Zum Einsatz mit sattem Klang unter bulliger Haube

25.6.2018, 13:49 Uhr
Fast 40 Jahre und immer noch im Einsatz: Das Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Großweingarten.

© Martin Regner Fast 40 Jahre und immer noch im Einsatz: Das Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Großweingarten.

1979. Damals war Helmut Schmidt Bundeskanzler des geteilten Deutschland, der Hamburger Sport-Verein (HSV) wurde deutscher Fußballmeister, und Mutter Teresa bekam den Friedens-Nobelpreis. Der Münchener Lkw-Hersteller MAN und der Feuerwehr-Ausrüster Bachert in Bad Friedrichshall bauten in diesem Jahr ein Tanklöschfahrzeug zusammen, das an die Berufsfeuerwehr Nürnberg ausgeliefert wurde. Über verschiedene Freiwillige Feuerwehren im Nürnberger Stadtgebiet, etwa Fischbach und Gartenstadt, gelangte das Feuerwehrauto schließlich im Jahre 2006 an seinen heutigen Standort im Spalter Ortsteil Großweingarten.

Laut im Fahrerhaus

Dort ist Thomas Krach der Kommandant und lobt den Oldtimer in der Feuerwehrgarage in den höchsten Tönen: "Der hat schon Nostalgiewert. Das Auto ist einfach schön anzuschauen." Auch das Fahrgefühl unterscheide sich klar von modernen Feuerwehrfahrzeugen: "Es ist deutlich lauter im Fahrerhaus", meint Krach, und nachdem das Getriebe nicht synchronisiert ist, braucht man beim Schalten ordentlich Zwischengas.

Auch ein Blick in den Innenraum offenbart, dass früher alles ein wenig einfacher gestaltet war als heute: Das schwarze Zweispeichen-Lenkrad ist ungepolstert, die Fenster müssen von Hand gekurbelt werden, und die dünne Tür fällt blechern ins Schloss. Die Türgriffe bestehen aus verchromtem Metall, billige Plastikteile muss man lange suchen. Genau wie eine Klimaanlage, einen Tempomaten oder ein Navigationssystem.

Und bei diesem im Vergleich recht schlichten Fahrerlebnis wird es wohl noch eine Weile bleiben: "So lange es fährt, bleibt das Auto bei uns", sagt der Kommandant. In Großweingarten wird der betagte MAN etwa 20 bis 25 Mal im Jahr bewegt.

Regelmäßige Fahrten zur Bewegung

Neben regelmäßigen Übungen und Bewegungsfahrten, damit die Technik nicht einrostet, kommt er nach Angaben von Krach auch vier bis fünf Mal im Jahr für seinen eigentlichen Zweck zum Einsatz: Bei Notfällen wie Bränden oder Verkehrsunfällen. In der hügeligen Topografie von Großweingarten helfen den Einsatzkräften dabei auch immer wieder der verbaute Allradantrieb und die große Bodenfreiheit ihres Feuerwehrautos beim Vorwärtskommen abseits befestigter Straßen. Immer mit an Bord sind neben einer umfangreichen Ausstattung mit Schläuchen und Kettensägen rund 1600 Liter Löschwasser.

Damit haben die 192 PS des Dieselmotors, der unter der bauchigen Motorhaube arbeitet, an längeren Steigungen ziemlich zu kämpfen. Das Aggregat schöpft seine Leistung aus fast zehn Litern Hubraum, was man beim Starten des Motors deutlich hört: Einen so satten, bulligen Motorklang sucht man bei modernen Lastwagen vergeblich.

Das gilt auch für die Motorhaube selbst, die das Großweingartener Einsatzfahrzeug heute von den meisten anderen Lastwagen auf unseren Straßen unterscheidet: Lkw-Modelle mit langer Haube vor dem Fahrerhaus, die bis in die 1980er Jahre zum alltäglichen Straßenbild gehörten, wurden bis heute fast komplett von Frontlenkern verdrängt, bei denen es keine Haube mehr vor dem Fahrerhaus gibt.

Gerade frisch eingefahren

Die letzte Generation Hauben-Lastwagen von MAN, die in dieser Form 1969 auf den Markt gebracht wurde, war vor allem als Baustellenkipper weit verbreitet. Ein großes Kontingent ging außerdem an den deutschen Katastrophenschutz: In der Ära des Kalten Kriegs hielt man für den Fall eines Atomschlags eine flächendeckende Versorgung mit Dekontaminationsfahrzeugen für notwendig. Als Basisfahrzeug dafür entschied man sich damals für die robusten Hauber aus München.

Für Katastrophenschutz-Fahrzeuge gilt das gleiche wie für Feuerwehrautos: Zum Glück braucht man sie nur selten. Deswegen stehen auf dem Tacho des Großweingartener Oldtimers auch nur knapp 36 400 Kilometer. Damit ist das gute Stück nach knapp 40 Jahren gerade einmal frisch eingefahren.

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