"Wir sind keine Basteltanten“

8.5.2015, 19:14 Uhr

Gabriele Kranzer findet’s gut. "Gut, dass sich was rührt. Endlich mal wieder“, sagt sie schmunzelnd, als sich die Gläser mit Wasser füllen. In der eigenen Branche gehe es eben "nur vorwärts, wenn ein großer Aufschrei durch die Republik hallt!“

In der Hopfen- und Bierstadt hält man sich aber erst einmal zurück. Am Mittwoch steht das Kindergartenfest an – unter Beteiligung von Eltern und Bauhof. Doch sobald dieser Termin vorbei sei, könne sie sich durchaus vorstellen gemeinsam mit ihrem 18-köpfigen Team "ein Zeichen zu setzen“, so Kranzer. Vielleicht nur für einen Tag, vielleicht beteilige man sich an einer übergeordneten Aktion.

Etwas Erfahrung in Sachen Protest hat sie schon. In den 1990er Jahren demonstrierte sie für mehr Gehalt und bessere Personalsituation – damals mit Erfolg. Nur: "Seitdem ist nicht mehr viel passiert...“, zumindest nicht, was Entlohnung und Anstellungsschlüssel anbelange.

Die Aufgabendichte aber, die sei stetig gestiegen. Eine Dokumentation gelte es inzwischen für jedes Kind anzulegen; ein immer größer werdendes Angebot an Krippenplätzen stelle das Personal vor neue Aufgabenschwerpunkte und zeitliche Herausforderungen. Die Mittagsbetreuung will überdies gestemmt werden, ohne dass hierfür hauswirtschaftliche Kräfte vorgesehen sind. In Spalt behilft man sich mit einem Catering Service und guter Eigenorganisation. "Das klappt“, meint Kranzer, "so lange alle da sind“.

Den Mangel verwalten. Dieses Kunststück muss den Kitas immer wieder gelingen. Bundesweit. Und es sei auch immer wieder gelungen. Vor allem deswegen, weil das soziale Gewissen der ErzieherInnen hoch sei; weil sie ihren Ehrgeiz darauf verwenden, den erhöhten Arbeitsaufwand durch umso größeres Engagement zu kompensieren.

Denjenigen, die ihnen Lasten aufladen, kommt diese Einstellung wohl gerade recht, ist den Worten Kranzers zu entnehmen. Die Devise laute: „Das schafft ihr auch noch!“ Und so werde sukzessive immer noch mehr aufgebürdet.

Wichtige gesellschaftliche Aufgaben wie die Aufnahme von Asylbewerberkindern etwa. "Wir wollen ja, dass sie zu uns kommen!“, betont die Chefin, denn es sei das Beste, wenn die Buben und Mädchen schon in jungen Jahren in ein soziales Netz eingebunden seien. Und so stürzen sich die Mitstreiter in noch mehr Arbeit, um ihren Bildungsauftrag umzusetzen – „bis die Grenze der Belastbarkeit erreicht ist“.

Eine Überschreitung sei auch für die Kinder nicht gut. Deswegen wäre "ausreichendes Personal das A und O!“ so Kranzer. Ihre eigene Einrichtung gebe indes keinen Grund zu klagen. Die Stadt Spalt setze auf Qualität, leiste mehr als ihre Pflicht und so sei der Kindergarten "gut aufgestellt.“

Andere, vor allem kleinere Einrichtungen müssten hingegen sicher oftmals "einen Kampf, über die Runden zu kommen“ führen. Von dem hätten die Eltern der Kinder bislang nicht allzu viel mitbekommen. Weil eine Kindertagesstätte "ja immer funktioniert“. Erst wenn Väter und Mütter ihre Sprösslinge mit zur Arbeit nehmen müssten, werde die Brisanz vielleicht bewusst.

Und die besondere Wertigkeit des Berufs der Erzieherin, die trotz fünfjähriger Ausbildung mit ihrem Image zu kämpfen hat. Bis heute. "Das Klischee von der Basteltante“ halte sich hartnäckig, bedauert Kranzer. In anderen Ländern erführen die Kolleginnen längst die Wertschätzung eines Lehrers – samt entsprechender Entlohnung. Hierzulande könne eine Alleinerziehende nur schlecht von einem Erziehergehalt existieren.

Und es kommt noch dicker. Bei einer Höhergruppierung werde der oder die Betreffende unterm Strich sogar finanziell benachteiligt. Beim Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber ist nicht mit einer Verbesserung, sondern eher noch mit einer Abstufung in der Gehaltsgruppe zu rechnen. Ein sinnvoller Wechsel in den Anfangsjahren der Karriere werde somit ausgebremst. Meint Kranzer, bevor es an der Tür klopft. Fürs Foto mit den Kindern macht sich die Chefin auf den Weg zur Turnhalle. Hier trifft sie auf die Heilpädagogin und den Logopäden. Mit beiden gilt es sich abzustimmen. Multifunktionalität sei Trumpf, erklärt Kranzer. Managerqualitäten könnten da nicht schaden. Froh wären die Erzieherinnen aber wohl schon um einen Bruchteil dessen, was ein solcher verdient...

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