprechpartnerin vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Roth besorgt: „Der Artenrückgang bei uns war in den letzten Jahrzehnten dramatisch!“ Nun heiße es, den Agrarnachwuchs zu sensibilisieren, weswegen Remlein auch in ihrer Funktion als Lehrerin die Landwirtschaftsschüler verstärkt in die Thematik einbinden will.

Kostenfreier Dienst

Interessierte Bauern und sonstige Flächeneigentümer vermittelt sie indes ebenso gerne an Stubenhöfer zur weiteren Wildlebensraumberatung. Ein Angebot, das es in Deutschland so übrigens nur in Bayern gibt – und zudem kostenfrei für den Nutzer.

Die Blühmischungen sind dabei so zusammengestellt, dass sie im landwirtschaftlichen Nachbau keine Schwierigkeiten bereiten. Verschiedene Blühzeiten sorgen dafür, dass zu jeder Zeit eine Blüte für Bestäuber bereit steht. Außerdem sind sowohl hoch als auch niedrig wachsende Arten dabei, damit jede ökologische Nische belegt wird.

Selbstredend kommen bei den Mischungen heimische Wildblumen aus regionaler Produktion wie die wilde Karde, Wiesen-Salbei oder die Ackerwitwenblume zum Tragen, damit sich keine fremden Pflanzen einkreuzen und so für eine Verfälschung des heimischen Arteninventars sorgen. Aber auch Kulturpflanzen wie Phacelia (Büschelschön) sind in den Blühmischungen vertreten. Die frostempfindliche Pflanze stellt keine Gefahr für die heimische Flora dar und bietet den Bestäubern eine hervorragende Nahrungsquelle – weshalb sie übrigens auch „Bienenweid“ genannt wird.

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