A6: "Noch mehr Schilder bringen nichts"

22.6.2017, 07:00 Uhr
Ende einer Dienstfahrt. Mit schweren Verletzungen musste dieser Lkw-Fahrer am Montagabend in die Klinik geflogen werden. Er hatte auf der Autobahn A6 kurz vor der Anschlussstelle Roth das Stauende übersehen und war auf seinen Vordermann gekracht

© NEWS5 / Goppelt Ende einer Dienstfahrt. Mit schweren Verletzungen musste dieser Lkw-Fahrer am Montagabend in die Klinik geflogen werden. Er hatte auf der Autobahn A6 kurz vor der Anschlussstelle Roth das Stauende übersehen und war auf seinen Vordermann gekracht

Das Muster wiederholt sich. Auf der A6 in Richtung Heilbronn staut sich vor der Baustelle der Verkehr. Pkw an Pkw, Lkw an Lkw. Die „Stauwarner“ auf den Schilderbrücken sind längst aktiviert. Doch einer der 17000 Brummi-Fahrer, die pro Tag auf dieser vielbefahrenen Autobahn unterwegs sind, passt eine Sekunde lang nicht auf. Er kracht in seinen Vordermann, der auf einen weiteren Lkw geschoben wird. Dann herrscht Stillstand. Stundenlang.

Eine Sekunde unaufmerksam


Am frühen Montagabend war es wieder soweit. Keine Woche nach dem tödlichen Unfall an fast der gleichen Stelle bemerkte ein Lkw-Fahrer einen anderen auf dem rechten Fahrstreifen staubedingt stehenden Sattelzug zu spät und fuhr auf diesen auf. Ort des Geschehens: Fahrtrichtung Heilbronn, kurz vor der Abfahrt Roth. Die Fahrerkabine des Unfallverursachers wurde so stark deformiert, dass der Kraftfahrer von der Berufsfeuerwehr Nürnberg mit schwerem Gerät befreit werden musste. Er wurde mit mehreren Knochenbrüchen mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum Nürnberg-Süd geflogen. Immerhin: Lebensgefahr besteht nicht. Der Fahrer des zweiten beteiligten Sattelzuges erlitt Prellungen und eine Platzwunde.

Keine Rettungsgasse


Der Einsatz der Rettungskräfte wurde wieder einmal dadurch erheblich erschwert, dass eine Rettungsgasse praktisch nicht vorhanden war. Teilweise standen drei Lkw nebeneinander. Eine Anzeige erhielten auch vier Pkw-Fahrer, die sich mit ihren Handys an der Unfallstelle als Fotografen betätigten. Die Polizei schätzt den Schaden auf rund 45000 Euro.

Die Frage ist: Lässt sich die Unfallgefahr vor der Autobahn-Baustelle in irgendeiner Form minimieren? „Nicht durch noch mehr Schilder und noch mehr Stauwarner“, sagt Andreas Eisgruber, Chef der Autobahndirektion Nordbayern. „Wir haben alles aufgestellt, was vertretbar ist. Noch mehr Schilder können Kraftfahrer gar nicht mehr aufnehmen.“
Doch auch Eisgruber und seine Leute machen sich Gedanken, wie die Lage entschärft werden kann. Noch im Laufe der Woche wolle man durch Ummarkierungen den Verkehr früher entflechten, kündigt Eisgruber an. Er warnt aber davor, dass alleine dadurch die Lkw und die Pkw wieder geschmeidiger durch die Engstellen rollen. „Das Problem ist die große Verkehrsdichte und der überdurchschnittlich hohe Anteil an Lkw.“
Weitere potenzielle Stau-Verursacher sind die aufgrund der Bauarbeiten stark verkürzten Einfädelspuren an den Anschlussstellen Roth, Schwabach-Süd und Schwabach-West. „Wenn sich da einer reinquetscht, muss der fließende Verkehr bremsen, und dann steht binnen kurzem alles“, erklärt Eisgruber.

Äußerst vorsichtig


Der Leiter der Autobahndirektion appelliert an die Autofahrer, weiterhin mit äußerster Vorsicht im oder vor dem Baustellenbereich unterwegs zu sein. Und er macht Hoffnung auf 2018: „Das erste Jahr der Bauarbeiten ist immer das schwierigste, weil es für den fließenden Verkehr am wenigsten Platz gibt.“ Im nächsten Jahr ist dann schon der neue südliche Teil der Autobahn zu befahren, und weil der ein Stück breiter ist als der derzeit zu befahrende nördliche Teil, wird sich die Lage zumindest ein kleines bisschen entspannen. „Das haben wir vor einigen Jahren auch beim sechsstreifigen Ausbau zwischen der Anschlussstelle Roth und dem Kreuz Nürnberg-Süd gesehen“, so Andreas Eisgruber.
Insgesamt kommen die Arbeiten gut voran. Gerade für die Lärmschutzwälle und -wände werden gewaltige Erdmassen bewegt. „Es gibt zwar immer wieder mal etwas Unvorhergesehenes, aber unter dem Strich liegen wir im Zeitplan“, sagt Eisgruber. Das heißt: In diesem Jahr wird zwischen der Anschlussstelle Roth und Schwabach-West der südliche Teil der A6 ausgebaut. 2018 folgt der nördliche Teil. Und 2019 wird noch der so genannte „Flüsterasphalt“ aufgetragen. Erst dann, so sind die Experten überzeugt, wird der Verkehr wieder richtig fließen und nur noch selten stehen

ROBERT GERNER

 

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