95 Thesen an die Tür geschlagen

5.9.2016, 08:40 Uhr
95 Thesen an die Tür geschlagen

© Foto: Hahn

In der Kirche ging zunächst Dr. Hermann Maul auf die Geschichte des Gotteshauses ein. Er erklärte, dass Leerstetten einst zum Kloster Ebrach gehörte. 1372 gab es im Ort den ersten eigenen Priester. Die Kirche in Leerstetten war einst eine Filialkirche von Schwabach. Zur Kirchengemeinde gehörten seinerzeit neben Furth auch Großschwarzenlohe.

Das Gotteshaus entwickelte sich auch zu einer Wallfahrtskapelle. Pilger und andere Gläubige konnten unter bestimmten Voraussetzungen auch mit deren Besuch einen Ablass ihrer Sünden erwirken.

Das Geschäft mit dem Ablass kam auch Leerstetten zugute und so stieß die Reformation durch Martin Luther, der bekanntlich den Ablasshandel bekämpfte, vor Ort zunächst nicht auf Zustimmung. Sie fasste hier dennoch Fuß.

Während der Kirchenführung waren laute Hammerschläge zu hören. Dr. Hermann Maul sah nach und traf einen Mann in Kleidung des beginnenden 16. Jahrhunderts. Dieser war niemand geringeres als Dr. Martin Luther, verkörpert von Ralf Hippelein. An einer alten Tür hatte er jene 95 Thesen angeschlagen, die schließlich die Reformation auslösten. Dr. Hermann Maul interviewte den außergewöhnlichen Gast. Er wollte wissen, was es mit diesen 95 Thesen auf sich habe. Er erklärte, dass sich diese gegen die Praxis des Ablasshandels richten. Vor allem war ihm wichtig, zu vermitteln, dass die Menschen nicht durch gute Werke das Heil erlangen, sondern allein durch Jesus Christus. Er wollte die umfassende katholische Kirche reformieren und nicht spalten.

Es ging ihm damals um die Lösung drängender Probleme in der Kirche. Der Reformator räumte auch eigene Fehler ein. So hätte er sich nicht in die weltliche Politik einmischen sollen. Auch die Verachtung gegenüber Juden und Behinderten bezeichnete er als Fehler. Er habe sich unter anderem auch dafür eingesetzt, dass Priester nicht mehr im Zölibat leben müssen und dass die gesamte Gemeinde am Gottesdienst teilnimmt.

Luther wollte keine Spaltung

Martin Luther wollte die theologische Auseinandersetzung und keine Revolution oder Spaltung. Schon gar nicht wollte er kriegerische Auseinandersetzungen, wie zum Beispiel den Schmalkaldischen Krieg und den Dreißigjährigen Krieg, von denen Leerstetten sehr hart getroffen wurden.

Im Anschluss an die Ausführungen von Ralf Hippelein als Martin Luther folgte eine Führung durch die Kirche. Dr. Hermann Maul und Pfarrer Wilfried Vogt erklärten neben Interieur, wie zum Beispiel Altar, Kanzel und Taufstein auch einige außergewöhnliche Gerätschaften, die aus vorreformatorischer Zeit stammen.

Sakramentshäuschen erklärt

Dazu gehörten unter anderem das Sakramentshäuschen, welches heute unter anderem die Lautsprecheranlage enthält und eine Vorrichtung, die damals unter anderem benutzt wurde, um verschütteten Wein, der seinerzeit nach katholischem Verständnis bei der Wandlung zum Blut Christi wurde, dem geweihten damals angrenzenden Gottesacker zu übergeben. Dr. Hermann Maul demonstrierte den Teilnehmern der Kirchenführung auch die Orgel.

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